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Großer Kinofilm über Jacques Cousteau

Interview mit Pierre Niney (spielt im Film Jacques Cousteaus Sohn Philippe)

Was war Ihre erste Reaktion, als Sie, mit viel Vorlauf, das Angebot von Jérôme Salle bekamen?
Ich empfand es als Glücksfall, einen in seinem Anspruch so seltenen Film lesen zu dürfen. Einen großen, poetischen Film über eine außergewöhnliche Familie, der auch noch ein Bewusstsein für die Schönheit und Verletzlichkeit unseres Planeten vermittelt.

Die Rolle von Philippe Cousteau steht wirklich im Zentrum der Geschichte von „Jacques“. Was wussten Sie über ihn, bevor Sie anfingen, sich die Figur zu erarbeiten?
Dass er der Sohn von Kapitän Cousteau war. Das war in etwa alles. Ich musste alles erst entdecken!
Philippe ist eine weniger bekannte Figur. Dabei haben er und sein Vater gemeinsam eine große Zahl von Dokumentarfilmen gemacht. Und Philippe spielte eine maßgebliche Rolle innerhalb der Besatzung und in Cousteaus Abenteuer. Aber Jacques-Yves Cousteau war ein Alphatier, ein Pionier und ein „Monster“, was sein Charisma und seine Energie anging, sodass Philippe, der zudem auch noch früh starb, mit der Zeit natürlich immer mehr verblasste. Ich glaube, das ist auch das Thema des Films und das Spannende daran.

Wie haben Sie sich über ihn informiert? War es Ihnen zum Beispiel wichtig, seine Frau Jan oder die Kinder der beiden zu treffen?
Ich habe sehr viel recherchiert. Natürlich indem ich mir seine Filme angesehen habe – die, in denen er selbst zu sehen ist, und die, bei denen er Regie geführt hat. Aber auch durch Fotos, Interviews und die Berichte der ehemaligen Besatzungsmitglieder der Calypso, die wir treffen konnten. Diese Männer, die Philippes Kollegen gewesen waren, hatten auch seine Sorglosigkeit gegenüber der Gefahr miterlebt. Sie erzählten mir, welche wahnsinnigen Risiken Philippe einging, um ein Bild zu bekommen. Diese „draufgängerische“ Seite an Philippe war ein wichtiges Element, das berücksichtigt werden musste. Ich glaube, daran kann man seinen Wunsch ablesen, den Vater zu übertreffen.
Aber das Wertvollste waren die Briefe. Ein sehr privilegierter Zugang zu Philippes Innenleben.

Die Briefe waren wie ein Schlüssel

Diesen Zugang habe ich meiner Begegnung mit Jan, seiner Frau, zu verdanken.  Jérôme hat den Kontakt hergestellt, und wir haben uns ein paar Monate vor Drehbeginn in Los Angeles getroffen. Sie war so freundlich, mir sehr viel über ihre Beziehung zu Philippe und den Charakter dieses Mannes zu erzählen. Sie war eine sehr große Hilfe bei der Vorbereitung der Rolle, indem sie für Jérôme und mich die Archive öffnete und uns ausführlich über Philippes Leben informierte. Besonders die Briefe waren für mich wie ein Schlüssel. Für das Verständnis des Menschen, aber auch der sehr starken und einzigartigen Liebesgeschichte, die die beiden erlebten. Briefe, abgeschickt vom Ende der Welt von zwei Liebenden, die sich über ihr Leben, ihre Vorhaben, ihre Familie und den Zustand der Welt austauschen. Was könnte inspirierender sein?

Philippe bringt als Figur eine menschliche Dimension in den Film, die sich perfekt zu dem Abenteuergeist gesellt, der den Film bestimmt. War das für Sie die größte Herausforderung bei dem Projekt?
Philippe war zu großer Liebe fähig – die erlebte er mit Jan – und zu großer Bewunderung – diese brachte er seinem Vater entgegen. Aber er war auch jemand, der ziemlich einsam war. Er war der Natur und den Tieren sehr verbunden. Jan sagte mir, er habe sehr oft die Gesellschaft von Vögeln der der Menschen vorgezogen. Sein Umweltbewusstsein rührt aus dieser Betrachtung der Natur, der Landschaften und des Meeres.
Die Tatsache, dass er dieses für die damalige Zeit völlig neue Bewusstsein an seinen Vater weitergibt, war ein entscheidender Faktor für meinen Wunsch, Philippe zu spielen. Ich glaube heute, dass es ganz entscheidend ist zu sagen, wie wichtig es ist, unsere Welt sorgsam zu behandeln und diese Selbstverständlichkeit eindringlich zu wiederholen.

Kam es vor, dass Sie die Wunder, die Sie vor Augen hatten, einfach nur als Betrachter sahen?
Wir haben fast täglich ein unglaubliches Schauspiel miterlebt. Manchmal ist es unmöglich, nicht einfach nur Zeuge solcher Momente zu sein. Ein Wal, der wenige Meter vom Schiff entfernt aus dem Wasser springt, eine Delphinschule, die neugierig unsere Dreharbeiten beäugt, ein Eisberg, der mitten in der Antarktis in sich zusammenstürzt, ein Tauchgang mit Haien, die wenige Zentimeter von dir entfernt fressen. Ich habe dank dieses Films einige der schönsten Dinge meines Lebens gesehen.

„Jacques“ ist ein für den französischen Film ungewöhnlich großes Projekt. Was für eine Art von Regisseur war Jérôme Salle, um es zu einem guten Ende zu führen?
Jérôme hatte dieses Projekt schon sehr lange im Kopf. Es ist eine Geschichte, die ihm sehr am Herzen liegt und eine Familie, die er sehr gut kennt. Die ansteckende Begeisterung, mit der er dieses Familienepos erzählte, gab uns allen Antrieb.

Wir mussten für diesen Film bis ans Ende der Welt reisen!

Es stand zum Beispiel lange im Raum, dass viele Dinge im Studio gedreht werden sollten, insbesondere die Reise in die Antarktis, die extreme technische Schwierigkeiten mit sich brachte. Doch dann rief Jérôme mich eines Tages auf dem Handy an und sagte: „Pierre, es wird sehr kompliziert, aber wir fahren dahin…“ Es war klar, dass es unmöglich sei, diese Abenteurergeschichte zu erzählen und dabei in einem Filmstudio zu festzusitzen. Man musste den Film auf eine authentischere Art unterfüttern, näher an unserem Thema sein. Und dann sind wir losgefahren! Heute kann ich sagen, dass diese Reise, aber auch der Umstand, dass wir wirklich mit Haien getaucht sind und in Naturkulissen gedreht haben, uns ungeheuer inspiriert und wirklich für das Projekt begeistert haben.
Jérôme beherrscht es perfekt, Atmosphären zu schaffen, wunderschöne Bilder herzustellen und einzufangen und dabei die Schauspieler sehr wohlwollend anzuleiten.

Wenn ich Sie auffordern würde, nur ein einziges Bild, einen Moment aus diesem Abenteuer aufzubewahren, welches wäre es?
Unser letzter Drehtag in der Antarktis. Nachdem wir die letzte Einstellung gedreht hatten, brachen wir von der Insel Deception Island auf und ließen einen von Vulkanrauch verhangenen Strand zurück. Ein unwirkliches Bild und eine greifbare Emotion für die kleine Besatzung auf der Zodiac. Das Ende eines monatelangen Drehs und wahrscheinlich das letzte Mal, dass wir dieses wunderschöne Schauspiel sahen.