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Die sieben Brüder Dschibutis – ein Muss für Unterwasserfreaks

Bei »Brothers« denkt man sofort an die ägyptischen Brother Islands. Doch wir widmen uns hier der Inselgruppe der Seven Brothers in Dschibuti, die vorgelagert vor Ras Siyyan im türkisblauen Ozean liegen – dort, wo sich Rotes Meer und Indischer Ozean treffen.

Harald Hois

TEXT: Harald Hois

Das sympathische Ehepaar Juliette und Olivier Saunier hat ein Buch mit den besten Tauchplätzen Dschibutis auf den Markt gebracht. Kaum jemand kennt die Hotspots der Gewässer zwischen dem Golf von Tadjoura, Golf von Goubet und den Seven Brothers besser als sie.

Was für ein Glück, die beiden auf der Tour zu den Seven Brothers mit an Bord zu haben! Rund um Olivier und Juliette gesellt sich eine Gruppe von 14 Franzosen, der Schiffseigner der M/Y »Lucy«, Dawit W. Michael Gebre-ab, sowie einige weitere Gäste. Die Tauchtour zur entlegenen Inselgruppe der Seven Brothers startet im Hafen von Dschibuti-City.

Anspruchsvoller Einstieg

Der erste Tauchgang soll an einem der berühmten Wracks, die in Reichweite von Dschibuti-City liegen, erfolgen. Die »Le Faon« liegt auf einer Tiefe von gut 27 Metern, eine satte Tiefe für einen Checktauchgang. Wie bei allen Abstiegen an den Seven Brothers wird schon in der Reiseausschreibung darauf hingewiesen, dass sich die Touren zu diesen Inseln vornehmlich für arrivierte, strömungssichere Taucher eignen.

Das fälschlicherweise »Le Faon« benannte Wrack heißt übrigens S.S. »Archon Raphael«. Das Cargo-Schiff wurde 1944 in New England gebaut und sank am 27. Februar 1968 südlich der Moucha-Inseln. Wir erwischen tolle Bedingungen an dem Wrack. Die Strömung ist relativ gering, die Sichtweite gut. Die Aufbauten der »Archon Raphael« ragen auf etwa sieben Meter Tiefe ins Azurblau. Sie liegt backbordseitig im Sand. Mit ihrer Länge von 90 Metern ist sie kaum als Ganzes einsehbar, bietet aber jede Menge Möglichkeiten, ins Innere vorzudringen.

Mächtige Ladeluken gewähren einfaches Eindringen ins Wrackinnere, das von Füsilieren, Wimpelfischen und Zackenbarschen bevölkert wird. Als zweiten Tauchgang sieht Olivier »La Patate« vor. Wir bleiben daher noch südlich der Moucha Islands. Bei acht bis zehn Metern Sicht geht es runter bis auf knappe 20 Meter.

Üppiger Steinkorallenbewuchs, weiter unten auch schwarze Korallen, die eine oder andere Sepie, vor allem aber Peitschenkorallen laden hier zum Verweilen ein. Noch in derselben Nacht bringt uns die M/Y»Lucy« hinaus zu den Seven Brothers, wo die folgenden viereinhalb Tage geankert wird.

Das Tauchschiff

Die M/Y »Lucy« ist ein sehr komfortables Tauchsafarischiff, gebaut in Ägypten, bevor der neue Eigentümer Dawit jede Menge Geld und Fleiß ins Schiff steckte, um es weiter aufzupeppen. 22 Gäste finden hier bequem Platz. Die exzellent abgestimmte, sympathische Crew um Captain Abdullah betreut die Gäste perfekt und liest ihnen jeden Wunsch von den Lippen ab.

Täglich frischer Fisch, ein feines Angebot an Beilagen, Salaten sowie Früchten zählen an Bord ebenso zum Standard wie Bier vom Fass und eine Auswahl an Weinen. Dem Tauch- und Wohlfühlerlebnis steht hier somit nichts im Weg.

Der Besuch der weißen Dame

Frühmorgens erwartet uns die »White Lady« oder auch Dame Blanche nordöstlich von Ras Siyyan. 130 Meter soll sie lang sein und auf einer Tiefe von 30 Meter liegen. Weitere historische Daten des Schiffs liegen nicht vor. Und wieder ist uns das Glück hold! Bei angenehmer, leichter Unterwasser-Brise gleiten wir am Ankerseil entlang bis zum Wrack.

Jetzt verstehen wir auch, warum das Schiff »White Lady« heißt: Über und über zieren »weiße« Gorgonien große Teile des Schiffsrumpfs und der Planken. Eigentlich handelt es sich um schwarze Korallen, die ihre weißen Tentakel gierig in die Strömung richten, um Plankton aus dem tiefen Blau herauszufiltern.

An vielen Positionen dringen wir ins Wrackinnere vor und stören dabei riesige Zackenbarsche in ihren Wohnzimmern. Ich kann mich kaum erinnern, jemals größere Exemplare gesehen zu haben. Unzählige Fische haben in der »White Lady« ihren Lebensraum gefunden, auch Stachelrochen, Weißspitzen-Riffhaie und Schildkröten kommen vorbei.

Auf einem einzigen Tauchgang ist das Wrack nicht zu bewältigen, und wir beschließen, auf dem Rückweg von den Seven Brothers nochmals hier anzuhalten, um ein wenig mehr zu entdecken. Die »White Lady« zählt unbestritten zu den Highlights der Tour, schon allein wegen ihrer wunderbaren Flora und Fauna, aber auch wegen ihrer imposanten Ausmaße. Nach der Lady setzen wir mit unserer »Lucy« Anker an der »Ile Grande« (Kadda Dabali) und tauchen nun von den beiden Feluken aus.

An den Brothers

An den folgenden Tagen nehmen wir uns ausgiebig Zeit für Tauchgänge rund um die sechs Inseln. Doch wo ist die 7. Insel? Es heißt doch »Seven Brothers« und nicht »Six«? Captain Abdullah klärt auf, dass Ras Siyyan einer Halbinsel gleich ins Meer ragt und historisch als Teil der »Sieben Brüder« gilt.

Bei »Tolka« gleiten wir entlang eines wunderschönen, dichtbewachsenen Hartkorallenriffs bis zu zwei kleinen Grotten, die mehrere Meter in die Finsternis führen. Stachelrochen legen sich hier, wo auch jede Menge Langusten hausen, gern zum Schlafen. Rote Riffbarsche patrouillieren an den beiden Eingängen, die sehr flach in fünf Metern Tiefe direkt unter der Brandung liegen und selbst für Ungeübte leicht zu entdecken sind.

Der »Arch«, also Bogen, liegt in 15 Metern Tiefe. Hier heißt es zunächst, sich mit der Strömung »hinunter treiben zu lassen«, um danach im Schatten der Felsen der Insel wieder auf das Niveau der beiden Grotten zu gelangen.

Strömungsspiele

Besonders gefällt uns der »Japanische Garten«, der hinter der »Ile Grande«, dem Ankerplatz der Lucy liegt. Unberührte Riffe, intakte, mächtig aufragende Steinkorallen, Süßlippenschwärme, Rotbarsche, Barrakudas und schlafende Ammenhaie ziehen uns hier in den Bann. Wir betauchen den Spot zweimal.

Einmal bei kaum vorhandener Strömung, und ein zweites Mal mit reichlich Tempo, ein bis zwei Metern pro Sekunde. Da taucht man dann schon mal einen Kilometer später erst wieder auf. Aber die Crew der »Lucy« checkt das alles wunderbar und ist stets in Reichweite der Taucher an der Wasseroberfläche zugegen.

Herausforderung

La Marche, ein sehr fordernder und auch nicht ganz ungefährlicher Tauchplatz, an dem es immer strömt, belohnt mit Sichtungen von Schwarzspitzen-, Weißspitzen- und Grauen Riffhaien, dazu riesigen Netzmuränen, Schildröten und mit viel Glück sogar mit Delfinen. Besonders tricky ist hier der Abstieg, wo es gegen die Strömung hinunter auf 35 Meter geht. Am vermeintlichen Strömungsschatten geht es dann je nach Lust und Laune des bewegten Wassers unter Beihilfe der Hände am Riff hochhangelnd zurück.

Einfach treiben lassen

Relaxtere Tauchgänge bietet die Ile de L’Est, die beiderseits Abhänge aufweist, die in Maximaltiefen von rund 17 Metern führen und dann in ebene Sandflächen übergehen. Die Flanken der Ile de L’Est sind mit Spalten und Einschnitten gespickt. Je nach Strömung geht es ganz easy linke oder rechte Schulter entlang.

Sehen kann man unterschiedliche Haiarten, oft auch Delfine und Schildkröten, vor allem aber ein intaktes Hartkorallenumfeld. Die beste Zeit für Tauchgänge hier ist nachmittags. Gern bietet die Crew der »Lucy« hier auch Nachttauchgänge an, sofern die Strömung es erlaubt. Oft wird nachts sogar direkt von der »Lucy« entlang der Großen Insel getaucht.

Kleine Sensation

Was jetzt kommt, ist spektakulär. Nein, mehr noch als das! Dawit hat am vorletzten Tag etwas Besonderes für uns geplant: Seit drei Jahren recherchiert er den Platz, an dem ein italienisches U-Boot liegen soll. Noch nie zuvor war jemand an dem hier angeblich in der Enge von Bab-el-Mandeb liegenden Unterseeboot tauchen.

Wracktauchen vom feinsten! Neben den CargoSchiffen »Archon Raphael« und »White Lady« zählt das italienische U-Boot zu den herausragenden Highlights der »Sieben Brüder«.

Eine Gruppe von sechs Auserlesenen sollte es jetzt also sein, die sich stundenlang mit Vorbereitungen, Suche per Sonar und Tauchgängen befasste, um schließlich die »Evangelista« zu erkunden. Die 74 Meter lange »Evangelista« steht aufrecht in 41 Meter Tiefe und ist, ebenso wie die »White Lady«, übersät mit »weißen« Gorgonien. Um sie herum wuseln Blaustreifen-Füsilierschwärme und sogar Leopardenhaie. Spektakulärst! Ab sofort wird die »Evangelista« für alle Gäste der MY »Lucy« fix ins Tourprogramm aufgenommen.

Was am Ende noch bleibt

Die Seven Brothers vor Dschibuti sind mehr als nur irgendeine Inselgruppe. Sie zählen zu den spektakulärsten Tauchdestinationen weltweit. Ein »Muss« für Unterwasserfreaks, die hier das Unerwartete erwarten dürfen. Und wenn man schon in der Gegend ist, sollte man sich auch Dschibuti-City anschauen, am besten mit einem Guide von Siyyan Travel. Der Präsidentenpalast, die mit türkischer Hilfe erbaute Abdulhamid II. Moschee, der Place Mahmoud Harbi, mit eine der ältesten Moscheen des Landes, die Hamoudi-Moschee sowie ein lauter, chaotischer Markt im Zentrum sind sehenswert.t

Dschibuti ist ein hauptsächlich französisch- und arabischsprachiges Land am Horn von Afrika. Steppen, vulkanische Formationen und Strände am Golf von Aden prägen die Landschaft. Besucher können ein elektronisches Visum (eVisa) erhalten (Antrag online https://www.evisa.gouv.dj/).

Reiseinformationen Dschibuti

Anreise:
Ethiopian Airlines fliegt den Internationalen Flughafen von Dschibuti ab Frankfurt/M. an.

LOKALER Reiseveranstalter:
Siyyan Travel & Leisure SAS: www.siyyan.com

Tauchreiseveranstalter:
(kein Anspruch auf Vollständigkeit):
AS Tauchreisen, www.as-tauchreisen.de
Fish & Trips, www.fish-trips.com
Waterworld, www.waterworld.at

TourismusInformationen:
https://guide.visitdjibouti.dj/