Reiseberichte

Tauchen in Jordanien: Ein Königreich der Kontraste

Fabenrausch: Rote Gorgonien nutzen die „Cedar Pride“ als Heimat. Fotos: Norbert Probst
Promi: Die „Cedar Pride“ liegt quasi vor der Haustür der Extra Divers und deckt den Tiefenbereich von neun bis 30 Meter ab. Fotos: Norbert Probst
Promi: Die „Cedar Pride“ liegt quasi vor der Haustür der Extra Divers und deckt den Tiefenbereich von neun bis 30 Meter ab. Fotos: Norbert Probst

„Also, ich fang’ dann mal an!“, poltert Nasr Ibdah in die Runde. Das Geschnatter der Gruppe verstummt augenblicklich. „Ich fang’ dann mal an“, wird später zum geflügelten Wort auf dieser Reise. Denn wann immer unser jordanischer Reiseleiter sich Gehör verschaffen will, beginnt er mit diesem Satz. Am Flughafen von Aqaba um vier Uhr morgens fand er allerdings wenig Aufmerksamkeit, die Reiseteilnehmer hatten nur einen Gedanken: schlafen!
Das Wadi Rum am nächsten Tag lässt die Strapazen der nächtlichen Anreise schnell vergessen. Die warme Nachmittagssonne erwärmt die Luft auf 27 Grad Celsius. T-Shirt-Wetter! Das hat hier im November niemand erwartet. Die Jeepsafari durch die großartige Wüstenlandschaft Jordaniens erinnert an das bildgewaltige Leinwand-epos „Lawrence von Arabien“, das 1963 sieben Oscars abräumte und das sich an den autobiografischen Kriegsbericht „Die Sieben Säulen der Weisheit“ von Thomas Edward Lawrence anlehnt. Mit gleichem Namen (englisch „Seven Pillars of Wisdom“) bedachte Lawrence auch die charakteristische Bergformation, die am Eingang des Wadis in Sichtweite des Besucherzentrums liegt. Ein Stopp an einer Felswand, die Felsritzungen von thamudischen Beduinen aus dem 8. Jahrhundert vor Christus trägt. Wir blicken vom Kamm einer hohen roten Sanddüne über eine weite Ebene mit bizarren Felsformationen. Im Jabal-Rum-Zeltlager bewirtet Turki al-Azrai die Gruppe mit einer Tasse Tschai. Reiseleiter Nasr erweist sich schnell als kenntnisreicher und sympathischer Jordanier. Der kleine Mann mit der roten „Big Boss“-Mütze, studierte in Berlin und spricht fast akzentfrei deutsch. Mit viel Humor und seiner gewinnenden Art hat er die Gruppe schnell auf seiner Seite.

Sehenswert: Gleich zwei UNESCO-Welterbe-Stätten befinden sich in Jordanien: die Felsen-Stadt Petra. Fotos: Norbert Probst
Sehenswert: Gleich zwei UNESCO-Welterbe-Stätten befinden sich in Jordanien: die Felsen-Stadt Petra. Fotos: Norbert Probst

Während der Wanderung durch die eineinhalb Kilometer lange und 70 Meter tiefe Felsenschlucht Siq steigt die Erwartungshaltung auf die weltweit einzigartige Felsenstadt Petra, die 1985 als UNESCO-Welterbe Anerkennung fand. Khazne al-Firaun, ursprünglich als Schatzhaus des Pharao erbaut, liegt am Ausgang des Siq. Der prachtvolle Grabtempel wurde einst aus dem massiven Fels heraus gemeißelt. Für die damalige Zeit eine kaum vorstellbare Leistung. Petra, die Stadt der Nabatäer, war vom 5. Jahrhundert vor Christus bis zum 2. Jahrhundert nach Christus durch das vorhandene Wasser und seine begünstigte geografische Lage ein bedeutender Handelsplatz an der Weihrauchstraße. Die umfassende Besichtigung des Geländes bedeutet eine harte Konditionsprüfung. Die Gruppenteilnehmer legen an diesem Tag mehr als 35 Kilometer zurück! Petra und Werner Sumnitsch aus Österreich zeigten sich bereits im Wadi Rum flink wie die Bergziegen und erklommen markante Felsen. In Petra besteigen sie selbst das 39 Meter hohe Felsengrab Ed-Deir, das nur über 800 Treppenstufen erreichbar ist und zu den beeindruckensten Werken nabatäischer Baukunst zählt. Am Abend erklingt vor dem Grabtempel stimmungsvolle Musik, und hunderte von Kerzen illuminieren den Tempel.
Die Rundreise führt weiter auf der alten Königsstraße nach Norden. Die Relikte der Höhenburg Montreal, erbaut 1115 von Balduin I. von Jerusalem, liegt auf einer kegelförmigen Anhöhe und ermöglicht einen weiten Blick ins Umland. Die Kreuzfahrerburg Kerak, bei der gleichnamigen Stadt, wurde in großen Teilen renoviert und enthält ein archäologisches Museum mit Funden aus der Umgebung.

Attraktion: Am Hausriff der Basis gibt es einen Panzer im Fünf-Meter-Bereich. Er wurde extra für Taucher versenkt. Fotos: Norbert Probst
Attraktion: Am Hausriff der Basis gibt es einen Panzer im Fünf-Meter-Bereich. Er wurde extra für Taucher versenkt. Fotos: Norbert Probst

Der tiefste, frei zugängliche Punkt der Erde liegt mehr als 420 Meter unter dem Meeresspiegel am Ufer eines Salzsees, dem Toten Meer. Der einzige Zufluss ist der Jordan, dem mehr Wasser zur Trinkwassergewinnung entnommen wird als das Tote Meer durch Verdunstung verliert. Die Folge: Der Wasserspiegel sinkt jährlich um etwa einen Meter. Der mit durchschnittlich etwa 28 Prozent hohe Salzgehalt des Wassers und das Sediment vom Seegrund werden zum Kuren und zur Heilbehandlung eingesetzt. Susanne Klee aus der Schweiz treibt auf dem Rücken im Toten Meer und posiert mit einem Reiseführer in der Hand für ein Foto. Das Ganze erinnert irgendwie an einen Biber. Leider dreht sie eine ungewollte Rolle. Ehemann Rudolf und der Rest der Gruppe quittieren die unbeabsichtigte Slapstick-Einlage mit schallendem Gelächter.
Bereits im sechsten Jahrtausend vor Christus finden sich Spuren der Stadt Gerasa, die selbst heute noch in ihrer Struktur gut erhalten ist. Die Stadt erlebte unter römischer Herrschaft einen schnellen Aufstieg. Reiseführer Nasr geleitet die Reisenden durch den Triumphbogen an den Wettkampfstätten vorbei in das ovale Forum und hält einen lebendigen, von Anekdoten gespickten Vortrag. Für seinen schauspielerischen Einsatz erntet er begeisterten Applaus. Der faszinierende Rundgang in Gerasa endet an den gewaltigen Säulen des Artemis-Tempels. Die Fahrt durch das grüne, fruchtbare Jordantal mit dem Besuch von Pella und den antiken Ausgrabungen von Umm Quais führt in die zwei Millionen-Hauptstadt Amman, das wirtschaftliche und politische Zentrum Jordaniens. Der Bummel durch die Altstadt mit dem orientalischen Leben, der Obst- und Gemüsemarkt und das alte Theater halten die Gruppe ganz schön auf Trab. Der Ausblick vom Zitadellenhügel Jabal el Qala über das Häusermeer begeistert ebenso, wie der Herkulestempel und die vor den Toren der Stadt gelegenen Wüstenschlösser. Abends im Restaurant „Beit Sitti“ werden die Reiseteilnehmer in die Geheimnisse der jordanisch-arabischen-Küche eingeweiht und können bei der Zubereitung des Abendessens helfen. Die Ehepaare Wiegand und Immel lassen sich nicht zweimal bitten und gehen beherzt zur Sache. Eine Stunde später sitzt die Truppe in geselliger Runde und genießt ein schmackhaftes, weitgehend selbst zubereitetes Menü.
Die St. Georgskirche in Madaba mit dem berühmten Mosaik, das zur ältesten bekannten Landkarte Palästinas zählt, darf man nicht verpassen. Madaba hieß in biblischer Zeit Medaba, ist seit 4500 Jahren bewohnt und liegt auf unserem Rückweg nach Aqaba. Ebenso der Mount Nebo, auf dem Moses die zehn Gebote empfangen haben soll. Der Berg verschafft einen wunderbaren Ausblick über das Jordantal, das Tote Meer und das Gelobte Land. Abends in Aqaba geht die einwöchige Rundreise zu Ende und alle freuen sich auf ein paar schöne Tauchtage am Roten Meer.

Die zweiwöchige Reise startete mit einer Rundreise zu den antiken Stätten und endete mit einem traumhaften Tauchurlaub im Radisson Blue. Fotos: Norbert Probst
Die zweiwöchige Reise startete mit einer Rundreise zu den antiken Stätten und endete mit einem traumhaften Tauchurlaub im Radisson Blue. Fotos: Norbert Probst

Nach dem traurigen Abschied von unserem Lieblingsreiseführer Nasr Ibdah folgt das große Hallo an der Extra-Divers-Tauchbasis Tala Bay. Einchecken, Equipment anlegen, und nach fünfzig Metern Fußweg beginnt das Tauchvergnügen. Man muss nicht lange suchen, um Steinfische, Teufelsfische, Sepien, Zwergfeuerfische oder Muränen zu finden. Bereits unter dem Jetty verbringen Critterfreunde einen ganzen Tauchgang und das strömungsfreie Hausriff ist der erklärte Liebling unserer Taucher. „Klar, am traumhaften Wrack der ‚Cedar Pride’ kommt niemand vorbei“, meint der Kölner Basisleiter Donald von Dahlen überzeugend, „aber auch an den anderen 25 Tauchplätzen mit mehr als 500 Fischarten wird sich gewiss niemand langweilen“.  Das jordanische Königshaus sorgte 1999 für eine zusätzliche Attraktion und ließ am Hausriff einen M42-Duster-Flakpanzer in fünf Meter Tiefe als künstliches Riff versenken. Schließlich taucht man in der königlichen Familie gelegentlich selbst gerne ab. Der Unterwasserspaß hat aber auch eine Schattenseite: Besonders montags ist das Wasser getrübt, wenn von den Booten einiger Wochenendausflügler der Abfall einfach über Bord geworfen wird. Das Problem ist bis in die höchsten Etagen der Regierung bekannt und man versucht in Zusammenarbeit mit Tauchbasen, dem Marine Protection Parc und der Royal Marina Conservatory Society das Problem in den Griff zu bekommen. Das Vergnügen der Gruppe wird dadurch kaum geschmälert. Im Gegenteil: Nachdem Ernst-Otto Immel mit seiner GoPro am Jetty dokumentiert, wie sich zwei männliche Kraken minutenlang um ein weibliches Tier balgen und dabei eine Farbshow abziehen, steht fest: Das Tauchen vor Aqaba ist extrem entspannt, einfach und hält immer eine Überraschung bereit.

Reiseinfos Leserreise TAUCHEN 

Die TAUCHEN-Leserreise wurde von Itsmysport organisiert und durchgeführt. Sieben Nächte mit Übernachtung im Standard-Doppelzimmer des Radisson Blue Tala Bay, Frühstück, Flügen, Transfer und zehn Boots-Tauchgängen mit eigener Ausrüstung kosten ab 1249 Euro. Infos und Buchung auf www.orca.de. Die Extra-Divers-Basis im Radisson Blue bildet nach SSI-Standard vom Open Water Diver bis zum Instructor aus und fährt 25 Spots an. Infos über die Tauchbasis finden Sie auf www.extradivers-worldwide.com

Norbert Probst – Fotograf und Autor

TM_Norbert ProbstUnser UW-Fotograf war gleichzeitig auch Reiseleiter. „Es war eine tolle Gruppe und wir alle hatten viel Spaß, besonders im Toten Meer!“