News

Methanhydrate drohen sich aufzulösen

Die Durchschnittstemperaturen der Atmosphäre steigen, die der Meere auch. Nicht nur Organismen reagieren darauf empfindlich. Vor allem an den Übergängen von den flachen Schelfmeeren zur Tiefsee, an den Kontinentalhängen, lagern riesige Mengen von Methanhydraten im Meeresboden. Diese spezielle, eisähnliche Verbindung von Wasser mit Methangas bildet sich nur bei niedrigen Temperaturen und unter hohem Druck. Wenn die Wassertemperaturen direkt über dem Meeresboden steigen, könnten sich Teile des Methanhydrats auflösen und das bisher gebundene Methan freisetzen. „Mit diesem Szenario sind zwei Befürchtungen verbunden: Erstens, dass große Mengen des starken Treibhausgases in die Atmosphäre gelangen, und zweitens, dass die Kontinentalhänge instabil werden“, erklärt der Geophysiker Professor Christian Berndt vom Geomar/Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Er leitet eine Expedition mit dem deutschen Forschungsschiff „Maria S. Merina“, die ab dem 13. August 2012 in den Gewässern vor der Westküste Spitzbergens untersucht, ob sich dort wirklich die ersten Methanhydrate im Meeresboden auflösen und welche Folgen das haben könnte.

Expedition in 400 Meter Tiefe
Die Forschungsfahrt baut auf Untersuchungen Kieler Meeresforscher auf, die bereits 2008 in dem Seegebiet gearbeitet haben. Damals fanden sie mehr als 250 Stellen, an denen Gas aus dem Meeresboden austritt. „Diese Stellen liegen genau an der Grenze des Bereichs, in dem die Hydrate eigentlich stabil sind“, erklärt Professor Berndt, „die Vermutung liegt also nahe, dass die Hydrate sich vom Rand her aufzulösen beginnen“. Während der aktuellen Fahrt wollen die Kieler Forscher zusammen mit Kollegen aus Bremen, aus der Schweiz, aus Großbritannien und aus Norwegen herausfinden, ob die beobachteten Gasaustritte wirklich ein Beleg für sich auflösende Gashydrate sind und ob in diesem Fall die Erwärmung des Meeresbodens die Ursache ist.
Mit Hilfe von Echoloten suchen die Forscher dazu nach weiteren Gasquellen, um die Gesamtmenge des austretenden Gases zu bestimmen. Mit Deutschlands einzigem Forschungstauchboot „Jago“ werden sie sich dann ein genaueres Bild von den Austrittsstellen in bis zu 400 Metern Wassertiefe machen. „Für uns ist zum Beispiel interessant, ob sich spezielle Mikroorganismen rund um die Gasquellen angesiedelt haben, die das Methan abbauen können, bevor es durch das Wasser in die Atmosphäre gelangt“, erklärt Professor Tina Treude vom Geomar, die die mikrobiologischen Arbeiten während der Expedition leitet.

Die Hänge drohen abzurutschen
Parallel werden Geophysiker unter Leitung von Professor Sebastian Krastel vom Geomar mit akustischen und seismischen Methoden nach Anzeichen für Instabilitäten in den Hängen unter den Gasaustrittsstellen suchen. „Die Methanhydrate wirken an diesen Hängen wie bindender Zement. Sollten sie sich auflösen, besteht die Möglichkeit, dass Teile der Hänge abrutschen“, erklärt Professor Krastel, der sich am Geomar mit marinen Naturgefahren befasst. „Insgesamt ist das Programm der Fahrt sehr umfangreich. Jetzt hoffen wir, dass das Wetter mitspielt, damit wir alle geplanten Untersuchungen durchführen können“, sagt Fahrtleiter Christian Berndt kurz vor der Abreise nach Island.

Weitere Informationen findet ihr auf www.geomar.de/forschen/expeditionen.