TEXT: Nik Linder
Sie wissen nicht, was Seatrekking ist? Das macht nichts, handelt es sich doch um eine junge und nicht weit verbreitete Sportart. Einfach gesagt, wird zu Lande und im Wasser gewandert. Eine wasserdichte Tasche mit einem ausgeklügelten Verschluss und Rucksacksystem macht es möglich, sie einerseits komfortabel auf dem Rücken zu tragen, andererseits aufgrund der Schwimmfähigkeit leicht im Wasser hinter sich her zu ziehen.
Die Tasche ist somit auch Signalgeber für möglichen Bootsbetrieb sowie Auftriebskörper, um sich während einer Verschnaufpause daran festzuhalten. Ideengeber für diese Sportart ist der deutsche Sportler und Land-Art-Künstler Bernhard Wache. Er verknüpfte vor über 20 Jahren die Idee, sich an Wassernomaden und Meeressäugern zu orientieren und die Küstenlinien der Meere entlang zu wandern.
Er kreierte die ersten Taschen, um das Essentiellste an Equipment mitzuführen, was erlaubte, in der freien Natur zu nächtigen. Diese Reduktion ist dabei Fluch und Segen zugleich. So erlauben die Taschen aufgrund ihrer Größe nur das Notwendigste mitzunehmen. Auf der anderen Seite aber führt das Aussortieren von Unnützem zu einer Zufriedenheit: »Ich brauche gar nicht so viel, um glücklich zu sein«.
Horizont erweitern
Vielleicht ist das Motiv der anspruchsvollen Fortbewegung im Wasser, kombiniert mit dem mangelnden Komfort einer Übernachtung unter freiem Himmel, einer der Gründe, warum Seatrekking nie aus dem Bereich einer Rand-Randsportart herausgekommen ist. Betrachtet man die Grundidee der Fortbewegung im Wasser, so ergibt sich eine Reihe von Möglichkeiten.
Mit leichtem Gepäck unterwegs zu sein, eröffnet neue Wege. Einen Bergsee zu entdecken ist mit viel und schwerem Equipment unmöglich, wenn nicht eine Bergbahn oder Straße dorthin führt. Ein Gewässer, das schwierig zu erreichen ist, eine Bucht, die nicht von Land aus erreichbar ist, eine kleine Insel, ein Flussbecken in einer Schlucht – all das lässt sich per Seatrekking gut erkunden.
Wanderweg Wasser
In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es eine große Anzahl Schwimmer. Die Bewegung im Wasser ist gesund, erfrischend und gut für die Seele. Grund dafür sind die Schwerelosigkeit und die Schonung der Gelenke sowie die Möglichkeit, sich zu bewegen, auch wenn man ein paar Kilo Übergewicht hat.
Die meisten Schwimmer nutzen dazu ein Schwimmbad. Eine »Freischwimmerkultur« gibt es vor allem in der Schweiz. In verschiedenen »Badis«, also Strandbädern, treffen sich Schwimmer, um gemeinsam oder allein in einen der zahlreichen Seen zu springen und zu schwimmen. In Bern bewegen sich unsere eidgenössischen Nachbarn in der Aare durch die Hauptstadt. Und einige schwimmen sogar zu ihrem Arbeitsplatz, der hoffentlich stromabwärts liegt.
Gerade im Sommer ist die Wahl eines natürlichen Gewässers eine schöne Alternative zu überfüllten und gechlorten Freibädern. Der Ausflug in den See ist gut für das Immunsystem und bietet einen noch größeren Erholungsfaktor, gerade auch weil man sich in der Natur fortbewegt.
Zur Orientierung und Sicherheit ist es ratsam, im Uferbereich zu schwimmen. Schifffahrtsbetrieb ist im flachen Wasser selten, und im Fall von Unwohlsein oder Wetterumschwung kann der See zügig verlassen werden. Gerade der Uferbereich eignet sich, um aus dem reinen Oberflächensport »Schwimmen« ein 360-Grad-Erlebnis zu machen.
Was passiert unter mir? Was gibt es da zu sehen? So wird aus einem Schwimmausflug schnell ein Schnorchelspaziergang. Je nachdem, wie ich meine Auszeit plane, kann natürlich auch eine Schnorchelwanderung daraus werden. Schwimmen in einem natürlichen Gewässer ist jedoch nicht so abgesichert wie in einem Schwimmbad. Badeaufsicht, Toiletten und Umkleidekabinen fehlen. Es gibt Wasserbewegung, Bootsbetrieb, limitierte Ausstiegsmöglichkeiten und längere Rettungswege. Der Ausflug sollte daher vorher gut geplant werden.
Tipps für die Planung und Fragen vorab
- Wie wird das Wetter?
– Welche Luft-und Wassertemperatur erwartet mich?
– Wo sind mögliche Gewässerausstiege?
– Kann Rettung von Land aus erfolgen oder muss sie vom Wasser kommen?
– Ist das Mobiltelefon aufgeladen und in einer wasserdichten Hülle?
– Ist mit Boots- oder sogar Fährbetrieb zu rechnen?
– Wo sind Hafeneinfahrten?
-Diese muss in einem Abstand von 100 Metern umschwommen werden.
– Kann ich bei Unwohlsein, Müdigkeit oder überraschendem Gewitter an Land zum Ziel gelangen?
– Ist mit Strömung zu rechnen? Wenn möglich, sollte die Tourenplanung darauf abgestimmt werden und zuerst gegen die Strömung begonnen werden.
– Habe ich einen Powerriegel oder ähnliches dabei, um einen abfallenden Blutzuckerspiegel wieder ansteigen zu lassen?
– Wie fit ist mein Buddy? Die Tour sollte nicht zu ambitioniert sein, um weder den Seatrekking-Partner noch sich selbst zu überfordern.
Das Buddysystem
Jeder Ausflug im Freiwasser ist sicherer, wenn man zu zweit oder mit mehreren unterwegs ist. So wie man sich beim Tauchen als Buddysystem unterstützt, kann man auch beim Schwimmen und Seatrekken voneinander profitieren. Schwimmt man mit einem Partner, wird man auch besser gesehen, da man mit zwei Schwimmbojen unterwegs ist.
Im Fall von Ermüdung, Überhitzung, Unterkühlung, Dehydrierung, Kreislaufschwierigkeiten oder bei Krämpfen kann der Buddy unterstützen. Es ist hilfreich, wenn beide Schwimmer wissen, was im Notfall zu tun ist, wie die voraussichtliche Schwimmstrecke sowie Besonderheiten der Tour aussehen, und wo der Ausstieg liegt. In jedem Fall müssen beide ein Notrufsystem, also Mobiltelefon oder ähnliches, mit dabei haben. Schwimmen zu zweit bringt auch mehr Spaß, weil man das Erlebnis miteinander teilen kann.
Der »Einstieg«
Die ersten Ausflüge dieser Art können in einem Strandbad starten und enden. So kombiniert man eine kontrollierte Umgebung, die einem Schwimmbad ähnlich ist, mit dem See. Toiletten, Kiosk, Umkleidemöglichkeiten und Schließfächer erleichtern den Einstieg in das natürliche Gewässer. Indem man die Schwimmstrecken langsam steigert, erhöht man den Aktionsradius, der einen nicht überfordert. Mit jeder angenehmen Erfahrung steigt die Lust auf mehr. Und wer weiß: Vielleicht möchte man dann ja doch auch mal eine Nacht in der Natur verbringen?