T Prof. Dr. med. Claus-Martin Muth & Prof. PD Dr. med. Tim Piepho
Die Erkrankung an chronisch erhöhtem Blutdruck ist die häufigste Kreislauferkrankung in den westlichen Industrieländern unter der 20 bis 25 Prozent der Erwachsenen leiden. Entsprechend häufig sind daher auch Taucher betroffen, die sich dann die Frage stellen, ob und wie es mit dem Tauchen weiter geht. Bei der Frage, wie sich der Blutdruck beim Tauchen verhält, sind viele Menschen, und leider auch des Tauchens unkundige Ärzte, fälschlich der Meinung, dass der steigende Wasserdruck noch zusätzlich den Blutdruck erhöhe. Dies ist aber nicht der Fall. Es kommt unter Wasser nur zu einem geringen Blutdruckanstieg, der durch eine Blutumverteilung durch Ein- und Untertauchen ins Wasser hervorgerufen wird. Allerdings steigt bei stärkerer Belastung der Blutdruck beim Tauchen stärker, als bei vergleichbaren Belastungen an Land. Es kommen noch weitere Faktoren hinzu, die zumindest theoretisch eine Auswirkung auf die Blutdruckwerte haben können, weil sie zu einer Engstellung der Blutgefäße führen. Hier ist vor allem die Kälte zu nennen. Dies hat eine unmittelbare Relevanz für Tauchgänge in kalten Gewässern und größerer Tiefe, vor allem, wenn zusätzlich lange Dekompressionszeiten auftreten. Betroffene sollten solche Tauchgänge daher meiden, oder wenigstens nicht regelmäßig durchführen.
Hypertonus-Formen
Eine Bluthochdruckkrankheit (medizinisch: arterieller Hypertonus) liegt laut Definition dann vor, wenn der obere (=systolische) Messwert bei mehreren Messungen an unterschiedlichen Tagen über 140 mmHg liegt und/oder der untere (diastolisch) über 90 mmHg. Die Krankheit wird anhand der Ursachen in zwei unterschiedliche Formen aufgeteilt, nämlich den essentiellen Hypertonus und den sekundären Hypertonus. Essentieller Hypertonusbedeutet, dass es für die Entstehung der Krankheit keine einzelne, fassbare Ursache gibt, sondern hier viele Faktoren (Vererbung, Übergewicht, Ernährung, Bewegungsmangel, Rauchen u.a.m) eine bedeutsame Rolle spielen. Diese Form des Hypertonus ist die mit Abstand häufigste und entwickelt sich typischerweise erst nach Ablauf des 30. Lebensjahres. Im Gegensatz dazu gibt es beim sekundären Hypertonus fassbare Einzelursachen, die in der Regel auch gezielt behandelt werden können. Ursächlich können hier zum Beispiel Veränderungen der Niere beziehungsweise der Nierengefäße sein, aber auch hormonelle Störungen oder bestimmte Herzerkrankungen. Entsprechend ist ein Auftreten in jüngeren Jahren durchaus möglich.
Wie erwähnt, ist der essentielle Hypertonus die häufigste Form. Das tückische daran ist, dass die Betroffenen sich häufig pudelwohl fühlen und von den Veränderungen in ihrem Körper zunächst nichts bemerken. In der Regel fällt die Diagnose erst bei einer Routineuntersuchung und eher zufällig. Schon aus einem solchen Grund sollten Taucher die Tauchtauglichkeitsuntersuchung ernst nehmen, denn die bietet, sachgerecht und gewissenhaft durchgeführt, einen prima Gesundheitscheck. In der Folge chronisch erhöhter Blutdruckwerte kommt es zu Organveränderungen, die dann selbst zu massiven Gesundheitsstörungen führen können. Wichtige, durch Bluthochdruck in Mitleidenschaft gezogene Organe sind vor allem das Auge, das Herz, die Niere, das Gefäßsystem und das Gehirn, wobei die Veränderungen natürlich umso ausgeprägter sind, je länger der Hypertonus unbehandelt besteht.
Tauchtauglichkeit
Im Hinblick auf die Tauchtauglichkeit kommt es zunächst auf die Form der Hypertonie an, denn bei der sekundären Hypertonie verbietet in der Regel schon die zugrundeliegende Erkrankung solange das Tauchen, bis sie (wenn möglich) dauerhaft und befriedigend behandelt ist. Daher muß vor allem bei jüngeren Menschen zunächst einmal abgeklärt werden, ob es fassbare Ursachen für die Entstehung des Hypertonus gibt. Ist das nicht der Fall, handelt es sich also um die essentielle Form, so muss wiederum abgeklärt werden, ob es schon zu Organschädigungen gekommen ist. Wäre nämlich das Herz bereits messbar angegriffen, so könnte die mit dem Eintauchen in das Wasser verbundene Umverteilung des Blutes in den Brustraum zu einer Überlastung des Herzens führen. Auch eine vorgeschädigte Niere könnte zunehmend in Bedrängnis geraten. Daher muß bei Folgeschäden an den Organen vom Tauchen abgeraten werden.
Ist der Blutdruck aber erst seit kurzem erhöht, lassen sich keine Einzelursachen finden und sind Organschädigungen weitestgehend ausgeschlossen, dann ist Tauchen prinzipiell möglich. Bevor die Tauchmedizin hier aber grünes Licht gibt, will der Blutdruck zunächst einmal vernünftig eingestellt sein. In manchen Fällen hilft schon ein Programm mit Gewichtsreduktion und Bewegungstraining. In vielen Fällen sind aber Medikamente nötig. Wenn der Blutdruck dann vernünftig eingestellt ist, muss sich bei einer Belastungsergometrie zeigen, wie das Blutdruckverhalten unter Belastung aussieht. Sind die Anstiege hier im Prinzip wie beim Gesunden, gibt es eigentlich keine Einwände mehr. Ist das Blutdruckverhalten hingegen überschießend und lässt sich hier auch nichts medikamentös verbessern, wird ebenfalls vom Tauchen abgeraten.
Fazit
Das Fazit lautet also, dass ein erhöhter Blutdruck, insbesondere dann, wenn er medikamentös gut eingestellt ist, keine organisch fassbare Ursache hat und auch noch nicht zu Organschädigungen geführt hat, kein Ausschlussgrund vom Tauchen ist.
Blutdruckmedikamente & Tauchen
Für manche Blutdruckmedikamente gibt es im Hinblick auf das Tauchen etwas zu beachten. Betroffene sollten bei der Blutdruckeinstellung ihrem behandelnden Arzt vertrauen, aber genau erfragen, um welche Wirkstoffgruppe es sich bei den verordneten Medikamenten handelt.
Tauchen mit Betablockern: Tauchen mit Betablockern ist grundsätzlich möglich, so dass bei guter Einstellung eine Umstellung der Medikation nicht erfolgen muss. Sollte es sich aber um eine medikamentöse Neueinstellung handeln, ist nach Möglichkeit eine geeignete Alternative auszuwählen. Betablocker beeinträchtigen in gewissem Maße die Leistungsfähigkeit, da unter stärkerer Belastung der Herzfrequenzanstieg nicht im selben Maße ansteigen kann, wie es unter Umständen notwendig wäre. Dabei können sich Kreislaufprobleme einstellen. Extreme Belastung sollte also gemieden werden. Es ist allerdings hinzuzufügen, dass das für moderne Betablocker nur eingeschränkt gilt, oder nur bei starker körperlicher Belastung zum Tragen kommen kann. Außerdem beeinflussen Betablocker in geringem Maße auch die Weite der Bronchien (obwohl laut Herstellerwerbung »kardioselektiv«: dass sie vornehmlich auf die Betarezeptoren des Herzens wirkt und nicht auf die der Atemwege). Der Rat daher in diesem Fall: immer besonders langsam und kontrolliert auftauchen, rasche Aufstiege meiden.
Tauchen mit Diuretika (sowohl als Einzelpräparate, als auch als zusätzlicher Wirkstoff in Kombipräparaten enthalten): Diuretika sind Medikamente, die die Nierenfunktion beeinflussen und zu einer vermehrten Harnproduktion anregen. Dadurch wird vermehrt Flüssigkeit ausgeschieden, aber auch im Körper gelöste Salze. Kommen dann noch andere Flüssigkeitsverluste durch starkes Schwitzen hinzu, kann es zu einem Flüssigkeitsmangel kommen, der unterschiedliche Auswirkungen haben kann, wie Müdigkeit, Mattheit, Muskelschwäche, Muskelkrämpfe. Es ist daher grundsätzlich wichtig, hinreichend zu trinken. Im Hinblick auf das Tauchen ist besonders zu beachten, dass auch das Tauchen als solches zu einer überschießenden Harnproduktion führt (bekannt als »Taucherheizung«), die einen recht ordentlichen Flüssigkeitsverlust mit sich bringt. Hier ist zu bedenken, dass das Diuretikum und die Taucherheizung synergistisch wirken, Flüssigkeitsverluste sind ausgeprägter. Es ist beim Tauchen daher besonders darauf zu achten, dass diese Verluste ausgeglichen werden.
Alpha-Rezeptorenblocker: Durch diese Medikamentenwirkung können sich Schwindelgefühle und Benommenheit ausbilden (vor allem bei zu geringer Trinkmenge und /oder zu Beginn der Therapie). Es versteht sich von selbst, daß dann nicht getaucht werden darf. Außerdem kann es unter Umständen zu rascherer Auskühlung des Tauchers kommen.
Weitere Medikamente zur Blutdrucksenkung: Im Hinblick auf das Tauchen gelten Kalziumantagonisten als absolut unbedenklich, ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Antagonisten als sehr wahrscheinlich unbedenklich
»Kurz-Check«
Diagnose »Bluthochdruck« – was tun?
Abklärung, ob eine Organische Ursache vorliegt (sog. ‚sekundärer Hypertonus), Blutdruckeinstellung in Ruhe und unter Belastung, Abklärung, ob Folgeschäden bereits feststellbar sind. Tauchtauglichkeitsuntersuchungen sollten auch bei unter 40-jährigen jährlich stattfinden, und immer mit Belastungsergometrie.
Tauchen mit Bluthochdruck – wer darf das?
Ein Taucher mit essentiellem Hypertonus, der auch unter Belastung gut eingestellt ist, für die Einstellung nicht mehr als zwei Medikamente benötigt (bzw. ein Kombinationspräparat) und bei dem noch keine Folgeschäden vorliegen.
Ratsame Maßnahmen: Alltag ändern
Wenn übergewichtig: Gewichtreduktion.
Wenn sportlich inaktiv: moderater Ausdauersport. Taucher könnten Mitglied in einem heimischen Tauchclub werden und hier regelmäßig am Training teilnehmen, zusätzlich zwei bis drei mal pro Woche etwas Joggen oder Radfahren. Raucher sollten versuchen, ihren Zigarettenkonsum zu reduzieren oder am besten ganz aufzuhören, Alkohol ist nur gelegentlich und in geringen Mengen erlaubt.