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Der Dino-Fisch passt sich an

Ein lebendes Fossil erstaunte 1938 die Fachwelt: Der Quastenflosser, bis dahin nur aus Versteinerungen bekannt, lebt! Die südafrikanische Biologin Marjorie Courtenay-Latimer entdeckte auf einem Fischerboot ein Exemplar der Art Latimeria chalumnae. Ihr Kollege James L.B. Smith kommentierte: „Ich wäre kaum erstaunter gewesen, wenn ich auf der Straße einem Dinosaurier begegnet wäre.“ Der „Dino-Fisch“ inspirierte den deutschen Biologen Hans Fricke zum Bau eines Tauchboots. Mit dem U-Boot „GEO“ beobachteten er und seine Kollegen 1987 als erste Menschen Quastenflosser in ihrer natürlichen Umgebung. Mit dem Nachfolger-Tauchboot „JAGO“, das Fricke 2006 dem Geomar/Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel überließ, ertaucht das Team seit 1989 den Lebensraum von Latimeria chalumnae.

Schuppen geben Auskunft
„Bisherige genetische Studien waren darauf ausgerichtet, Verwandtschaftsverhältnisse von Quastenflossern zu Lungenfischen und Landwirbeltieren aufzudecken“, erklärt Dr. Kathrin Lampert, Biologin an der Ruhr-Universität Bochum. „Es wurde davon ausgegangen, dass sich die bekannten Populationen vor der Küste Süd- und Ostafrikas seit Jahrtausenden nicht mehr weiterentwickelt haben.“ Um die genetische Vielfalt der Quastenflosser genauer zu untersuchen, sammelten die Biologen an verschiedenen Orten Gewebeproben von möglichst vielen lebenden und toten Exemplaren. Dafür konstruierte „JAGO“-Pilot Jürgen Schauer vom Geomar in Kiel eine Vorrichtung für den Greifarm des Tauchboots. So konnten die Forscher auf ihren Tauchgängen einzelnen Tieren aus einem Meter Entfernung vorsichtig Schuppen entnehmen. „Die großen Schuppen lösen sich sehr leicht aus ihren Hauttaschen. Schon eine geringe Gewebe-Menge reicht aus, um daraus DNA für genetische Untersuchungen zu isolieren“, so die Biologin Karen Hissmann, die am Geomar die Einsätze des Tauchboots koordiniert.

Privilegierte Forscher
Die bis zu 1,80 Meter langen altertümlichen Fische reagierten erstaunlich gelassen, erinnert sich Schauer. „Die Schuppen wachsen wieder nach. Wir können die Tiere anhand ihres Fleckenmusters unterscheiden und haben bei späteren Tauchgängen gesehen, dass sie keinen Schaden genommen haben.“ Auch nach vielen Begegnungen löst der „Dino der Meere“ immer noch eine große Begeisterung bei den beiden Geomar-Mitarbeitern aus. „Es gibt nur wenige Menschen, die bisher das Privileg hatten, lebende Quastenflosser zu beobachten. Einige Exemplare kennen wir nun schon seit mehr als 20 Jahren. Wahrscheinlich werden sie uralt“, schätzt Schauer. „Anhand der genetischen Untersuchung an 71 erwachsenen Tieren konnten wir belegen, dass die genetische Diversität unter den ostafrikanischen Quastenflossern zwar generell gering ist“, so die Biologin Lampert. „Aber es fanden sich auch Unterschiede“. Die Forscher vermuten, dass die ostafrikanischen Quastenflosser ursprünglich von den Komoren kamen, wo auch heute noch die größte bekannte Population lebt. „Es haben sich dort aber zwei genetisch unterscheidbare Gruppen gebildet. So konnten wir zeigen, dass sich Quastenflosser trotz ihrer langsamen Evolutionsrate immer noch weiterentwickeln“, erklärt Lampert. Dies belegt nicht nur, dass der Quastenflosser kein passives Relikt aus längst vergangenen Zeiten ist. „Wir vermuten auch, dass er sich sogar potenziell an neue Umweltbedingungen anpassen könnte.“ Weitere Infos findet ihr auf www.geomar.de