Dr. Meike Stumpp setzte hochmoderne Mikro-pH-Elektroden ein und entwickelte neue Testverfahren, um die Verdauung und Verdauungsenzyme der Larven zu untersuchen. Sie bewies, dass die Verdauung länger dauert und weniger effektiv ist, wenn die Larven in angesäuertem Seewasser leben. „Meine Messungen zeigten eine sehr starke Abhängigkeit der Verdauung vom pH-Wert“, erklärt Stumpp. „Die Enzyme in den Mägen der Seeigel funktionieren bei hohen pH-Werten optimal. Das unterscheidet diese Organismen eindeutig von Säugetieren, deren Magenflüssigkeit sauer ist und deren Enzyme bei niedrigen pH-Werten am besten arbeiten.“
„Im angesäuerten Wasser mussten die Larven mehr Energie aufbringen, um den hohen pH-Wert in ihren Mägen zu erhalten“, stellt Dr. Marian Hu fest. Der Co-Erstautor der Studie wies mit Antikörper-Färbe-Verfahren eine hohe Konzentration von pH-regulatorischen Zellen an der inneren Magen-Oberfläche nach. Kulturexperimente und Fütterungsversuche zeigten, dass die Larven deutlich mehr fressen, um die verringerte Effizienz der Verdauung zu kompensieren.
„Da sich frühere Studien vor allem auf das Verständnis der Kalkbildung konzentrierten, wurden andere lebenswichtige Abläufe wie Verdauung und die Regulierung des pH-Werts im Magen vernachlässigt“, urteilt Meike Stumpp. „Wir können nun zeigen, dass sie viel mehr Aufmerksamkeit verdienen.“ „Alle Lebensprozesse werden von Enzymen ausgeführt oder gesteuert. Sie sind der Schlüssel für das Verständnis der Funktionen und Reaktionen von Organismen und Ökosystemen in einer sich verändernden Welt“, ergänzt AWI-Wissenschaftler Dr. Reinhard Saborowski.
„Wenn die Organismen den zusätzlichen Energiebedarf, der sich durch die Ozeanversauerung ergibt, nicht durch die Nahrungsaufnahme decken können, wachsen sie eventuell schlechter oder sind weniger fruchtbar. Im Extremfall sterben sie“, unterstreicht Dr. Sam Dupont von der Universität Göteborg, Senior-Autor der Studie.
Die schwedischen und deutschen Forscher haben mehrere Jahre in die Entwicklung ihrer Techniken investiert. „Die Verdauung von Larven zu untersuchen, ist nicht einfach“, räumt Dupont ein. „Schließlich sind die Larven nur einen Fünftel Millimeter lang. Aber jetzt sind wir in der Lage, diesen wichtigen Prozess zu analysieren. So erhalten wir einen Eindruck davon, wie Seeigel-Larven auf zukünftige Lebensbedingungen reagieren könnten.“
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