Im Vergleich zu vielen anderen Kopffüßern lebt der Vampirtintenfisch ein eher beschauliches Leben. In Meerestiefen von 500 bis 3000 Metern ernährt er sich von Planktontierchen und herabsinkenden organischen Teilchen. Auf Sprinterqualitäten wie bei Verwandten, die in Küstennähe andere Meerestiere jagen, kommt es bei ihm also nicht an. Eine weitere Besonderheit der Vampirtintenfische ist, dass sie auch mit sauerstoffarmen Bedingungen klar kommen. „Trotz seines bedrohlich klingenden Namens ist der Vampirtintenfisch also ein eher friedlicher und genügsamer Geselle“, sagt Dr. Hoving.
Bei der Untersuchung von Exemplaren, die im Santa Barbara Museum of Natural History (Kalifornien, USA) konserviert sind, stießen Hoving und seine Kollegen eher zufällig auf eine weitere Besonderheit: Viele der Weibchen hatten bereits Eier hervorgebracht, enthielten aber keine reifen Eier beziehungsweise die Entwicklung der Eier war in einer Fortpflanzungsruhephase. Daraufhin haben die Forscher den Reproduktionsstatus von mehr als 40 weiblichen Vampirtintenfischen ausgewertet. In Current Biology berichten sie, dass eines der untersuchten Weibchen schon mindestens 3800 Eier freigesetzt hatte. Dennoch fanden die Biologen weitere 6500 lebensfähige Eizellen für zukünftigen Laich. Da bei einem durchschnittlichen Laichvorgang etwa 100 Eier freigesetzt werden, vermuten die Forscher, dass dieses eine Weibchen schon über 38 Mal gelaicht hat und Reserven für mindestens 65 weitere Laich-Episoden gehabt hätte.
Während andere Tintenfische sich also nur einmal spät in ihrem Leben reproduzieren, scheinen Vampirtintenfisch-Weibchen zwischen Fortpflanzungs- und Ruhephasen zu wechseln. „Der langsamere Lebensrhythmus dieser Tiefseetintenfische ist wohl nicht geeignet, um alle Energie auf einmal in die Produktion von Eiern zu stecken, wie das bei anderen Kopffüßern der Fall ist“, sagt Dr. Hoving, „vielleicht muss er deshalb nach jedem Fortpflanzungszyklus zu einer Keimdrüsenruhephase zurückkehren, um Energie für den nächsten Zyklus zu tanken.“ Die Ergebnisse legen außerdem die Vermutung nahe, dass Vampirtintenfische deutlich länger leben als ihre Verwandten im Flachwasser.
Die Autoren betonen, dass andere Tintenfisch-Arten im offenen Ozean oder in der Tiefsee durchaus ähnliche Lebenszyklen aufweisen könnten. „Wir wissen sehr wenig über Tiefseeorganismen und deren Lebensweisen“, sagt Dr. Hoving, „die Muster, die wir von Küsten- und Flachwasserorganismen kennen, müssen dort nicht gelten.“ Deshalb sei es wichtig, das Wissen über Organismen im freien Wasser und in der Tiefsee deutlich zu verbessern, betont der Meeresbiologe: „Schließlich ist diese Region der größte Lebensraum auf dem Planeten.“ Ein besseres Verständnis dieses riesigen marinen Ökosystems wird auch zu nachhaltigeren Nutzungsstrategien und besseren Schutzkonzepten führen. Weitere Infos finden Sie auf www.geomar.de