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Scubapros Öko-Offensive – das Material Yulex Dive

Warm ohne Neopren und dabei nachhaltig. Geht das? Die Herstellung von Neopren, ob auf Erdöl- oder Kalksteinbasis, ist nicht umweltschonend. Doch es gibt Alternativen. Bei seiner Everflex-Linie nutzt Scubapro das Material Yulex. Wir konnten es testen.

Titel: Scubapro / Brent Durand
Details: Benjamin Schulze

Mein letzter Beitrag zu der Thematik, wie Neopren hergestellt wird, und welche Auswirkungen das auf die Umwelt hat, liegt fast drei Jahre zurück (TAUCHEN 8/21). Seitdem hat sich einiges getan. Damals gab es Yulex bereits. Laut der Webseite des Herstellers wird das Material, dessen Ausgangsstoff natürliches Gummi ist – gewonnen aus Kautschukbäumen – maximal nachhaltig produziert.

In der gesamten Herstellungskette, die recht transparent ist, wird auf umweltschonende Maßnahmen zurückgegriffen. Die Plantagen, auf denen die Gummibäume wachsen, sind entsprechend zertifiziert (FSC und PEFC), sodass dafür kein Regenwald abgeholzt wurde. Beim Reinigen des Naturlatex werden keine Chemikalien verwendet, sondern nur Wasser und weitere natürliche Produkte.

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Die Kunstfasern der Kaschierungen sind zu weiten Teilen aus recycelten Plastikflaschen. Das Garn wird mit ressourcenschonender Technik (Dope-Dye-Verfahren) eingefärbt. Verklebt wird mit einem wasserlöslichen lösungsmittelfreien Klebstoff.

Da die Kautschukbäume CO2 absorbieren und die Herstellung sehr achtsam mit allen Reserven umgeht, schätzt der Surfanzug-Hersteller Patagonia, der Yulex bereits seit 2016 nutzt, dass die CO2-Emissionen pro Anzug um 80 Prozent niedriger sind, verglichen mit Neoprenanzügen auf Kalksteinbasis.

Yulex und Tauchen

Patagonia und weitere Surfanzug-Marken nutzen Yulex schon länger. Es liegt daher nahe, hier nach Langzeiterfahrungen zu suchen. Durchforstet man das Internet nach solchen Erfahrungen der Surfgemeinde, stellt man fest: Bis 2021 waren die Yulex-Anzüge von Patagonia steif und nicht auf dem Level des heutigen Hyperstretch-Neoprens, das extrem weich und flexibel ist.

Doch alle Reviews seit 2021 sagen, dass Yulex in den Punkten Flexibilität, Isolierung und Haltbarkeit deutlich zugelegt hat und eine ernstzunehmende Alternative zu herkömmlichem Neopren darstellt.

Im Tauchsport waren es die Marken Fourth Element und Aqualung, die Yulex seit 2020 beziehungsweise seit 2021 bei einigen wenigen Produkten verwendeten. Scubapro war bei meinem Beitrag im Jahr 2021 gerade in Verhandlungen mit dem Hersteller von Yulex. Damals war noch nichts spruchreif. Es deutete sich allerdings an, dass auch Scubapro das Material nutzen wollte.

Da es zum damaligen Zeitpunkt aber »nur« bei Sportarten genutzt wurde, bei denen das Material selten starker Kompression durch Druck ausgesetzt war, wollte Scubapro sichergehen, dass es den etwas anderen Anforderungen des Tauchsports gerecht wird.

Dazu Nicolas Vincent, Produktmanager Wetsuit bei der Firma Scubapro: »Das Yulex-Material für Oberflächensportarten hat sich bereits seit vielen Jahren auf dem Markt bewährt. Unser Yulex Dive entstand in einer Entwicklungsarbeit von über drei Jahren, um der Wasserkompression besser standzuhalten und es für das Tauchen in Bezug auf Kompression und anderen Dinge geeignet zu machen.«

Scubapro hält sich verständlicherweise bedeckt, was bei Yulex Dive konkret verändert wurde. Auf die Frage, ob es messbare Performance-Unterschiede zwischen Kalkstein-Neopren und Yulex gibt, sagte der Produktmanager: »Alle Tests und die CE-Zertifizierung zeigen, dass das Material hochqualitativ und in den Eigenschaften wie beispielsweise den Wärmeklassen vergleichbar oder sogar besser als Neopren ist.

Alle Stärken ab drei Millimeter sind CE-zertifiziert. Die Zertifizierung ist obligatorisch und beinhaltet zahlreiche Tests zum Reißen, Nähen, Kleben und so weiter.« Scubapro ist von seinem Material überzeugt. Denn es wird nicht nur ein einziger Anzug aus Yulex Dive produziert, sondern die gesamte Everflex-Serie mit Einteilern, Oberteilen und Hosen.

Ich wollte von Nicolas Vincent wissen, ob es Unterschiede in der Lebensdauer der Materialien Yulex und Neopren gibt. Seine Antwort: »Hier spielen natürlich diverse Faktoren eine Rolle, doch die grundsätzliche Lebensdauer von Yulex Dive ist vergleichbar mit herkömmlichem Neopren.«

Unser Test

Den Scubapro Everflex Yulex Dive 5/4 habe ich während 25 Tauchgängen unter wechselnden Bedingungen getestet. Ich habe die Größe S/48 gewählt. Grundsätzlich schwanke ich bei Scubapro zwischen S und M. Mit einer Körpergröße von 173 Zentimetern war ich laut Größentabelle genau dazwischen.

Die Größenwahl habe ich zu keinem Zeitpunkt bereut. Denn der Anzug saß zwar eng. Aber seine Beweglichkeit war sehr gut. Mindestens genauso gut wie bei herkömmlichen Neoprenanzügen. Der Schnitt ist gelungen. Im Netz beschweren sich einige Taucher, sie seien nicht in der Lage, den Rückenreißverschluss selbständig zu schließen.

Eine Ansicht, die ich so nicht teilen kann. Der Rückenzipper mit langem Band ist genauso gut oder schlecht bedienbar wie jeder andere hinten liegende Reißverschluss. Zipper an den Beinen und am Hals erleichtern den Einstieg.

Die Wassertemperaturen beim Test lagen zwischen zwölf und 29 Grad Celsius. Mit einem Fünf-Millimeter-Anzug bei zwölf Grad in den Fühlinger See zu springen ist erwartungsgemäß kalt und nicht zu empfehlen. Für mich war das ein Härtetest für den Anzug. Den Tauchgang habe ich nach 25 Minuten wegen Kältezittern abgebrochen. Aber immerhin 25 Minuten.

Empfehlenswert mit Haube sind Temperaturen ab 18 Grad aufwärts. Behaglich ist der Anzug ab 24 Grad, auch ohne Haube. Nicht vergessen: jeder Mensch ist unterschiedlich kälteempfindlich. Neben der wärmenden Fleece-Innenkaschierung sorgen im Inneren der Arme und Beine liegende Glattmanschetten für einen niedrigen Wasserdurchsatz.

Der Anzug hat meines Erachtens minimal weniger Auftrieb als ein gleichwertiger Neopren-Pedant. Ich benötigte etwa ein Kilo Blei weniger mit dem Yulex-Anzug. Wohlgemerkt: Beide Anzüge, der Scubapro Yulex und der Vergleichsanzug, hatten annähernd die gleiche Tauchgangsanzahl auf dem Buckel und waren gleich dick.

Kompression und Auftriebsverlust auf Tiefe waren für mich nicht spürbar anders als bei einem Neoprenkälteschutz. Hier bewerte ich beide Materialien als gleichwertig.

Was Haltbarkeit und Langlebigkeit angeht, kann auch ich mich bisher nur auf die Aussagen des Produktmanagers und die Erfahrungen der Surfanzugmarken stützen, denn drei Monate Testphase mit 25 Tauchgängen sind kein Langzeittest. In dieser Zeit hat das Material keine nennenswerten Veränderungen gezeigt. Wir werden Yulex Dive weiter testen, da wir an einer konkreteren Aussage hierzu interessiert sind.

Fazit

Die Yulex-Anzüge sind teurer als ihre Neopren-Konkurrenten. Doch was Komfort, Isolationsleistung und Bewegungsfreiheit angeht, sind sie mindestens genauso gut, wenn nicht minimal besser als Neoprenanzüge. Bei einer CO2-Reduktion von annähernd 80 Prozent pro Anzug kann man den höheren Preis in Kauf nehmen, um etwas für unser Klima und damit auch die Meere zu tun.

Und hält der Anzug genauso lange wie herkömmliche Materialien, macht das die Entscheidung noch einfacher. Ein Testurteil hierzu müssen wir aber noch abwarten.