Fuvahmulah – Hailife im Abenteuerland
Schau mir in die Augen, Kleines! Der Blick in die schwarzen, runden Pupillen wird nicht nur erwidert, er zieht den Koloss wie magisch an. Träge, aber zielstrebig nähert sich die trächtige Hai-Dame, um dann so nah abzudrehen, dass man die Schuppen in den Tigerstreifen erkennt und das Atmen vergisst. Nicht nur der erfolgreiche »Flirt« nährt den Eindruck, dass im Inneren des quadratischen Schädels sehr viel mehr passiert, als sein Ruf als »Mülleimer der Meere« suggeriert.
Eye of the Tiger
Wer schon am ersten Tag fünf Tigerhaie erlebt, die mit der Schnauze im Geröll nach Futter stöbern wie Trüffelschweine im Wald, freut sich über Haistock, Sitzplatz und Sicherheitstaucher. Nach drei Jahren täglichem Tauch-Besuch haben sich die Topräuber an die Anwesenheit der menschlichen Unterwasserkreaturen gewöhnt. Und solange niemand den Eindruck vermittelt, ein Stück des Köders zu wollen, lautet die Devise: »Die Happen für mich, die Videos für Dich«.
Dass der gestreifte Halbwüchsige ebenso ständig Aufmerksamkeit verlangt wie das Eintonner-Weibchen, unterstreicht schon das nervöse Verhalten der kleinen Silberspitzenhaie, die sich nur in die sechs Meter flache Fütterungszone vor dem Hafen trauen, wenn kein Tigerhai zugegen ist. An manchen Tagen kreuzen im Abgrund vor der benachbarten versandeten Steilwand ein gutes Dutzend der gestreiften Räuber. Ein fesselnder Anblick und doch nur ein Bruchteil der etwa hundert Tiere, mit deren Vorfahren sich die Einwohner schon immer Meer und Fisch teilen.
Tiger Beach des Ostens
Seitdem die von Fischern entsorgten Abfälle die Tiere bis an den Hafen locken, haben Haifans aus aller Welt auf Fuvahmulah, der drittgrößten Malediven-Insel, einen Sehnsuchtsort gefunden, der tägliche Begegnungen mit Tigerhaien erlaubt. Und mit Glück und der richtigen Strömung zur richtigen Jahreszeit kommen bis zu sieben weitere Hai-Arten dazu.
Fernab der großen Atolle und knapp südlich des Äquators gelegen, ist die Insel Fuvahmulah ganz anders als das typische Malediven-Eiland. Im Verlauf von Jahrhunderten verlandete das über vier Mal einem Kilometer große Mini-Atoll und wurde selbst zur Insel, auf der heftige Monsunregenfälle allmählich für Pflanzen, fruchtbare Erde, ein eigenes Mikroklima mit reichlich Grundwasser und – man lese und staune – gut 40 Grad warmen Binnenseen mit imposantem Artenreichtum sorgten.
In zehn Kilometern um die Insel
Mit Schwimmen, Tretboot- und Kajaktouren in den zwei größten Süßwasser-Seen der Malediven ist das Thema Sightseeing auf Fuvahmulah nicht ansatzweise abgehakt. Das dazwischen liegende Schwemmland mit seinem Heilschlamm-Bad ermöglicht ausgedehnte Barfußwanderungen und könnte ebenso in Südostasien sein – wie auch der Rest der Insel. Obstbestände, Dschungel, Felder, Dörfer, Friedhöfe, Palmenhaine, Reihenhäuser und Ruinen aus der buddhistischen Ära säumen den Weg, wenn man sich per Rad oder Motorroller zur Inseltour aufmacht oder zum fast zwei Kilometer langen White Pebble Beach.
Für das Gros der Besucher ist Fuvahmulah – übrigens UNESCO-Biosphärenreservat – das schönste Fleckchen Erde der Nation. Wer einem Malediven-Urlaub wegen Inselkoller oder aus Rücksicht auf die nichttauchende Familie immer skeptisch gegenüberstand, darf bei diesem Reiseziel getrost umdenken. Auch weil das tägliche Tauchprogramm nach drei Abstiegen bereits am frühen Nachmittag endet.
Fenster zur Hochsee
Da keine Riffbarriere zwischen der Insel und dem offenen Ozean steht, verhindert die konstante Wasserzirkulation das Bleaching der reich mit robusten Steinkorallen bewachsenen Riffe. Doch die mit Gorgonien bewachsenen Vorsprünge, standorttreue Fledermausfisch-Schwärme, mit Weißspitzen-Riffhaien und Langusten gespickte Höhlen und sogar Makro-Motive wie Angler- und Schaukelfische geraten hier ein wenig ins »Hintertreffen«.
Wer zum Tauchen nach Fuvahmulah kommt, will Großfisch! Daher geht es meist einmal täglich zu den Tigern und zum Sahnestück unter den 20 Spots der Insel: Farikede. Das unter Schutz gestellte Schelf erstreckt sich gut drei Kilometer ins offene Meer und dürfte als eines der größten Unterwasser-Wunder der Malediven schon bald in einem Atemzug mit den Brother Islands und Sha’ab Rumi im Roten Meer oder auch Socorro im Pazifik genannt werden.
Besonders wenn der Strömungs-Check eine Mischung aus Schnellzug und Waschmaschine verspricht, ist an diesem anspruchsvollen Blauwasser-Platz fast alles möglich. Selbst die »einfache« Route entlang des Steilhangs, an dem auf 30 Meter das eigentliche Schelf beginnt, ist mit Makrelenschwärmen, Weißspitzen- und Grauhaien und außergewöhnlich häufigen Fuchshai-Begegnungen an der Putzerstation spektakulär.
Ein Stückchen weiter draußen, wo im Dämmerlicht kaum noch Korallen gedeihen und bullige Silberspitzenhaie kreuzen, haben Riffhaie Sendepause. Bei Mondwechsel schwimmen kleine Jagdrudel von Bogenstirn-Hammerhaien mit kalten Tiefenströmungen an die Außenkanten. Und neben den fast allgegenwärtigen Tigerhaien, die oft zu den Tauchern ins Blauwasser aufsteigen, lassen sich dort unten gelegentlich auch Mondfische, Bonito-Schwärme, dicke Thunas und Große Hammerhaie blicken.
Im Idealfall kann sich die Gruppe in einer Viertelstunde im 30-Meter-Bereich über das gesamte Schelf treiben lassen. Wer auf Augenhöhe zum Sehnsuchtsfisch hinab will, hat für diesen Trip wenige Sekunden Zeit. Dafür sorgt der Dreisatz aus Strömung, Tiefe und Begegnungsdauer. Und den sollte nur ausloten, wer erfahren genug ist und auch die Größe hat, es im Zweifelsfall beim Betrachten aus der Vogelperspektive bewenden zu lassen.
Um die Risiken möglichst gering zu halten, verfügt die neue »Dive Point«-Basis als einzige Tauchschule der Insel über ein hochseetaugliches Schiff, optimiertes Nitrox und das Satelliten-gestützte Rettungssystem ENOS zur sicheren Ortung treibender Taucher. Spannend bleibt es bis zum letzten Moment: Wenn die Oberflächenbojen bereits auf der Wasseroberfläche tanzen, können immer noch schnittige Jäger wie Wahoos oder gar Segelfische auf einen Augenblick vorbeihuschen.
Speziell im Frühjahr, wenn Walhaie oder die riesigen Hochsee-Mantas auftauchen, die auf den Malediven allein vor Fuvahmulah regelmäßig und in Schulen zu sehen sind, dauern die Ausfahrten vielleicht doch ein bisschen länger als die üblichen 20 Minuten. Die köstlichen Kokosnüsse und Mangos vom Obststand dürften den Haussegen an Bord aber schnell wieder richten.
Wie nah ist nah genug?
Provokante Frage: »Warum füttert Ihr die Tigerhaie nicht von Hand wie auf den Bahamas? Es ist dumm, auf so viel Geld zu verzichten,« fragt Daniel Brinckmann den Dive Point-CEO Marcus Hauck.
»Glücklicherweise lehnen Dive Point und Manager Saheed Mohamed solche Angebote ab. Übrigens ebenso wie das Verhalten von Biologin und Instagram-Star Ocean Ramsey, die anderen Tauchguides zeigt, wie die Tiere mit der Hand an der Schnauze »vorbeigeleitet« werden können. Eine Technik für Profis mit zweifelhaftem Nachahmungseffekt. Wenn schon Fischreste auf dem Grund treiben, braucht es verbindliche Spielregeln, um zu verhindern, dass sich Anbieter mit spektakulären Sperenzchen überbieten, bis Unfälle passieren. Nicht weil ein »böser Hai« heranschwimmt und zubeißt, sondern weil ein Pechvogel bei einer Nahbegegnung zusammenzuckt, und sich der Hai seinerseits erschreckt und aus dem Affekt zuschnappt wie ein Hund, dem man die Pfote in der Tür eingeklemmt hat. Dann ist der Schaden da. Hier ist die Politik gefragt.
Uthurumaafaru – Liebesnest im unberührten Norden
Echte Taucherinseln, so monieren gerade »alte Hasen«, seien auf den Malediven im Vergleich zu Wellness-Oasen selten geworden. Doch was ist, wenn ein Fünf-Sterne-Domizil mit italienischem Chic auf ein jungfräuliches Tauchrevier trifft? In dem es weit und breit keine andere Basis gibt, und man selbst als einziger Taucher mit offenen Armen empfangen und in bester VIP-Manier wunschlos glücklich gemacht wird? Wenn sich Luxus und erstklassiges Tauchen nicht ausschließen, sondern perfekt ergänzen? Dann gerät die »Früher war alles besser«-Fraktion ganz schön in Erklärungsnot …
Nur du und ich
Angesichts dieser Vorstellung muss DivePoint-Managerin Miranda Pontiglioni herzlich lachen. Ihr Arbeitsplatz ist Uthurumaafaru im Raa-Atoll, eine Erwachsenen-Insel 200 Kilometer nördlich von Malé, die seit der Eröffnung durch die renommierte Resort-Marke Cocoon im Jahr 2019 unter dem Namen You & Me firmiert. »Man mag es kaum glauben. Aber durch unsere isolierte Lage am westlichen Außenriff liegen 20 Spots, an denen niemand sonst taucht, gleich um die Ecke. Darunter sind Kanaleingänge und erstklassige Thilas«, berichtet die sympathische Italienerin.
Tatsächlich gerät der Antrittsbesuch an den Fuggiri Caves zum Augenöffner: Vor uns liegen haushohe Riffblöcke, die von einem Zuckerguss aus Weichkorallen überzogen sind, der eine längst verschollen geglaubte Farbenpracht entfesselt. Selbst die tief eingefrästen Überhänge im 15-Meter-Bereich verfügen über üppige »Balkonbepflanzung« in allen Farben des Regenbogens.
Was der Geröllgrund im zugigen Kanaleingang am North Corner in dieser Hinsicht vermissen lässt, wiegen die Schwärme tausender Schnapper, Adlerrochen-Geschwader, Napoleons und mehrere Mantas spielend auf, die nacheinander an der Putzerstation eintrudeln und zwischen Dezember und Ende April zum Standardinventar zählen. Nicht zu vergessen der lose Verband von Pilotwalen, der auf dem Rückweg die spiegelglatte Wasseroberfläche schneidet und nach Aussage des Wassersport-Teams regelmäßig vor der Insel im Raa-Atoll zu bestaunen ist.
Von H20 bis Holzkohleoffen
You & Me ist ein Traumziel für frisch Verliebte und Honeymooner, die echte fünf Sterne auskosten möchten. Das Domizil setzt Maßstäbe: Längst nicht jedes Malediven-Resort mit Anspruch an Luxus verfügt wie selbstverständlich über Butler-Service in jeder Kategorie, eine Plattform für Privatdinner auf den Wellen, oder das von Veuve Clicquot lizensierte Wein- und Champagner-Gewölbe sowie ein Elizabeth Arden Spa.
Schon gar nicht über ein Unterwasser-Restaurant wie das »H20«, in dem in fünf Metern Tiefe Kreationen eines Sterne-Kochs kredenzt werden, während Doktorfische, Rochen und gelegentlich sogar dicke Zitronenhaie zwischen Korallenzucht und Wrack umherstreifen.
Mit Ausnahme von zehn Suiten am breiten Strand sind alle 99 Villen als Wasser-Bungalows auf zwei Stegen ausgelagert. Wem das übersichtliche 400-Meter-Eiland zu groß erscheint, der kann jederzeit auf einen der ständig verkehrenden Golf-Buggies aufspringen und an der Cocktail- und Shisha-Bar am Swimmingpool oder einem der vier Restaurants aussteigen, in denen mit Live Cooking, Teppanyaki-Grill und – die italienische Leitung liebt da keine Kompromisse – neapolitanischen Holzkohleofen jedes Detail stimmig ist.
Mein Hai, mein Manta, mein Speedboot
Gut, dass die maledivische Strömung gegen Urlaubspfunde hilft. Und noch besser, dass es noch eine ganze Weile dauern wird, bis andere einen Spitzenplatz wie Reethi Thila entdecken werden. Mit seinen gewaltigen und blickdichten Glasfischschwärmen, Makrelen, Grauhaien, Korallenfischsuppe und der beachtlichen Artenvielfalt kann der Platz mit den ganz großen Namen der Malediven mithalten.
Lässt sich das toppen? Ja. Mit nur einem Tag Vorlauf zur Planung sind Ganztagesausfahrten an die steile Ostseite des Atolls möglich, wo Hammerhaie und Manta-Schulen sicher auch mal einen Taucher sehen möchten. Selbst, wenn es nur ein Gast auf dem »eigenen« Speedboot ist. Ehre, wem Ehre gebührt!
REISEINFO: Malediven
Anreise: Neben Gabelflügen über die Golfstaaten bieten Condor und Lufthansa ab Deutschland, Swiss ab Zürich und Austrian Airlines ab Wien Direktflüge zum Internationalen Flughafen Malé (Velana International Airport MLE). Vom benachbarten Inlandsflughafen starten täglich mehrere Flüge nach Fuvahmulah (Flugdauer 1,5 Stunden) und nach Ifuru (Flugdauer halbe Stunde), von wo aus das Resort You & Me mit 20-minütigem Speedboottransfer erreicht wird oder alternativ in 45 Minuten per Wasserflugzeug von Velana aus.
Tauchen: Alle Dive Point Maldives-Tauchbasen bilden nach SSI-Standards bis zum Instructor Trainer aus und verfügen über neue Leihausrüstungen. Getreu dem Unternehmens-Credo »Tauche mit Freunden auf sicherstem Niveau« wird anstelle des verpflichtenden Checktauchgangs ein Orientierungs-Tauchgang mit kostenloser Übungs-Option durchgeführt. Wiederholungsgästen werden Rabatte von bis zu 20 Prozent angeboten. Die obligatorische Tauchversicherung kann vor Ort abgeschlossen werden. Im You & Me Resort wird täglich eine Doppeltank-Ausfahrt sowie ein flacher Nachmittags-Tauchgang per Dhoni angeboten. Extras mit Speedboot sind immer möglich. Auf Fuvahmulah erfolgen täglich drei Tauchgänge, nach denen jeweils zum Hafen zurückgekehrt wird. Zum Betauchen von Farikede ist der AOWD obligatorisch, Nitrox-Qualifikation und Apnoe-Flossen sind empfehlenswert. Die Fahrzeit zu den Tauchplätzen liegt auf beiden Inseln bei durchschnittlich 20 Minuten.
Weitere Infos:
www.divepoint-maldives.com
Kontakt:
[email protected]
Beste Tauchreisezeit: Zwischen November und April/Mai sind Manta-Begegnungen vor You & Me sehr wahrscheinlich. Auf Fuvahmulah werden die Hochsee-Mantas meist zwischen März und Mai gesichtet, die meisten Silberspitzenhaie, Walhaie und Mondfische zwischen Dezember und April, zeitgleich mit den besten Sichtweiten. Ganzjährig zu sehen sind Tiger- und Fuchshaie. Während des Westmonsuns im Juni/Juli kann das Tauchen vor der Ostseite unmöglich sein, während des Ostmonsuns von Dezember bis März ist die Westseite betroffen. Zwischen November und Dezember werden Schwärme Fliegender Fische von jagenden Thunfischen auf den Strand getrieben.
Unterkunft
Veyli Residence auf Fuvahmulah
Das schmucke Gästehaus Veyli Residence liegt inmitten eines tropischen Gartens mit Sitzecken und Sonnenbalkon im Zentrum der Insel und verfügt über zehn Zimmer (eine Suite) mit Badezimmer, Kühlschrank, Safe, Klimaanlage, WLAN, Fernseher, Wasserkocher mit Kaffee und Tee und kostenlosem Parkplatz. Der von Dive Point täglich organisierte Transfer zur Tauchbasis und zum Hafen dauert maximal 15 Minuten. Mit den vor Ort leihbaren Fahrrädern und Motorrollern sind der Traumstrand Thundoo und diverse Restaurants ebenso schnell zu erreichen. Weitere Infos: www.veyli.com.
You & Me Resort auf Uthurumaafaru
Neben den zehn Strandvillen mit Pool sind alle 99 Wasserbungalows der anderen vier Kategorien zwischen Manta Villa und You & Me Suite auf drei breiten Stegen untergebracht. Alle Bungalows sind mit indonesischem Treibholz-Mobiliar, maledivischen Gemälden und Designer-Badezimmer mit Regendusche geschmackvoll eingerichtet, großzügig dimensioniert und mit Klimaanlage, Minibar, USB-Ladestationen, Smart-TV, Universal-Steckdosen und WLAN ausgestattet. Alle verfügen über Terrasse mit Treppe und Badeleiter zum Meer. Mit Ausnahme des Unterwasser-Restaurants H2O kann täglich zwischen zwei internationalen Restaurants am Strand und im Garten sowie je einem »Italiener« und »Japaner« gewählt werden.
Weitere Infos:
www.youandmemaldives.com
Weitere Dive Point-Dependancen für Reise-Kombinationen:
Rannalhi (Süd-Male-Atoll): Grauhai-
Putzerstation mit oft über 50 Tieren
Hudhuran Fushi (Nord-Male-Atoll): prächtige Weichkorallen, von Dezember bis April Mantas
Vadoo (Süd-Male-Atoll): am legendären Vadoo-Kanal gelegen, schönes Hausriff
Meedhupparu (Raa-Atoll): Mantas ganzjährig
Guraidhoo (Einheimischen-Insel im Süd-
Male-Atoll): Grauhaie en masse