TEXT: Prof. Dr. med. Claus-Martin Muth & Prof. PD Dr. med. Tim Piepho
Mit zunehmender Wassertiefe steigt der Umgebundruck. Das führt zu einem relativen Unterdruck in der Paukenhöhle des Ohres. Dadurch wird das Trommelfell in Richtung Mittelohr »eingesogen«. Zunächst wird das nur als Druck empfunden. Bei stärkerem Eindrücken jedoch als Schmerz. Dieser Unterdruck muss ausgeglichen werden.
Das geschieht über die sogenannte Eustachische Röhre (Tuba Eustachii), einem Verbindungsgang zwischen dem Rachen und dem Mittelohr. Dieser ist im Normalfall leicht geschlossen und mit Schleimhaut ausgekleidet. Öffnet er sich bei Anspannung der Gaumenmuskulatur – beim Schlucken oder Gähnen – findet im Alltag beständig ein Luftaustausch und Druckausgleich zum Mittelohr statt.
»Valsalva-Manöver« nicht ohne Risiko
Unter Sporttauchern ist der Druckausgleich mit dem »Valsalva-Manöver« am weitesten verbreitet. Hier wird bei geschlossenem Mund und zugehaltener Nase kräftig in die Nase gepustet. Dadurch wird im Nasen-Rachen-Raum ein Überdruck erzeugt. Der öffnet die Eustachische Röhre und bläht das Mittelohr quasi auf. Diese Technik ist nicht ohne Risiko. Denn sie hat Auswirkungen auf den Kreislauf und kann, wird das Manöver besonders vehement ausgeführt, sogar Schäden am Ohr hervorrufen.
Der Druckausgleich mittels »Valsalva« darf also nicht durch heftiges, angestrengtes Pressen, sondern muss ganz leicht herbeigeführt werden. Der Versuch, gleichzeitig zu schlucken, kann dabei hilfreich sein. Niemals darf jedoch ein Druckausgleich erzwungen werden!
Es gibt eine Reihe von Gründen, warum es mit dem Druckausgleich nicht so recht klappt. Relativ selten, aber vor allem bei Tauchbeginnern abklärungsbedürftig ist eine Tubenfunktionsstörung. Will also schon beim Schnuppertraining im Schwimmbad trotz guter Erklärungen und offensichtlich korrekter Technik kein Druckausgleich gelingen, sollte ein HNO-Arzt zu Rate gezogen werden.
Als Tubenfunktionsstörung ist auch eine Erkältung zu werten. Hier sind die Schleimhäute der Eustachischen Röhre ebenso geschwollen wie die der Nase. Die Belüftung des Mittelohrs ist damit deutlich beeinträchtigt. Der Druckausgleich funktioniert nicht. In einem solchen Fall hilft nur eine Tauchpause. Denn die Verwendung von Nasentropfen durch vorzeitiges Abklingen ihrer Wirkung kann zu sehr unliebsamen Überraschungen beim Auftauchen führen.
Fehlerquellen
Häufig sind jedoch medizinische Gründe ausgeschlossen. Dennoch gibt es Druckausgleichsprobleme. Fast immer haben diese mit der Schleimhaut der Ohrtrompete zu tun. Das Abtauchen kopfwärts ist zum Beispiel eine Fehlerquelle: Denn beim Abtauchen mit dem Kopf voran sind die Blutgefäße der Schleimhäute von Nase und Ohrtrompete sehr gut gefüllt und leicht angeschwollen. Bei engen Ohrtrompeten kann somit der Durchgang verschlossen sein, der Druckausgleich funktioniert nicht. Daher ist es günstiger, sich die ersten Meter beim Tauchen fußwärts absinken lassen.
Ein weiterer häufiger Fehler: Mit der Durchführung des Druckausgleichs wird zu lange gewartet. Ein Druckgefühl ist schon das spürbare Zeichen dafür, dass im Mittelohr ein relativer Unterdruck besteht. Dieser übt einen Sog auf die Schleimhäute der Eustachischen Röhre aus, die sich dadurch vermehrt mit Blut füllen und anschwellen. Durch diese Schwellung ist die Öffnung der Tube erschwert, gelegentlich sogar unmöglich. Ein Druckausgleich kann nicht mehr stattfinden. Es gilt daher, mit dem Druckausgleich schneller zu sein als der Druck. Der erste Druckausgleich sollte am besten unmittelbar vor dem Abtauchen stattfinden, die nächsten dann regelmäßig, bevor sich Beschwerden einstellen.
Funktioniert der Druckausgleich einmal nicht ohne Probleme, sollte wieder höher getaucht und er dort nochmal versucht werden. Keinesfalls darf aber durch vermehrtes Pressen ein Druckausgleich erzwungen werden. Neben möglichen negativen Auswirkungen auf den Blutdruck kann es so nämlich zu bleibenden Schädigungen am Hörorgan kommen.
Es kann auch der Anzug sein
Gelegentlich beklagen Unterwassersportler, die schon länger tauchen, dass sie seit einer gewissen Zeit häufiger Probleme mit dem Druckausgleich haben. Hier lohnt sich ein Blick auf den Tauchanzug: Anzüge, die eng am Hals anliegen, besonders Trockentauchanzüge, vermindern den venösen Rückstrom aus dem Kopf. Die durch den Rückstau bedingte vermehrte Blutfülle führt zu einer Schwellung der Schleimhäute des Kopfes und damit auch in der Eustachischen Röhre. Durch den schon erwähnten Mechanismus wird der Druckausgleich abermals erschwert.
Schließlich kann auch Angst die Ursache für die Unfähigkeit sein, den Druckausgleich durchzuführen. Diese Ursache ist nicht organisch und kann infolgedessen nur durch die Beseitigung der Angst angegangen werden.
WAS TUN BEI OHRENSCHMERZEN? HIER WEITER LESEN!
Tipps für Probleme beim Druckausgleich
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Untersuchung beim HNO-Arzt einschließlich Prüfung der Tubenfunktion
als Bestandteil der Tauchtauglichkeitsuntersuchung.
(HIER finden Sie eine Liste mit TAUCHÄRZTEN)
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Bei Erkältung und Schnupfen gilt: Nicht tauchen!
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Üben der richtigen Technik zum Druckausgleich.
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Schneller sein als der Druck: den ersten Druckausgleich unmittelbar vor dem Abtauchen und dann während der ersten Tiefenmeter regelmäßig durchführen.
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Fußwärts abtauchen.
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Ist man noch unsicher bei der Tarierung: möglichst während des Druckausgleichs festhalten (an Ankerseil, Bojenkette, zur Not nach Absprache beim Tauchlehrer).
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Wurde die Notwendigkeit zum Druckausgleich zu spät bemerkt: sofort höher tauchen, bis der Druckausgleich leicht gelingt. Nicht erzwingen!
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Stellen sich Probleme erst im Laufe der Zeit ein, und sind medizinische Gründe ausgeschlossen: an die Tauchausrüstung (zum Beispiel enge Halsmanschette) denken.
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Liegen außer Druckausgleichsproblemen auch Beschwerden beim Kauen vor: öfter die Automatenseite wechseln (Achtung: Eine Gehörgangsentzündung kündigt sich ähnlich an). Gegebenenfalls Tauchpause einlegen.