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Das Wrack des Frachters Frankenwald – Einer der besten Wracktauchspots in Norwegen

Die Frankenwald, einst stolze Vertreterin der »Wald-Klasse«, ruht seit über 80 Jahren auf dem Grund des Atlantiks vor Norwegens Küste. Eine faszinierende Geschichte über den tragischen Untergang und das Geheimnis ihrer Ladung.

Erhard Schulz

TEXT: Guido Schmitz

Die SS Frankenwald. Eine Eiserne Lady im Alter von jetzt 103 Jahren. Nach nicht einmal zwei Jahrzehnten musste sie die Welt über Wasser verlassen. Sie sank auf den 44 Meter tiefen Grund des Atlantiks. Dort ruht sie seit 83 Jahren: aufrecht, mit beiden stolz nach oben gerichteten und wunderschön bewachsenen Masten. Und sie ist nach einem derart langen Zeitraum in einem bemerkenswert erhaltenen Zustand.

Die Frankenwald (II) wurde 1921 bei Deutsche Werft in Hamburg-Finkenwerder für die Hamburg-Amerikanische Packetfahrt AG, Hapag, unter der Baunummer 36 gebaut. Ein Jahr später in Dienst gestellt, war sie eines von zehn Frachtschiffen. Alle wurden auf »-wald« getauft, die sogenannte »Wald-Klasse«. Es existierten außerdem die Steigerwald, Niederwald, Westerwald, Wasgenwald, Idarwald, Kellerwald, Odenwald, Schwarzwald und Spreewald.

© Google Maps – Navigatorisch war die Strecke und vor allem der Untergangsplatz in den Fjorden um die norwegische Hafenstadt Bergen höchst anspruchsvoll.

Alle waren ähnlich konzipiert, aber nur zwei waren echte Schwesterschiffe. Die Neubauten ersetzten die bereits vor dem Ersten Weltkrieg existierenden Frachtschiffe der ersten Wald-Klasse der Hapag, die entweder während des Kriegs beschlagnahmt wurden oder nach dem Kriegsende an die Entente übergeben werden mussten. Mit 5062 BRT war die Frankenwald die zweitgrößte dieser Klasse, nur noch übertroffen von der Spreewald und deren Schwesterschiff, der Odenwald.

Bis auf die Schwarzwald, die im Jahr 1963 verschrottet wurde, und die Odenwald, gingen alle Frachter der Wald-Klasse während des Zweiten Weltkriegs verloren.

© Frankenwald Archiv

Der Untergang

Seine letzte Fahrt begann der 122 Meter lange Frachter unter Kapitän Alexander Moritz Otto Erich von Frankenberg am 31. Dezember 1939 in Narvik, beladen mit 7971 Tonnen Eisenerz aus den Minen von Kiruna, bestimmt für die deutsche Waffenproduktion. Die Fahrt verlief nicht ereignislos. Das Wetter war schlecht, und wegen starkem Schneefall und technischen Problemen musste mehrfach gestoppt werden.

Dennoch boten die norwegischen Fjorde eine gewisse Sicherheit vor der britischen Royal Navy, die auf dem offenen Atlantik auf deutsche Schiffe lauerte. Es war nicht der beste Zeitpunkt, als die Frankenwald sich anschickte, am 6. Januar 1940 gegen 18 Uhr, von Norden kommend, in den Sognjeford einzulaufen. Die Passage war schwierig, besonders für ein Schiff dieser Größe. Es war dunkel, starker Wind aus Südost und Regen.

Kapitän Frankenberg hätte lieber tagsüber die tückische Stelle zwischen Brattholmen und Fengskæret im Ytre Steinsund passiert. Aber er hatte keine andere Wahl. Der geplante Ankerplatz bei Larsråholmene war vollständig mit Fischerbooten belegt, die vor dem aufziehenden Unwetter Schutz suchten. Frankenberg musste rechtzeitig Bergen erreichen.

Neben sich hatte er zwei Lotsen, Lorenz Schjønning Warholm und Christian Haarvik, sowie den Ersten Offizier Georg Güttler auf der Brücke. Der Positions-Check erfolgte anhand des Leuchtturms voraus. Frankenberg orderte langsame Fahrt und begab sich in den Kartenraum, um mit dem Navigationsoffizier zu sprechen. Das Kommando auf der Brücke hatten jetzt die Lotsen.

Noch immer ein ungelöstes Rätsel: Was passierte mit der Ladung des Schiffs? Kein Eisenerz in den Laderäumen. Berichte über den Verbleib sind verschwunden.

Als der Kapitän wenige Minuten später auf die Brücke zurückkehrte, sah er sofort: Das Schiff war im falschen Leuchtturmsektor, und vor ihnen waren die Positionslichter eines kleineren Schiffs, das nicht überholt werden konnte. Und dies ausgerechnet an einer kritischen Stelle, wo der Schifffahrtsweg eine enge Kurve nach Backbord erforderte. Die Lotsen hatten mit einer nördlichen Strömung gerechnet, stattdessen versetzte es die Frankenwald nach Westen.

Nur zögerlich reagierten die Lotsen und orderten erst nach Aufforderung durch Kapitän Frankenberg »Ruder 10 Grad nach Backbord«. Es passierte jedoch nichts. Frankenberg übernahm das Kommando und legte das Schiff auf volles Backbordruder. Vergeblich. Die Steuerbordseite der Frankenwald kam dem Brattholmen schon gefährlich nahe.

Die 122 Meter lange Frankenwald liegt in einer Tiefe zwischen sieben und 44 Meter.

Verzweifelt befahl der Kapitän volle Fahrt voraus, in der Hoffnung, die Kontrolle über das Schiff zurückzubekommen. Doch es war zu spät. Die Frankenwald hatte am Brattholmen zwei Mal Grundkontakt und riss auf. Alarm, Wasser im Maschinenraum! Die Frankenwald funkte SOS, was von Bergen Radio auch empfangen wurde. Das Schnellboot Brand machte sich auf den Weg zu dem 78 Kilometer entfernten deutschen Frachter.

Kapitän Frankenberg befürchtete, dass die Dampfkessel explodieren könnten und ließ das Schiff räumen. Die 48-köpfige Besatzung der Frankenwald kletterte geordnet in drei Rettungsboote. Kapitän Frankenberg verließ, ganz klar, als letzter sein Schiff. Mitgenommen wurden nur ein Funkgerät, eine Seemannstasche mit dem Schiffstagebuch, das Brücken- und das Maschinenmanöver-Logbuch. Niemand kam zu Schaden, alle wurden von norwegischen Fischern der Umgebung gerettet. 90 Minuten später versank die Frankenwald in einer geschützten Zone in tiefem Wasser.

Die Decksaufbauten liegen in zirka 24 Meter Tiefe. Das aufrecht liegende Frachter-Wrack ist einfach zu betauchen.

Nachspiel und Gerüchteküche

Nur zehn Tage später, am 16. Januar 1940, fand unter Aufsicht von Oberlandesgerichtsrat Dr. Reinbeck, fünf Kapitänen sowie einem Verwaltungsassistenten in Hamburg die Untersuchung des Unglücks statt. Im Zuge der Verhandlung wurden Kapitän Frankenberg sowie seine Offiziere freigesprochen. Für den Verlust des Schiffs wurden allein die norwegischen Lotsen verantwortlich gemacht. Sie hätten mit der realen Strömung rechnen müssen.

Doch schon bald nach dem Unglück kamen Gerüchte in Umlauf. Wenige Tage nach dem Untergang berichtete die Tageszeitung Bergens Tidene, das Schiff hätte bereits vorher Probleme mit dem Ruder gehabt. Andere erzählten, dass das Schiff nicht nach Süden fuhr, sondern bereits wieder nach Norden. Angeblich hätte Kapitän Frankenwald irgendwo im Sognjeford seine Ladung gelöscht und auf dem Weg nach Norden, in manchen Versionen auch mit neuer Ladung, einen Navigationsfehler begangen. Beweise gab es nie.

Auch nicht später für die zusätzliche Vermutung, die Crew der Frankenwald hätte einen Spionageauftrag der Nazis gehabt und sollte feststellen, wo es welche Befestigungen in der Gegend des Sognefjord gab, und wo man anlanden hätte können. Schließlich überfiel Hitler Norwegen nur vier Monate nach dem Frankenwald-Unglück.

Wo blieb die Ladung?

Noch immer ein ungelöstes Rätsel: Was passierte mit der Ladung des Schiffs? Kein Eisenerz in den Laderäumen. Berichte über den Verbleib sind verschwunden.

Interessanterweise findet man heute bei einem Tauchgang die Laderäume der Frankenwald seltsam leer vor. Es existiert ein Bergebericht der Firma Brødrene Anda aus den 1950er Jahren, der besagt, dass die Schiffsschraube und die Anker gehoben wurden. Eisenerz oder allgemein Ladung wird darin nicht erwähnt. Dennoch wäre eine Bergung möglich gewesen. Das feingemahlene Erz hätte man einfach absaugen können. Auch ohne das Wrack zu beschädigen oder zu verändern, schließlich steht es aufrecht, und die Laderäume sind offen. Die Ladung wäre ein netter Zusatzverdienst gewesen, besonders in Zeiten mit wenig Arbeit.

Tatsache ist: Die Ladung ist verschwunden. Ob geborgen oder abgeladen, ist heute nicht mehr eruierbar.
Vor einigen Jahren wurde die Frankenwald zum »schönsten Wrack Norwegens« gekürt. Ob das wirklich so ist, weiß wohl niemand so genau. Denn es gibt noch zig andere schöne versunkene Objekte vor der norwegischen Küste. Eines aber steht fest: Die Frankenwald ist ein außerordentlich attraktives Wrack. Ihre schiere Größe, ihr guter Erhaltungszustand, die beeindruckende Szenerie und die moderate Tiefe verlocken zu Tauchgängen an ihr, einem der Topziele vor Gulen.

Zum »schönsten Wrack Norwegens« gehört auch eine sehenswerte Naturkulisse.