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Eine für alle – wenn das Timing stimmt

Die Malediven-Resortinsel Rannalhi macht alle glücklich. Ein Dorado für Familien, Flatrate-Taucher und Tauchbeginner. Aber: Das Timing muss stimmen.

Daniel Brinckmann

So müssen sich Füchse mit offenem Zugang zum Groß-Hühnerstall fühlen. Mit einem Knall wie ein kurzes, gewaltiges Donnergrollen wechselt die Wand von Füsilieren panisch die Richtung, getrieben von Hundezahn-Thunfischen, die wie Pfeile in das marine Flatrate-Buffet schießen. Im Gefolge schlagen auch ein paar Grauhaie mit heruntergedrückten Brustflossen und offenem Maul Haken im Schwarm, und ein paar todesmutige kleine Zackenbarsche sichern sich den Beuteverschnitt.

Mit der Jagdrichtung verschieben sich die Fischwolken in Wogen. Und obwohl sich das Spektakel eher im strömungsreichen Freiwasser abspielt, beäugen einen gerade die Thunas mit starrem Blick: »Hilf mir doch beim Einkreisen der Beute, du komisches blubberndes Ding«. Keine Frage, ein Füsilier am Rande des Schwarms möchte man am eigentümlich betitelten Tauchspot »Admiral 1« nicht sein.

© Daniel Brinckmann – Ammenhaie sind friedliche Tiere, die auch Schnorchler am Hausriff von Rannalhi aus nächster Nähe beobachten können. Dennoch gilt: Bitte nicht anfassen

Ausgerechnet dort, am mit fünf Minuten Fahrzeit nächstgelegenen Bootstauchplatz von Rannalhi, steht die filmreife Schau des ewigen Kreislaufs von Fressen und Gefressen werden beinahe auf der Tagesordnung. Wenn sich frühmorgens oder spätnachmittags vor Ort ein gut sichtbares Kräuseln an der Wasseroberfläche regt, dann steht das meist nicht für riffkanaltypische Achterbahnströmung, sondern für »Mayday! Schwarmfisch in Not!«

Kontrast am Hausriff

Zwei Stunden nach dem Vorbeiflug am umschwärmten Gipfel im Kanal stehen wir im hüfthohen Wasser vor der Leiter, die von der Tauchbasis schnurstracks ins Hausriff führt. Selbst DivePoint-Urgestein Hameed Mohamed amüsiert das Kontrastprogramm: »Eben sind dir noch deine eigenen Luftblasen um die Ohren geflogen. Und jetzt siehst du, wieso bei uns auf Rannalhi niemand Angst vor‘m Tauchschein haben muss«.

© Daniel Brinckmann

Ob es nun die erste Tuchfühlung mit der Unterwasserwelt ist oder die entspannte Pirsch im Buddy-Team nach den Bootstauchgängen: Mehrere Einstiege führen zu Fischkinderstuben und künstlichen Riffen im Süden, intakten Korallen im Norden, Makro-Motiven wie Schaukel- und Geisterpfeifenfischen sowie Ammenhaien, die üblicherweise allmorgendlich im Bereich des Versorgungsstegs herumlungern.

Allrounderin

Das vielfältige Hausriff steht sinnbildlich für die Allrounder-Qualitäten der Insel Rannalhi. Am Nordende des Süd-Male-Atolls tauchstrategisch äußerst günstig gelegen, ist sie quasi die real existierende eierlegende Wollmilchsau unter den Malediven-Inseln. Und eine ideale Wahl für den allerersten Urlaub im Reich der Atolle. Wieso? Mit 400 mal 150 Metern Fläche ist diese Resortinsel weder zu klein noch zu weitläufig.

© Daniel Brinckmann

Das Tauchrevier bietet im Radius von maximal einer Bootsstunde zwischen Hai- und Adlerrochen-Schwärmen, Wracks, Bilderbuch-Korallen, Manta Point, strömungsreichen Thilas und entspannten Giris alles, wofür die Malediven jenseits der Wasseroberfläche stehen. Das Adaaran Club Resort unter srilankischer Leitung bietet erstklassige Unterkünfte und opulente Buffets, kommt aber nicht prätentiös daher.

Hinter der ersten Vegetationsreihe am Strand schmiegen sich nicht etwa die typischen Strandbungalows zwischen Kokospalmen und Würgefeigen, sondern zweistöckige Doppelbungalows mit je vier Standard-Zimmern, was tatsächlich ein wenig an mediterrane Clubanlagen erinnert. Bei Alleinreisenden und geselligen Naturen steht die lebhaftere Südseite nahe der Cocktail- und Shisha-Bar mitsamt Tanzfläche, Karaoke und Live-Musik hoch im Kurs – »All Inclusive« lässt grüßen.

© Daniel Brinckmann

Familien und Ruhesuchende ziehen oft die abgeschiedene Nordseite mit ihren kleinen Buchten und einfachem Zugang zum Hausriff für Schnorchler vor. Für Taucher bilden die Wohneinheiten der Standard-Kategorie womöglich die entspanntere Wahl gegenüber den Wasserbungalows jüngeren und älteren Datums am Steg auf der Sonnenuntergangsseite. Zumal der für maledivische Verhältnisse sagenhaft breite Strand am Ostende in direkter Nähe zu Tauchbasis und Restaurant selbst in der Hochsaison genügend Freiraum für alle Gäste bietet.

Weil der Puderzuckersand nur gemächlich in die Lagune abfällt, und auch ein Kinderspielplatz nicht fehlt, können auch Eltern einfach mal in Ruhe relaxen oder eine Wellness-Behandlung mit Ozeanblick im »Chavana«-Spa genießen.

© Daniel Brinckmann

Der Taucher ist König

»Was bei nichttauchenden Partnern und Familien auch super ankommt, sind unsere kurzen Fahrzeiten von durchschnittlich 20 bis 45 Minuten. Dank unserer Lage müssen wir nicht zu früh starten und sind nach der morgendlichen Doppeltank-Ausfahrt auch zum Mittagessen wieder zurück«, erklärt Marcus Hauck als Chef der Tauchbasis-Kette DivePoint zumindest einen Teil seines Erfolgsrezepts.

Obwohl Rannalhi keine klassische Taucherinsel ist, bleibt der Flirt mit Nemo und Co. die unangefochtene Aktivität Nummer eins. Es finden schlichtweg genügend pressluftaffine Gäste den Weg dorthin, weil sich der umfassende Service der deutschsprachigen Basis ebenso herumgesprochen hat wie die Lage der Insel als Drehkreuz in einem der besten Tauchreviere der Malediven.

© Daniel Brinckmann – Schicke Sache: Die Gäste des Adaaran Club Rannalhi finden gepflegte Unterkünfte, Restaurants und Bars vor.

Inlandsflug im Kanal

Weil ein Mitarbeiter der DivePoint-Partnerbasis auf der Insel Guraidhoo per Whatsapp für den nächsten Tag herrliche Fischsuppe prognostiziert, investiert die Crew ein bisschen mehr Sprit und kutschiert die Tauchermeute zu einem der aufregendsten Plätze im Atoll. Ein lokaler »Wetterbericht« macht absolut Sinn, wenn es zum launisch-herrlichen »Kandooma Thila« geht. Das tränenförmige Riff mitten im Kanal zum östlichen Außenriff macht seinem Ruf alle Ehre und empfängt uns mit deftiger Strömung.

Sobald der »Windschatten« aber erreicht ist, gehen hier jedem Taucher die Augen über: Fast jede der gelben und orangefarbenen Weichkorallen hat ihre Polypen geöffnet. Junge wie ausgewachsene Grauhaie stehen im Dutzend Schlange an der Putzerstation. Und die Einflugschneise des Geschwaders von Adlerrochen – oft eine eher scheue Spezies – diktiert nur eines: Kopf einziehen. Ob sie »verstehen«, dass Taucher bei Strömung eine völlig hilflose Spezies sind, sei einmal dahingestellt.

Doch kommen die Knorpelfische an diesem Platz so nahe heran wie nur selten, wenn kein Futter im Spiel ist. Auch wenn die Kamera notgedrungen am Körper bleibt, fesselt uns das Spektakel so sehr, dass wir an Napoleons, Makrelen und Schildkröten nur noch beim Austauchen vorbeisausen. »Wer von euch will denn gleich Mantas sehen?«, fragt Guide Hameed, nachdem die Neoprenshortys abgestreift und die Obstsnacks verteilt sind.

Klar, dass die Hände im Akkord nach oben gereckt werden. Vielleicht sind es jetzt im Oktober die letzten beiden Flügelrochen der Saison, die sich an der fünf Minuten entfernten Unterwasser-Waschstraße in den trüben Fluten kurzzeitig die Kiemen polieren lassen. Sie hätten ruhig länger bleiben können. Doch zu überlegen, ob die »Cocoa Corner«, die kerngesunden Tischkorallenplateaus am »Faana Thila« oder die Überhänge der »Rannalhi Caves« vielleicht die bessere Wahl gewesen wären, ist müßig.

Beim Revue-passieren mit DivePoint-Chef Marcus Hauck und Ehefrau Anna bei maledivischem Curry, frisch gebrutzeltem Saté und Penne Alfredo stellt sich die Gewissheit ein, dass sich die erste Hälfte des Tauchtags eigentlich ganz gern wiederholen darf. Dass das auch nach Jahrzehnten noch tauchbegeisterte Ehepaar seine maledivischen Zelte angesichts von Basen auf sieben Inseln ausgerechnet auf Rannalhi aufgeschlagen hat, kommt sicher nicht von ungefähr.

Zumal Marcus in diesem Jahr in puncto Taucherlebnis noch mal ein Schippchen draufgelegt hat: »Mit unserem neuen Speedboot sind jetzt auch Tagestouren zu den Walhaien im Ari-Atoll und zu den Ammenhai-Rudeln von Alimatha möglich«, verrät der fröhliche Pfälzer und schiebt die Pointe amüsiert hinterher: »Nur für den Fall, dass unsere 40 Tauchplätze nicht reichen«.

REISEINFO: Rannalhi / Süd-Male-Atoll / Malediven

Anreise
Neben Gabelflügen über die Golfstaaten oder via Istanbul bieten Condor und Lufthansa ab Deutschland, Swiss ab Zürich und Austrian Airlines Direktflüge zum Internationalen Flughafen Malé (Velana). Die Resort-Insel Rannalhi wird binnen 45 Minuten per Speedboot erreicht.

Unterkunft: Adaaran Club Rannalhi
Die 96 Standardzimmer (38 Quadratmeter) für bis zu drei Gäste verteilen sich in Doppelhäusern mit je vier Wohneinheiten entlang des Inselufers, während 26 Wasserbungalows (57 Quadratmeter) für bis zu zwei Gäste auf dem Steg an der West- und Südseite von Rannalhi ausgegliedert sind. Alle Zimmer verfügen über eine Veranda, Bad, Klimaanlage, Minibar, Strandlaken, Tee/Kaffee-Station, Safe, Telefon, Kabel-TV und Wifi.

Im Hauptrestaurant werden dreimal täglich opulente Buffets mit regionalen und internationalen Speisen kredenzt und gelegentlich auch Themenabende angeboten. Neben einem Coffeeshop gibt es zwei Bars: eine Cocktail- und Shisha-Bar mit Live-Musik über dem Wasser und die Nika Bar auf der Sonnenuntergangsseite.
Ein Wassersportzentrum (Windsurfen, Wasserski, Surfjet) unterDive Point-Leitung, ein Spa/Wellness Center sowie – ideal für Familien – ein Kinderspielplatz sowie Menüs für die kleinen Gäste und Kleinkinderstühle im Restaurant runden das Angebot ab.
Weitere Infos: www.adaaran.com

Tauchen mit Dive Point Maldives
Auf Rannalhi wird täglich eine Doppeltank-Ausfahrt sowie ein flacher Nachmittags-Tauchgang per Dhoni angeboten. Hausriff-Tauchgänge für ortskundige Buddies sind bei entsprechender Qualifikation und Anmeldung jederzeit möglich, Begleitung durch Guides sowie Nachttauchgänge auf Anfrage. Mit dem neuen Speedboot sind auch Tagestouren zum Walhai-Hotspot Maamigili oder den Ammenhai-Rudeln vor Alimatha möglich.

Alle DivePoint-Tauchbasen bilden nach SSI-Standards bis zum Instructor Trainer aus und verfügen über neue Leihausrüstungen. Nach dem Firmen-Motto Tauche mit Freunden auf sicherstem Niveau wird anstelle eines verpflichtenden Checktauchgangs ein Orientierungstauchgang mit kostenloser Übungsoption durchgeführt. Wiederholungsgäste erhalten bis zu 20 Prozent Rabatt. Die obligatorische Tauchversicherung kann vor Ort abgeschlossen werden.

Preisbeispiel
In der Nebensaison kosten zehn Tage/acht Nächte im Standard-Doppelzimmer mit All Inclusive-Paket, Flug mit Turkish Airlines ab/bis Frankfurt und Speedboot-Transfer ab 1947 Euro pro Person.
Bei Vorausbuchung kostet das Buddy-Paket mit 12 Tauchgängen 735 US-Dollar, zuzüglich 228 US-Dollar für ebenso viele Bootsfahrten.
Kontakt/Buchung:
[email protected] und divepoint-maldives.com