Reiseberichte

Blackwater Diving in Palau: Seltsame Kreaturen aus der Tiefsee

Nachttauchgang in Palau: Die größte Tierwanderung des Planeten!

Plötzlich löst sich aus dem dunklem Vorhang ein winziger, silbriger Fisch, schwimmt zielstrebig auf meine Lampe zu, um dann wie hypnotisiert eine U-Form einzunehmen. Ich starre ihn ungläubig an, er bewegt sich nicht mehr. Vorsichtig strecke ich meinen Finger aus. Ein Ruck geht durch seinen Körper, er streckt sich und schwimmt davon. Ich nehme die Verfolgung auf, tauche ihm hinterher. Nach wenigen Sekunden gebe ich auf. Richards Worte fallen mir wieder ein: „Entfernt euch nicht zu weit von der Stange, sonst verliert ihr das Licht aus den Augen.“ Es folgt eine Drehung um 360 Grad, aber da ist nichts als Dunkelheit. Ein mulmiges Gefühl macht sich breit und nimmt Magen und Kopf in Beschlag – verloren im Pazifik? Klingt nicht so gut. Dann höre ich ein leises Klicken und Quietschen, kommt es vom Boot? Es wird immer mehr, immer lauter. Das Geräusch scheint, von überall her zu kommen. Etwas weiter taucht langsam der schwache Schein von Pauls Videolampen auf, ich atme tief und erleichtert durch.

Paul, der glatzköpfige Brite, scheint nichts von meiner Panik, nichts von dem Klicken mitbekommen zu haben. Der UW-Filmer hat etwas entdeckt. Vor seiner Linse schwebt ein Kalmar, wenige Zentimeter lang. Sein Körper leuchtet, er wechselt in Millisekunden seine Farbe. Was für eine Lasershow! Einen Arm hält er wie zum Gruße empor. Der kleine Kerl folgt dem Plankton, das tagsüber verborgen in der Tiefsee lebt. Zur Dämmerung begeben sich Millionen gallertartiger Wesen auf eine Reise nach oben – es ist die größte Tierwanderung unseres Planeten. „Vor Palau haben wir gigantische Tiefseeschluchten und wir sind ganz dicht am Korallendreieck – eine sehr gute Kombi!“, erklärte Richard beim Briefing. „Über 1300 Fischarten leben hier und sie alle haben Babys, die im Plankton leben. Bevor sie ans Riff gehen, schwimmen sie genau hierher, ins Freiwasser.“ Tatsächlich sieht man beim Tauchen unglaublich viele juvenile Fische. Manche sehen ihren erwachsenen Verwandten überhaupt nicht ähnlich. Etliche konnten noch nicht zugeordnet werden.

Eine leere Salpenhülle gleitet an uns vorbei, ich leuchte sie an und entdecke in ihrem Inneren einen winzigen Krebs. Er hält sich tatsächlich fest. Eine schwimmende Ein-Zimmer-Wohnung!

Unliebsamer Besuch: Haien möchte man bei diesem Tauchgang nicht begegnen!
Unliebsamer Besuch: Haien möchte man bei diesem Tauchgang nicht begegnen! Foto: Eric H Cheng/www.seatops.com