Aus Fehlern lernen

Luft aus und dann sein Panikaufstieg

Unser aktuelles Beispiel zeigt, dass es nie schaden kann, einen Blick mehr auf das Finimeter zu werfen.

Wolfgang Pölzer - Fotos nachgestellt

TEXT: Arno Lohmann –

Ein Tauchkollege wollte mit mir in Hemmoor tauchen, da er dort noch nie war. Vor allem wollte er bei Einstieg III zum Rüttler. Gesagt, getan. Wir düsten von Lübeck nach Hemmoor. Es war Anfang Juni, und wir tauchten beide im Sieben-Millimeter-Nassanzug mit Eisweste.

Vor dem Tauchgang machten wir ein Briefing und besprachen, wie tief wir tauchen wollten. Mein Tauchkollege war PADI Rescue Diver, ich PADI Divemaster. Er hatte 89 Tauchgänge geloggt, ich ungefähr 850. Aufgrund seines etwas höheren Luftverbrauchs bot ich ihm meine 15-Liter-Flasche an. Mir selbst reichte meine 12er.

Auch sagte ich ihm, da Hemmoor für ihn Neuland war, dass ein Tauchgang auf 20 Meter Tiefe bis zum Lastwagen und der Plattform reichen würde. Aber er wollte unbedingt auf 30 Meter Tiefe. Ich wies ihn zudem darauf hin, dass bei einer Wassertemperatur von vier Grad die Möglichkeit einer Vereisung des Atemreglers bestehen würde. Egal! Er wollte unbedingt auf 30 Meter.

Wir tauchten gemeinsam ab, verweilten kurz beim Lastwagen, tauchten um ihn herum und leuchteten mit unseren Lampen umher. Dann gab ich das Zeichen, weiter runter zu tauchen. Wir ließen uns ins Schwarze fallen. Die Sicht war nicht schlecht. Wir tauchten beide so, dass ich meinen Tauchkollegen greifen konnte, sollte etwas passieren.

Auf einmal zeigte er mir sein Finimeter. Es zeigte nur noch 50 bar an. Ich fasste ihm ans Jacket, machte das Ok-Zeichen und reichte ihm meinen Octopus. Er gab das Ok-Zeichen zurück. Dann deutete ich ihm an, langsam zum Ufer hin aufzusteigen. Selbst hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch 130 bar in der Flasche. Ich zeigte ihm nochmal das Ok-Zeichen, und er erwiderte mit Ok.

Doch auf einmal riss er sich los und entschwand nach oben. Außer aufgewirbeltem Schlick sah ich nichts mehr. Ich bekam einen fürchterlichen Schreck, weil ich mir seine Reaktion nicht erklären konnte. Langsam tauchte ich unter Berücksichtigung des Sicherheitsstopps auf.

Nachdem ich die Wasseroberfläche erreicht hatte, fragte ich meinen Tauchkollegen: »Alles okay?« Er bejahte. Ich wollte nicht groß nachfragen, weil noch andere Taucher zugegen waren. Am Auto fragte ich ihn dann, was los war. Einen abblasenden Automaten hatte ich nicht wahrgenommen. Woher aber kam der extreme Luftverbrauch des Tauchkollegen? Ich hatte dafür keine Erklärung.

Ich fragte ihn, wie er aufgestiegen war. Er antwortete, mittels Notaufstieg unter Berücksichtigung des Prinzips »nicht so schnell, wie seine Luftblasen aufstiegen«. In seiner Flasche befand sich gar keine Luft mehr. Ich fragte ihn dann, warum er sich losgerissen hatte, obwohl er das Ok-Zeichen gegeben hatte, und wir genug Luft hatten, den Tauchgang gemeinsam zu beenden.

Er erwiderte: »Ich muss wohl Panik bekommen haben.« Ich war sehr froh über den glimpflichen Ausgang. In Hemmoor bin ich seitdem aber nicht mehr mit ihm getaucht.

Fehleranalyse

Was komplett vergessen wurde, war das mehrfache Abfragen des Luftvorrats während des Tauchgangs. So hätte schon in 20 Metern Tiefe festgestellt werden können, dass die Luft für einen weiteren Abstieg auf 30 Meter nicht mehr ausreicht. Auf wenn es teils unmöglich scheint, wäre der Hinweis auf eine aufkommende Panik hilfreich gewesen, sodass der Tauchpartner hier entsprechend beruhigend hätte reagieren könne. Nach einem Notaufstieg sollte aus Sicherheitsgründen stets Sauerstoff verabreicht werden. Hierfür gibt es in Hemmoor die entsprechende Logistik, falls man selbst keinen Sauerstoff mitführt.

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