In der Stille höre ich nichts außer meinem Atem. Die Stirnlampe beleuchtet den Dampf, der aus meinem Mund kommt. Ich versuche, ruhig zu atmen. Ich fühle mich erschöpft. Drei mühsame Gänge sind nötig, um das schwere Equipment – das Kreislaufgerät, die stages und die Kameraausrüstung – zum Einstieg ins Wasser zu bringen. Mein Körper muss sich abkühlen und alle Energiereste mobilisieren, bevor ich zur dritten und letzten Runde aufbreche.
Was motiviert Taucher dazu, eine so anspruchsvolle Vorbereitung für eine kurze Zeit unter Wasser auf sich zu nehmen? Ist es die Begeisterung über all die Farben da unten? Oder vielleicht die Hoffnung, einen wertvollen Opalstein zu finden?
Schließlich erzählt die Legende, dass der römische Senator Nonius von der Schönheit seines Opalrings so besessen war, dass er lieber im Exil lebte, als seinen wertvollen Opal zugunsten des Kaisers Marc Anton aufzugeben.
Im Moment habe ich zwar das Gefühl, dass ich mich lieber ausruhen würde, als zu tauchen. Aber mein Ehrgeiz, schöne Unterwasserbilder einzufangen, hat sich ebenfalls in eine Art Besessenheit verwandelt.
Eine schlammige Treppe in die Dunkelheit
Draußen leuchten die Bäume in herbstlichen Farben. Jozef, das Portal zum Bergwerk, liegt auf einer kleinen Wiese unter einem Laubwald. Kilometerlange Stollen führen aus der Dunkelheit an die Oberfläche und enden mit einer Reihe von Eingängen. Einige sind bekannt und werden gelegentlich besucht, während die anderen in Vergessenheit geraten sind und im umliegenden Wald friedlich den kalten Geruch der Vergangenheit verströmen.
Heutzutage ist Jozef der einzige, der als Eingang zum Untergrund genutzt wird. Durch die massive Holztür, die den Eingang bewacht, strömt eine kühle Brise nach draußen.
Als ich die Unterwelt betrete, ändert sich die Atmosphäre dramatisch. Hinter der dicken Holztür werden die angenehme, warme Brise und der Geruch von herabgefallenen Blättern durch schwere, feuchte, acht Grad Celsius kalte Luft ersetzt. Mit der schweren Last auf dem Rücken laufe ich durch eine Reihe von horizontalen Tunneln und passiere mehrere Kreuzungen.
Die 100 Jahre alten Kerben der Hacken sind noch immer an den bunten Wänden sichtbar. Die Befürchtung, mich in dem labyrinthartigen Tunnelgeflecht zu verirren, hindert mich daran, die Mineralienmuster genauer zu betrachten. Doch um später den Rückweg zu finden, präge ich mir die umliegenden Zeichen und Formen so gut wie möglich ein.
Galerie der Kunstwerke
Oft bleibe ich stehen, drehe mich um und versuche, den Blick nach hinten noch genauer abzuspeichern. Schließlich führt mich eine 120 Meter lange, schlammige Treppe hinunter auf die unterste trockene Ebene. Der Eingang zum kristallklaren Wasser ist jetzt gleich um die Ecke, das Portal Jozef dagegen über 300 Meter entfernt.
Beladen mit Kreislaufgeräten, stages, meiner Kameraausrüstung und einigen externen Blitzgeräten tauchen wir durch einen 45-Grad-Schacht. Am Eingang haben wir einiges Sediment aufgewirbelt, daher geht die Sicht auf den ersten Metern gegen Null. Aber sobald die trüben Wolken hinter uns liegen, eröffnet sich eine völlig andere Welt.
Erst jetzt zeigen sich die wirklichen Bilder. Anders als in den trockenen Bereichen sind die Wände hier unten mit Mineralien beschichtet. Die gleichen Mineralien, die sich im Wasser auflösen und in winzigen Strömen durch die Risse im Erz wandern, oxidieren in leicht saurem Wasser und bilden einen »rostigen« Schild auf der Oberfläche der Felswände.
Eine verborgene Unterwasser-Galerie, in der die gleiche Farbe für verschiedene künstlerische Methoden verwendet wird. Außerdem hält das saure Wasser die Gemälde staubfrei und konserviert sie unter besten Bedingungen. Während ich durch die Tunnel tauche, verändern sich die Malereien an den Felsen.
Sediment verhindert Suche
In einem flachen Korridor, etwa 200 Meter im Inneren, erstrahlen die Wände im Licht unserer Lampen in leuchtendem Lila. Die nächste Kammer ist in Orange gehalten. Der Gang durch die Unterwelt fühlt sich an, als würde man von einer Ausstellung zur nächsten gehen, von einer melancholischen Stimmung in die nächste wechseln.
An einigen Stellen bleibt das ausgeatmete Gas unter der Decke gefangen und bildet Gaskapseln. Einige von ihnen sind groß genug, um das Licht der Taucherlampe zu reflektieren und es in ein glitzerndes Tuch auf dem Boden und den bunten Wänden zu verwandeln. Wenn sich die Gaskapseln bewegen, kommt das Farbenspiel besonders gut zur Geltung.
Vielleicht bin ich verrückt, aber all die Farben und das schimmernde Licht erinnern an nichts anderes als an Opal-Edelsteine. Oder vielleicht bin ich von dieser Schönheit besessen, genau wie anno dazumal Senator Nonius. Oder vielleicht stellt mein Gehirn allmählich die Arbeit ein, weil die Kälte unaufhaltsam in den Anzug kriecht.
Mit dem Abstieg auf tiefere Ebenen nimmt die Menge an Sedimenten auf dem Boden zu, und der Mineralschild an den Wänden wird dicker. Auf den untersten Tunneln der Mine wurden die hochwertigsten Opale gefunden. Von hier aus wurde vor etwa 240 Jahren der größte Edel-Opal der Welt mit einem Gewicht von 3035 Karat (594 Gramm) ans Tageslicht gebracht.
Opale?
Ich frage mich, ob hier noch Opale auf dem Boden liegen oder im Fels stecken und darauf warten, entdeckt zu werden. Vielleicht sollte ich es mal versuchen und genau hier graben. Vielleicht werde ich ja über Nacht reich. Obwohl die Versuchung groß ist, verhindert die Schicht aus superfeinem Sediment jeden Versuch der Suche, da sie die Sicht sofort einschränken und eine potenzielle Gefahr für mich und meinen Tauchpartner darstellen würde.
In den endlosen Gängen sind die Spuren menschlicher Bergbauarbeit wie alte Leitern, Hacken und Gleise erhalten geblieben. Die Zeit ist hier vor einigen hundert Jahren stehen geblieben. Wenn man bedenkt, dass jedes Stück, jedes Teil dieser Gerätschaften mehr als 100 Jahre alt ist, schmeckt jeder Atemzug nach Geschichte.
Man kann sich vorstellen, wie die Arbeiter im Jahr 1918 ihre Werkzeuge auf dem Boden liegen ließen, weil sie wussten, dass es am nächsten Tag keinen Arbeitstag mehr für sie geben würde. Die Kälte dringt tief in meine Knochen. Ohne Unterlass muss ich meine Finger bewegen, um sie funktionsfähig zu halten. Selbst das Drücken des Kamerauslösers fällt mir schwer.
Ein Mineralien-Märchen
Tief in diesem vulkanischen Berg sind Eisenoxide allgegenwärtig. Durch die Schwerkraft und den Kontakt mit saurem Wasser bilden sich rostige Stalaktiten, die mehrere Dutzend Zentimeter lang sind. An manchen Stellen sieht die Dekoration genauso reichhaltig aus wie in Kalksteinhöhlen. Allerdings sind diese Strukturen nicht nur farbenprächtig, sondern auch zerbrechlich. Schon eine Berührung durch ausgeatmete Luftblasen kann sie zerstören.
Es bedarf besonderer Sorgfalt, um sie unberührt zu erhalten. Die tiefsten Gänge in dieser Mine erinnern an ein Märchen. Die reichhaltige Mineralien-Konzentration lässt die Farben besonders lebendig erscheinen, während der Boden mit gelbem, feinem Limonitpulver bedeckt ist. Eine dünne Staubschicht schwebt wie Morgennebel über dem Grund.
Hunderte von Tonnen vulkanischen Materials wurden hier seinerzeit auf Schienen an die Oberfläche gebracht. Aber noch mehr Aushubmaterial wurde in »toten Tunneln« gelagert und durch die Schaffung künstlicher Wände abgesperrt. Während die natürlichen Wände stabil sind, stellen die künstlichen Mauern eine potenzielle Gefahr dar.
Gelegentlich stürzen sie auch ein – und dann versperren sie den Tunnel, verschütten die Führungsleine und lassen den Taucher ohne Sicht zurück. Eine wahre Horrorvorstellung. Aber daran denke ich jetzt nicht. Im Moment genieße ich das intensivste Farbenspiel, das sich ein Höhlentaucher auf dieser Welt nur wünschen kann.
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Weitere Infos, Kontakt und Tauchgangs-Buchung (für Full cave diver, Mine diver oder Experience cave diver): www.opalmine.eu