In der Meerwasseranlage des ZMT setzten die Forscher die Halimeda-Algen Wasser mit einem niedrigeren pH-Wert aus, wie man ihn in 40 bis 50 Jahren in vielen Regionen der Meere vorfinden könnte. Bei den Untersuchungen legten sie den Fokus erstmals auf den Bau des Algenskeletts. „Während viele Arbeiten an Kalkalgen oder Korallen bisher nur die Menge an produziertem Kalkskelett bei unterschiedlichen pH-Werten vergleichen, haben wir die Mikrostruktur des Skelettes ins Visier genommen. Wir setzen dafür unser Rasterelektronenmikroskop ein, das Strukturen von Tieren und Pflanzen bis zu 100 000-fach vergrößern kann“, berichtet der Biologe André Wizemann, einer der Autoren der Studie.
Wie die Forscher beobachten konnten, bildet die Halimeda-Alge ein Skelett aus feinen Kalknadeln, die sie tagsüber an der Zelloberfläche ausscheidet. Nachts rekristallisieren die Nadeln – sie lösen sich teilweise auf und fügen sich neu zu einem dichten, kompakten Skelettpanzer zusammen. Damit schützt sich die Alge vor Fressfeinden und gewinnt an Stabilität, damit sie bei stärkerer Wasserströmung beispielsweise an Kanten von Korallenriffen überleben kann.
Ein derart massives Skelett kann sich jedoch nur bilden, wenn die Kalksättigung im umgebenden Wasser hoch ist. Bei einem niedrigeren pH-Wert nimmt der Gehalt an Kalziumkarbonat im Meer dagegen ab. „Wir fanden bei den Algen aus dem saureren Wasser vorwiegend nur die feinen, von den Algenzellen gebildeten Nadeln. Die Alge kann zwar ungehindert Kalk bilden, es fehlte ihr aber das feste Stützwerk, da der Prozess der Rekristallisation gestört war“, berichtet Wizemann.
Die kleinen Halimeda-Algen mögen auf den ersten Blick unspektakulär wirken. „In wärmeren Küstenregionen sind die Kalkstrukturen toter Halimeda-Algen aber ein wichtiger Bestandteil von Sedimenten“, erklärt ZMT-Forscher Wizemann. „Auf den karibischen Inseln können ihre Skelettteile bis zu 50 Prozent des Strandsandes ausmachen.“ Ist ihr Kalkskelett jedoch schwach ausgebildet und brüchig, kann das weitreichende Folgen haben. Die feinen Kalknadeln lösen sich leichter im Wasser als ein kompaktes Skelett, von den Algen bleibt nach ihrem Tod also nicht mehr viel übrig. Dies wiederum könnte die Entstehung von tropischen Stränden und Korallenriffinseln beeinträchtigen, die zum Großteil aus kalkigen Sedimenten bestehen. Weitere Infos finden Sie auf www.zmt-bremen.de