News

Großer Kinofilm über Jacques Cousteau

Interview mit Audrey Tautou (spielt im Film Cousteaus Ehefrau Simone)

Die echte Entdeckung in diesem Film ist, selbst für diejenigen, die Cousteaus Universum ein wenig kennen, Ihre Filmfigur, Simone.
Absolut, und als ich mich auf den Film vorbereitete, war ich mir im Klaren darüber, dass sogar einige unter den echten Cousteau-Fans praktisch nichts über diese Frau wissen würden, die aber 40 Jahre oder etwas weniger der eigentliche Kapitän der Calypso war.

Wie nähert man sich einer solchen Figur an?
Ich muss sagen, dass auch ich sie nicht kannte und erst beim Durchforsten von Archiven entdeckt habe. Es gibt verhältnismäßig wenig. Ich habe zum Beispiel ein einziges Interview für die Fernsehsendung „Le grand échiquier“ gefunden. Simone Cousteau war äußerst geizig mit ihren Auftritten in den Medien: Sie wollte nicht gefilmt werden. Dafür gibt es ziemlich viele Fotos und ein Buch, dessen ich mich bedient habe. Es ist eine sehr umfassende Biografie, aus der ich sehr viele Informationen schöpfen konnte. Ich konnte auch auf die Berichte zweier Begleiter von der Calypso zurückgreifen, zweier Männer, die all die Jahre mit den Cousteaus gearbeitet hatten, François Sarano, Taucher und Doktor der Ozeanografie, und Roberto Rinaldi, Unterwasser-Kameramann. Zwei tolle Menschen, die uns unglaubliche Anekdoten erzählt haben. Wenn man ihnen zuhört, spürt man die Verbundenheit, die sie  gegenüber Simone empfunden haben, und wie sehr sich diese Frau auf die Besatzung verlassen hat.

Nachdem Sie nun für den Film „Jacques“ zu Simone Cousteau geworden sind und sie besser kennen, wie würden Sie heute über sie sprechen?
Ich würde sagen, dass sie keine konventionelle Frau war. Simone wollte ein unabhängiges Leben fernab von den Stereotypen der damaligen Zeit! Sie war eine echte Abenteurerin und eine echte Seefahrerin. Ich glaube, sie ist die am weitesten gereiste Frau der Welt: Sie hat 40 Jahre auf einem Schiff verbracht. Ich finde ihren Lebensweg unglaublich, völlig untypisch. Ich weiß (weil ich es herausgefunden habe und weil man mir davon erzählt hat), dass Simone auch sehr willensstark, sehr spottlustig war, was mich im Übrigen mit ihr verbindet! Sie war auch Cousteaus Auge auf dem Schiff, wenn er nicht an Bord war, weil er um den Globus reiste, um seine Filme zu vermarkten oder Geld aufzutreiben, damit er das Abenteuer fortsetzen konnte.

Und man weiß, dass Jacques-Yves Cousteau während seiner Abwesenheit nicht wenige Liebesabenteuer mit anderen Frauen hatte. Wie erklären Sie es, dass Simone, obwohl sie Bescheid wusste, trotz allem bei ihm blieb?
Ich glaube, ihr Leben war an Bord der „Calypso“. Sie hat sogar einen Brief geschrieben, der direkt an das Schiff gerichtet ist, in dem sie sagt, dass sie an dem Tag, an dem das Schiff nicht mehr fahren würde, zwar weiterleben, aber innerlich wie tot sein würde… Ich glaube auch, dass Simone Cousteau wirklich geliebt hat und ihn weiter liebte, obwohl sie spürte, dass er ein Doppelleben führte. Aber das Leben, das sie an Bord mit ihren Matrosen (ihren „Kerlen“, wie sie sie nannte) führte, ließ sie alles andere ertragen, insbesondere die Abwesenheit und die Untreue ihres Mannes. Was sie nicht daran hinderte, enorm darunter zu leiden.

Simone Cousteau war auch Mutter, und man sieht im Film, dass die beiden Cousteau-Söhne am Anfang etwas nachlässig behandelt werden: mit ihren Eltern auf dem Schiff unterwegs durch die ganze Welt und dann schnell in ein Internat verfrachtet.
Damit knüpfte Simone wahrscheinlich an ihr eigenes Verhältnis zu ihren Eltern an, die sich nicht besonders um sie gekümmert hatten. Sie schickten sie zum Beispiel nach Japan ins Internat, wo sie einen Teil ihrer Kindheit verbrachte. Sie konnte sich daher auf kein sehr solides Mutterbild stützen, zumal ihre Mutter eine sehr extravagante Frau war, was Simone nie werden wollte, weil sie es zu oberflächlich fand. Ihr Verhältnis zu ihren beiden Söhnen Philippe und Jean-Michel war ziemlich anders, aber ich würde sagen, auch unbeholfen, und letzten Endes war es dem, was sie selbst erlebt hatte, doch recht ähnlich. Sie entsprach nicht den modernen Vorstellungen, die verlangen, dass eine Mutter hingebungsvoll ist und für ihre Kinder lebt.

Sie ist eine starke, durchsetzungsfähige Frau, genau der Typ Rolle, die man Ihnen oft anbietet: Ich denke an Amélie Poulain, an Coco Chanel oder sogar an die Mathilde in „Mathilde – eine große Liebe“.
All diese Frauen haben etwas gemeinsam: Sie wollen dem ihnen vorbestimmten Weg nicht folgen. Sie sind unabhängig und wollen sich ein Leben, ein Schicksal aufbauen, das ihnen entspricht. Ich kann mich nicht erinnern, unterwürfige oder schwache Frauen gespielt zu haben. Das hat man mir übrigens auch nie angeboten.

Jérôme Salle hat für die Rolle der Simone Cousteau schnell an Sie gedacht. Wie verlief Ihre Zusammenarbeit während der manchmal sehr langen Drehs für „Jacques“?
Wunderbar. Um eine solche Expedition durchzuführen, brauchte es einen echten Kapitän, und Jérôme hat das Zeug dazu! Wir haben uns ganz am Anfang des Projekts getroffen. Er erzählte mir von Simone, brachte mir die Figur näher und erklärte mir, was er mit seinem Film erzählen wollte. Jérôme ist sehr sensibel für menschliche Beziehungen, aber er hat auch die Willensstärke, ein Projekt wie dieses anzupacken. Wir haben fast den ganzen Film draußen gedreht, unter teilweise wirklich schwierigen Bedingungen. Trotz der Schwierigkeiten hat er nie etwas ausgelassen oder den Mut verloren.

Von Kroatien in die Antarktis, über Südafrika und die Bahamas – wie blicken Sie  auf diesen Film, der sicherlich auch ein unglaublicher Lebensabschnitt ist?
„Jacques“ war ein Traum für mich. Von Anfang an habe ich Jérôme gesagt, ich würde den Film unter der nicht verhandelbaren Bedingung machen, dass ich auf die Reise in die Antarktis dabei sein dürfe! Da wollte ich schon immer hin, und es kam nicht infrage, dass ich mir das entgehen ließ.
Der ganze Film war eine einzige, riesengroße Reise: So viele Tage mitten auf dem Ozean zu verbringen, ist genau mein Ding. Noch einmal, das ist eins der Dinge, die ich mit Simone gemeinsam habe: Am besten fühle ich mich auf einem Schiff, das ist schon seit meiner Kindheit so! Ich hatte einen Grundschullehrer, der mich mit dem Segeln vertraut machte, und ich fand das von Anfang an herrlich. Es ist eine Leidenschaft, die mich seither nie mehr losgelassen hat, auch wenn ich nicht so oft die Gelegenheit habe, das auszuleben, wie ich es gern hätte. Zur See zu fahren ist für mich etwas ganz Natürliches.