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Kein Schutz für die Antarktis

Mit dem Scheitern der CCAMLR-Konferenz am Dienstag den 16. Juli in Bremerhaven wurde eine entscheidende Chance für den Meeresschutz rund um die Antarktis verpasst. Die „Kommission zur Erhaltung lebender Meeresschätze in der Antarktis“ (CCAMLR) konnte sich nicht darauf einigen, die weltweit größten Meeresschutzgebiete im antarktischen Ozean einzurichten. Die mehrtägige Sondersitzung in Bremerhaven endete heute ohne Ergebnis.

Alle CCAMLR-Mitgliedsstaaten – einschließlich derer, die Bedenken hinsichtlich der beiden Schutzgebietsvorschläge hatten, wie Norwegen, Chile, Japan und China, – haben sich an konstruktiven Verhandlungen beteiligt, um bei diesem Treffen ein Ergebnis zu erzielen. Dagegen hat Russland mit Unterstützung der Ukraine die rechtliche Befugnis der CCAMLR Kommission, Meeresschutzgebiete auszuweisen, grundsätzlich in Frage gestellt.
„Nach zwei Jahren Vorbereitung und obwohl Russland dieses Treffen zur Beilegung wissenschaftlicher Bedenken hinsichtlich der Schutzvorschläge für das Rossmeer und die Ostantarktis beantragt hat, verlassen die  Mitglieder von CCAMLR Bremerhaven nun mit leeren Händen“, kritisiert Steve Campbell, Direktor der Antarctic Ocean Alliance. „Außer Russland sind alle Staaten mit guter Hoffnung angereist.“

Deutschland hatte speziell zu diesem Anliegen zu der Sondersitzung eingeladen und als Gastgeber zum Auftakt die Bedeutung des Meeresschutzes in der Antarktis unterstrichen. Auf der Sondersitzung in Bremerhaven verhandelten die 24 Mitgliedsstaaten sowie die Europäische Union über zwei Anträge: Der erste von den USA und Neuseeland sah vor,  im Rossmeer eine Fläche von 2,3 Millionen Quadratkilometer als Meeresschutzgebiet auszuweisen, einschließlich einer 1,6 Millionen Quadratkilometer großen Zone, die für kommerzielle Fischerei gesperrt sein soll. Der zweite Vorschlag von Australien, Frankreich und der Europäischen Union bezog sich auf sieben Meereszonen mit einer Gesamtfläche von 1,63 Millionen Quadratkilometern, die in den Küstengewässern der Ostantarktis geschützt werden sollten.

„Das Auftreten der russischen Delegation hat den Fortschritt zum Schutz des Rossmeeres und der Ostantarktis blockiert, und ihre Glaubwürdigkeit bei der internationalen Zusammenarbeit untergraben.  Damit fehlen jedoch die wichtigsten Voraussetzungen für den globalen Schutz der Meere“, sagt Dr. Rodolfo Werner vom Pew Charitable Trust. „Es ist äußerst wichtig, dass die Mitgliedsländer nunmehr ihre Vertreter zu den nächsten Verhandlungen in Hobart schicken, um den Schutz eines der unberührtesten Meere der Erde zu garantieren.“
„Wir erkennen das Engagement derjenigen Mitglieder von CCAMLR an, die bis zuletzt versucht haben, eine Lösung für die Einrichtung der Meeresschutzgebiete in der Antarktis zu finden. Wir sind jedoch zutiefst enttäuscht darüber, dass vor allem Russland, aber auch andere Länder die Verhandlungen blockierten. Hier in Bremerhaven wurde auf diese Weise eine historische Chance für den Meeresschutz vertan“, sagt Fabian Ritter, Kampagnenleiter von Whale and Dolphin Conservation (WDC).
„Auf dem nächsten regulären Treffen im Oktober in Hobart in Australien erwarten wir von allen Mitgliedern der CCAMLR, dass konstruktive Wege gefunden werden, um die Einrichtung von Meeresschutzgebieten ermöglichen.“

„Die Meere, einschließlich des Südpolarmeers, geraten zunehmend durch industrielle Ausbeutungspläne unter Druck. Die letzten fast unberührten Gebiete wie das Rossmeer oder die östliche Antarktis brauchen dringend unseren Schutz“, sagt Iris Menn, Meeresexpertin von Greenpeace. „Viele CCAMLR-Mitgliedsstaaten haben ernsthafte Bemühungen und wissenschaftliche Arbeit eingebracht, um so weit zu kommen. Die russische Delegation muss jetzt sicherstellen, dass die Schutzgebietsvorschläge beim nächsten Treffen angenommen werden, um bei der nächsten Sitzung in Hobart das weltweit größte Netzwerk an Meeresschutzgebieten zu beschließen.“

Der antarktische Ozean ist Heimat für mehr als 10 000 Arten, darunter die meisten Pinguine der Welt, Wale, Seevögel, Koloss-Kalmare sowie der kommerziell gefragte Riesen-Antarktisdorsch. „Die Regionen sind für die Wissenschaft von entscheidender Bedeutung. Ohne die Schutzgebiete fehlt es an Referenzzonen, um die Auswirkungen des rasanten Klimawandels studieren zu können. Ohne ein Verbot der Überfischung fehlt der Wissenschaft die wichtige Information, wie ein intaktes polares Ökosystem funktioniert“, sagte Dr. Onno Groß, Direktor von Deepwave.

„Der starke Widerstand der russischen Delegation hat das jahrelange Engagement vieler Mitgliedstaaten, das Südpolarmeer zu schützen, völlig  aus den Angeln gehoben und die Arbeit der Kommission gelähmt“, bilanziert Tim Packeiser, Meeresschutzexperte des WWF. „Wir fordern deshalb  von allen CCAMLR-Staaten, die vorhandenen wissenschaftlichen Kenntnisse anzuerkennen und diese bedeutenden Meeresgebiete auf dem nächsten Treffen im Oktober endlich unter Schutz zu stellen.“

Die Antarctic Ocean Alliance wird auch die nächste Sitzung der CCAMLR in Hobart in Australien begleiten. Die Umweltorganisationen werden die CCAMLR weiter darin bestärken, den Schutz des Südpolarmeers auszubauen und weitere einzigartige Lebensräume in der Antarktis zu erhalten. Insgesamt hat die AOA 19 Gebiete im Südpolarmeer als schutzbedürftig identifiziert, die zusammengenommen über 40 Prozent des südlichen Ozeans ausmachen.

Mehr als 1,3 Millionen Menschen weltweit haben sich dem Aufruf der AOA angeschlossen, im Südpolarmeer rund um die Antarktis ein Netzwerk von Meeresschutzgebieten einzurichten.

Weitere Informationen: www.antarcticocean.org, www.pewenvironment.org/Southernocean