TEXT: Prof. Dr. med. Claus-Martin Muth & Prof. PD Dr. med. Tim Piepho
Bei einer gründlichen Tauchausbildung wird über viele Bereiche des Körpers gesprochen. Doch ein Bereich findet kaum Erwähnung, obwohl auch er ordentlich Probleme beim Tauchen machen kann: Magen und Darm.
Zugegeben, Probleme in diesem Bereich beim Tauchen sind nur selten lebensbedrohlich. Dafür aber häufig und unangenehm, wenn nicht sogar schmerzhaft. Die auftretenden Symptome sind dann für alle meist »unerklärlich«. Tatsächlich sind in der Regel leicht zu erklären und mit Kenntnis der Gründe leicht zu vermeiden.
Speiseregeln
Beginnend beim Magen. Hier sind es vor allem vermehrtes Aufstoßen und häufiger ein verstärkter Reflux. Also saures Aufstoßen oder sogar ein Zurücklaufen von Mageninhalt mitunter sogar bis zurück in den Mund. Ist der Reflux heftig ausgeprägt, kann das sogar gefährlich werden, wenn der Mageninhalt in den Atemregler gelangt und damit die Atmung behindert.
Der schlimmste Fall ist das Erbrechen, weil nach dem Würgereiz und dem hochkommenden Schwall meist eine reflektorische Einatmung erfolgt. Wiederum das kann dann zur Aspiration von Erbrochenem führen. Um hier vorbeugend entgegenzuwirken, gibt es ein paar einfache Regeln. Diese sollten vor dem Tauchen beachtet werden.
Zum einen sollte man immer langsam essen und das Essen gut kauen. Dadurch wird weniger Luft beim Schluckvorgang mitgeschluckt, und die Speiseteilchen sind kleiner, was die Gefahr, die Ausatemmembrane des Atemreglers zu verstopfen, etwas geringer macht.
Auch sollte vor dem Tauchen nicht zu viel gegessen werden, sondern nur eine Sättigung erreicht werden, um den Druck im Magen möglichst gering zu halten. Dieser steigt nämlich sowohl durch das Tragen des Neoprenanzugs (elastisches Gummimaterial, das Druck auf den Bauch ausübt), als auch durch das Eintauchen ins Wasser und die hier auftretenden hydrostastischen Kräfte.
Schließlich sollte fettes Essen vor dem Tauchen möglichst gemieden werden. Weil das den Schließmuskel am Übergang zwischen Speiseröhre und Magen in seiner Funktion vorübergehend schwächt. Damit begünstigt es das Zurücklaufen von Speisebrei – was im Übrigen auch eine Kopf tief-Beine-hoch-Position im Wasser macht.
Ebenfalls spielt der Darm eine Rolle. Hier beobachten viele Taucher vermehrt Blähungen, mitunter auch starke bis stärkste Schmerzen mit dem Gefühl, innerlich zerrissen zu werden. Relativ kurze Zeit nach dem Tauchen verschwinden diese wieder.
Tatsächlich kommt es beim Tauchen zu einer Ansammlung von Gas im Darm und zu einer verstärkten Bildung von Darmgasen, sodass zum einen stark blähende Speisen wie zum Beispiel Zwiebeln oder Hülsenfrüchte gemieden werden sollten.
Die sich natürlich bildenden Darmgase bekommen beim Tauchen aber noch massiv Gesellschaft: Zum einen von Luft, die beim Druckausgleich geschluckt wird, wenn dieser unterstützend mit einem Schluckvorgang erfolgt.
Zudem vor allem auch durch den beim Tauchen vermehrt aufgenommenen Stickstoff der Atemluft, der sich nicht nur in den Körpergeweben aufsättigt und hier Dekompressionsprobleme verursachen kann, sondern eben auch besonders gern in den gasgefüllten Darm diffundiert.
Natürlich gehorcht dieses Gasgemisch beim Auftauchen dem Gesetz von Boyle und Mariotte. Es dehnt sich massiv aus, was in Folge zu den Darmbeschwerden führt.
Zwar ist das meist sehr unangenehm bis schmerzhaft, aber harmlos: Das Gas verlässt früher oder später mehr oder minder geräusch- und geruchsarm den Körper auf natürlichem Weg
Achtung bei Divertikulose
Nach einer Darm-Operation und zu frühem Tauchen vor vollständiger Ausheilung oder bei bestimmten Erkrankungen des Darms mit Schwächung der Darmwand kann es hingegen auch zu einem Riss des Darms kommen. Das ist dann ein echter medizinischer Notfall.
Deshalb sollten Betroffene mit chronisch entzündlichen Erkrankungen des Darms oder mit einer sogenannten Divertikulose des Darms besonders aufmerksam sein, wenn die Tauchtauglichkeit grundsätzlich für sie gegeben ist. Besonders die Speiseregeln sollten sie strikt befolgen. Zudem sollten sie bei der Durchführung des Druckausgleichs darauf achten, nicht zu viel Luft zu schlucken.