Haie sind wie Hunde. Jedes Tier hat seinen eigenen Charakter!
Das Waihuka Adventure Diving Center auf der honduranischen Karibikinsel Roatan hat sich auf ungewöhnliche Tauchgänge spezialisiert: Am Spot „Cara a cara“ können Gäste vis-à-vis mit mehr als einem Dutzend Karibischen Riffhaien in rund 25 Metern Tiefe tauchen. Im Interview erläutert Basischef Sergio Tritto wie er vom Anwalt zum „Haiflüsterer“ wurde.
Was hat dich in die Karibik nach Roatan verschlagen?
Es waren Piraten! Nein. Ich war auf Roatan tauchen und wunderte mich, dass man keine Haie sieht.
Warst du schon immer an Haien interessiert?
Anfangs hatte ich Angst. In den frühen 80er-Jahren hat mich mein Onkel ans Ras Mohammed zu einem Haitauchgang mitgenommen. Ich konnte die Nacht kaum schlafen. Als ich dann die ersten Riffhaie sah, war ich einfach nur fasziniert. Vor zwölf Jahren habe ich dann meinen öden Anwaltsjob an den Nagel gehängt und das Haitauchcenter eröffnet. Meine Familie war nicht begeistert. Die meisten italienischen Auswanderer eröffnen ja eher Restaurants …
Wie wurdest du zum „Haiflüsterer“?
Fischer berichteten mir, dass sie an einer Stelle immer wieder Ärger mit Haien hatten, die ihnen den Fang geklaut haben. Ich bin also dreimal am Tag zu festen Zeiten mit meinem Buddy mit Eimer und Fischkarkassen an diversen Spot getaucht, um Haie anzulocken. Viele Wochen passierte nichts. Plötzlich kam der erste und es wurden mehr. Haie gewöhnen sich an solche Rituale. Wir füttern sehr wenig – meist nur ein paar Fische. Dann sind wir mit Gästen getaucht. Wir haben gemerkt, dass man gefahrlos mit Haien schwimmen kann.
Wie risikoreich ist die Fütterung der Haie?
Der einzig kribbelige Moment ist das Öffnen des Eimers. Dabei muss man auf die flinken Zackis und Muränen aufpassen. Ich persönlich füttere auch mal einen Fisch aus der Hand. Meist legen wir den Pott in Entfernung ab – die Haie wissen das zu deuten.
Gab es Haiunfälle mit den Gästen?
Nein. Wir machen das seit zwölf Jahren dreimal täglich. Ich habe hier mehr als 3000 Tauchgänge mit Gästen erlebt und nie ist irgendetwas passiert. Wenn die Strömung zu stark oder die Sichtweite schlecht ist, wird gar nicht erst abgetaucht.
Wie läuft der Tauchgang mit den Haien normalerweise ab?
Am Anfang briefen wir die Gäste zum Tauchgang und über das Verhalten gegenüber den Haien. Dann fahren wir mit dem Boot ans Riff, das fünf Kilometer vor der Küste liegt. Der Abstieg erfolgt am Seil zum geschützten Riff in 22,5 Metern Tiefe.
Dann darf man mit den Haien schwimmen?
Wer mag, darf vor der Fütterung mit den Haien schwimmen – einige warten lieber und gucken zu.
Und wie läuft die Fütterung der Haie ab?
Da müssen alle Taucher ans Riff. Dann wird der Eimer in Entferung abgelegt, und das große Fressen beginnt – danach sind die Haie ruckzuck weg. Die Gäste dürfen dann noch nach Haizähnen suchen.
Wie reagieren die Haie beim Füttern?
Die Fische sind neugierig, kommen bis auf eine Handbreite heran, schauen den Tauchern direkt in die Augen – ganz ohne Aggression. Haie sind wie Hunde: Einige sind mutig, ängstlich, frech – ihr habt es ja erlebt. Wie Maria oder den Joker …
Die Haie in Roatan haben Namen?
Sie heißen wie die Taucher, die sie gefressen haben (lacht).
Viele Taucher stehen Haifütterungen kritisch gegenüber …
Diese Riffhaie sind Botschafter der Meere! Jeder, der hier getaucht ist, wird seinen Freunden von diesem einzigartigen Abenteuer berichten. Sie erleben Haie als sehr vorsichtige und neugierige Tiere – für viele Taucher ist es das Tollste, was sie gesehen haben. Natürlich sind Haie keine Kuscheltiere. Sie könnten uns in Stücke reißen. Aber sie tun es nicht. Es ist ein Geschenk, Haie so beobachten zu können.
Vielen Dank an Sergio Tritto für das Interview.
Haifütterungen werden unter Tauchern kritisch diskutiert: Lesen Sie hier, welche Meinungen zu diesem kontroversen Thema vertreten werden!
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