Dive Trophy

»Finetuning« mit der Lunge – Tarieren trainieren

Kaum ein Gefühl beim Tauchen ist präsenter, wichtiger und erfolgt gleichzeitig ab einem gewissen Erfahrungsschatz unterbewusster als das Tarieren. Wie kann man es trainieren?

Benjamin Schulze

Tarieren bezeichnet beim Tauchen eine Fähigkeit, die erlernt werden muss, um Auftrieb und Abtrieb im Wasser präzise zu kontrollieren. Anfangs kniet man dabei auf dem Boden des Beckens oder dem seichten Meeresgrund und macht sich zuerst mit der Tarierweste und deren Inflator vertraut. Behutsam erhält man ein Gefühl für das Schweben. Dieses Gefühl ist anfangs den meisten Menschen nicht sonderlich vertraut. Jedoch gibt es teils gravierende individuelle Unterschiede.

Die Erfahrung zeigt: Menschen, die mit Wasser vertraut sind, weil sie viel schwimmen oder schnorcheln, vielleicht auch schon mal Apnoetauchen waren, besitzen meist ein sehr gutes Wassergefühl. Häufig ist der durch das Tarieren erreichte Schwebezustand im Wasser für sie gewohnter und erzeugt nicht so sehr ein Gefühl der Unsicherheit.

Menschen, die dieses Wassergefühl noch nicht so ausgeprägt besitzen, können es mit Übungen erlernen und mit Training perfektionieren. Schon nach kurzer Zeit nutzen die meisten Taucher ihre Lunge für die Balance ihres Auf und Ab. Das ist vorteilhaft, denn die Lunge ist wesentlich feinfühliger als der dagegen recht ruppig erscheinende Inflator-Knopf des Tauchjackets.

Feinjustierung funktioniert praktisch bei jedem Atemzug: 75 Prozent einatmen, nur 60 Prozent ausatmen – so steigt man ohne die Mühen eines Flossenschlags etwas nach oben.

Bei der Dive Trophy, Europas größtem Tauchwettbewerb, wird bei den Teilnehmern großer Wert auf exzellente Tarierung gelegt. Während des Halbfinales im Monte Mare müssen die Teilnehmer darauf vorbereitet sein, Übungen frei schwebend »vorturnen« zu können. Im Finale im Robinson Soma Bay beim Wettstreit der besten Zehn muss das Tarieren sitzen.

Hier unsere Trainings-Tipps:

Grundausbildung im Pool oder Flachwasser: Der Klassiker ist das »Pivotieren«. Gemeint ist das Balancieren auf den Flossenspitzen. Zuerst etwas Luft per Inflator in die Weste einblasen, dann Liegestütze ohne Arme machen, nur durch Ein- und Ausatmen. Verändern Sie mal Ihre Bleimenge oder dosieren Sie Ihre Atemluft. Nutzen Sie unterschiedliche Lungenvolumina.

Weiter im Pool: Heben Sie beim Pivotieren die Flossenspitzen vom Beckengrund. Schweben Sie. Bleiben Sie möglichst ruhig. Achten Sie auf Ihre Körperhaltung, sie sollte horizontal sein. Die Beine können in den Knien leicht angewinkelt sein. Füße und Fersen sind etwas erhöht über dem Körper. Versuchen Sie, durch die Atmung langsam den Aufstieg zu beginnen, ohne Ihre Körperposition zu verändern.

Wenn Ihnen die Übung in der Horizontalen noch schwerfällt, üben Sie einen senkrechten passiven Aufstieg: Richten Sie sich auf und überkreuzen Sie die Bein inklusive Flossen. Das verhindert die Flossenbenutzung. Nun steigen Sie so langsam wie möglich nur mit Ihrer Atmung auf. Lassen Sie, falls nötig, ein wenig Luft aus dem Jacket. Wenn zu viel Luft aus dem Jacket entweicht, sacken Sie wieder ab. Starten Sie in diesem Fall die Übung von neuem. Oder erlauben Sie sich, Luft ins Jacket zu blasen, allerdings nur mit dem Mund, nicht mit dem Inflator.

Für optimale Bedingungen muss die Trainings-Location nicht tief sein, da Tarieren im Flachbereich wegen der Volumenveränderung von Luft auf den letzten Metern, also der Wasseroberfläche am nächsten, am schwierigsten ist. Fünf Meter Tiefe beim Training sind ausreichend.

Nutzen Sie, wenn vorhanden, in Gewässern Tarierungsparcours: Das sind Ringe oder Tore, die in unterschiedlichen Tiefen durchtaucht werden müssen. Wird ein Hindernis von Ihnen berührt, muss der gesamte Parcours wiederholt werden.

Achten Sie stets auf Ihre Körperposition und auf Ihre Atmung. Eine stabile Körperlage ohne Arm-Rudern oder Bein-Gestrampel bewirkt eine sofortige Verbesserung der Tarierung. Denn jede Bewegung unter Wasser erzeugt eine Gegenbewegung. Ähnlich verhält es sich mit der Lunge und der Atmung. Wer hektisch am Atemregler saugt, wird sein Auf und Ab nur schwer kontrollieren können. Eine konstante, kontrollierte Atmung ist der erste Schritt zur perfekten Tarierungskontrolle.