Medizin

Schwangerschaft und tauchen

Herzlichen Glückwunsch! Im Prinzip wäre die Frage mit dem Satz "Ab dem Augenblick, in dem die Frau Kenntnis einer bestehenden Schwangerschaft hat, ist Tauchen ohne Wenn und Aber verboten!" umfassend beantwortet. Doch das wird Sie sicher nicht zufriedenstellen.
Also: Gerade die ersten Monate der Schwangerschaft sind im Hinblick auf Störungen der Schwangerschaft oder der Fruchtentwicklung und auch im Hinblick auf Missbildungen die sensibelsten. Kommt es in einer sehr frühen Phase zu Störungen, so ist häufig ein Absterben des sich entwickelnden Lebens die Folge, es kann also zu einer frühen Fehlgeburt kommen. Die Störungen während der ersten drei Monate führen ebenso zu Fehlentwicklungen der Organe, Störungen in der Endphase können auch dann noch zu Schädigungen des Gehirns führen.
Sicher werden Sie den einen oder anderen treffen, der Ihnen erzählt, das sei alles nicht erwiesen. Stimmt! Wir haben sehr unterschiedliche Ergebnisse aus verschiedenen Tierversuchen. In einem Tiermodell konnten vermehrt Fehlgeburten (Aborte) und -bildungen nachgewiesen werden, in einem anderen mit einer anderen Tierart nicht.
Auch gibt es Berichte über Berufstaucherinnen, die trotz Schwangerschaft und Weitertauchen gesunde Kinder geboren haben. Aber wir haben theoretische Erwägungen, die gegen das Tauchen sprechen: Die Versorgung des Kinds mit Sauerstoff und Nährstoffen im Mutterleib und die Entsorgung der dabei entstehenden Abfallprodukte erfolgt ausschließlich über große Gefäße der Nabelschnur. Ein Verschluss dieser Gefäße würde das Kind von jeglicher Versorgung, unter anderem auch der mit Sauerstoff, abschneiden. Genau dies wäre die Folge, wenn sich während der Dekompression in diesem Bereich Gasblasen bildeten.
Die Lungen des Kinds sind zu diesem Zeitpunkt quasi kurzgeschlossen, da das Blut fast vollständig an den Lungen vorbeigeleitet wird. Ein Gasaustausch findet hier also nicht statt. Bei diesem Kurzschluss spielt ein Loch in der Scheidewand der beiden Herzvorhöfe, bekannt als Foramen ovale, eine wesentliche Rolle. Dieses Loch bewirkt aber nicht nur, dass die Lunge umgangen wird, sondern auch, dass der arterielle und der venöse Kreislauf funktionell nicht völlig voneinander getrennt sind. Venöses Blut kann ungehindert zum linken Herzen und damit in den arteriellen Kreislauf gelangen. Mit dem venösen Blut können das auch alle Stoffe, die in ihm transportiert werden, wie beispielsweise auch Gasblasen.
Erwiesen wäre ein Ergebnis nur dann, wenn man 1000 Taucherinnen während der Schwangerschaft weiter tauchen ließe, gleichzeitig 1000 Taucherinnen mit Beginn der Schwangerschaft pausieren ließe, und dann am Ende auszählte, in welcher Gruppe es zu mehr Aborten oder kindlichen Missbildungen gekommen ist. Ich glaube nicht, dass mit einer solchen Untersuchung in Bälde zu rechnen ist. Trotz der fehlenden Eindeutigkeit der bekannten Fakten gilt für schwangere Frauen die Empfehlung, nicht zu tauchen! Dieses "Nein" begründet sich durch die Gewissheit, dass jede einzelne Gasblase im ungeborenen Baby viel schlimmere Auswirkungen haben könnte als viele Gasblasen in der Mutter. Außerdem wäre eine durch Tauchen während der Schwangerschaft bedingte kindliche Missbildung ein sehr hoher Preis für das Taucherlebnis. Letztlich handelt es sich bei einer Schwangerschaft ja auch nicht um einen dauerhaften Zustand, sondern um etwas zeitlich begrenztes, so dass danach wieder unbeschwert getaucht werden kann.
Andererseits besteht auch kein Anlass zur Panik, wenn eine aktive Taucherin entdeckt, dass sie schwanger ist. Sie sollte zwar von diesem Moment an mit dem Tauchen pausieren, es besteht jedoch kein Grund zu übertriebener Sorge oder einen Schwangerschaftsabbruch.