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Invasive Meeresalge kann zu Vergiftungen führen

Invasive Arten versuchen in ihrer neuen Umgebung zu überleben. Manchmal haben sie Glück, weil ihre natürlichen Feinde dort nicht zu finden sind. Dann breiten sich diese Arten oft rasch aus und können zu Schädlingen werden. Beispiele aus dem Bereich von Nord- und Ostsee sind die Wollhandkrabbe, die Pfahlbohrmuschel oder auch die Pazifische Auster. Andere Arten haben es nicht so leicht und müssen ihre Abwehrkräfte sogar stärken, wie die Meeresalge Gracilaria vermiculophylla, die ursprünglich in Asien beheimatet war, sich in jüngerer Zeit aber sowohl in den europäischen wie in den nordamerikanischen Raum ausgebreitet hat.
In ihrem ursprünglichen Verbreitungsraum wird sie als Lebensmittel genutzt und bevorzugt roh gegessen, obwohl sie eine hormonartige Substanz – Prostaglandin – enthält, das immer wieder mal zu Vergiftungsfällen führt, gelegentlich sogar mit tödlichem Ausgang. Prostaglandin ist eigentlich gegen Fraßfeinde der Alge, wie Schnecken oder Kleinkrebse gedacht, die auch sehr empfindlich darauf reagieren. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Alge nach Europa und Nordamerika ausgebreitet. Die eingewanderten Stämme von Gracilaria vermiculophylla wappnen sich in Europa und Nordamerika offensichtlich besser gegen ihre Feinde, denn sie enthalten deutlich mehr Prostaglandin als die nativen Populationen in Asien, wie eine Studie in der internationalen Fachzeitschrift Harmful Algae unter der Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel zeigt.
„Wir haben zwölf ausgewählte Populationen der Alge aus Ostasien, Mexiko und Europa untersucht“, erläutert Dr. Florian Weinberger, Projektleiter und Ko-Autor der internationalen Studie. „Die Untersuchungen waren sehr aufwändig, weil wir lebende Organismen benutzt haben, die wir zunächst unter streng kontrollierten Bedingungen in den Kulturräumen des GEOMAR gehältert haben. So konnten wir eine gute Vergleichsbasis für unsere Analysen sicherstellen“, so Weinberger weiter.
Das Ergebnis der Analysen war für die Forscher schon bemerkenswert. „Die eingewanderten Arten enthielten deutlich mehr Prostaglandin als die aus Südostasien stammenden Proben, die Konzentration war um bis zu 390% erhöht, erläutert Mareike Hammann, Hauptautorin der Studie, die im Rahmen ihrer Doktorarbeit entstand. „Offensichtlich müssen sich die wandernden Stämme von Gracilaria vermiculophylla stärker gegen Fraßfeinde schützen, sodass sie mehr Abwehrstoffe einlagern“, so Hammann weiter.
Dieses Ergebnis wirft ganz neue Fragen auf: was passiert, wenn die invasiven Stämme von Gracilaria vermiculophylla irgendwann zurück nach Asien wandern? „Die Zahl der Vergiftungsfälle dort könnte dann deutlich zunehmen“, meint Florian Weinberger. Ein dauerhaftes Monitoring sei unerlässlich, um gegebenenfalls rechtzeitig entsprechende Warnungen vor dem Verzehr geben zu können, so der Kieler Meeresbiologe.