So geht Postkartenidylle im November. Kein Mensch weit und breit stört die meditative Ruhe um 8 Uhr, während die Sonne noch lange Schatten auf den Pool wirft, und das Quecksilber an der Zwanzig-Grad-Marke kratzt. Welch ein Alibi, um genüsslich im Liegestuhl zu dösen. Wären da nicht die Delfine, die eine Stunde zuvor die Frühaufsteher am Hausriff munter quietschend begrüßt hatten.
Entsprechend stehen die Zeichen an der Extra Divers-Basis auf »yalla beena« (»ab dafür«), obwohl manche Augenpaare eher noch »shwaya shwaya« (»eines nach dem anderen«) buchstabieren. Innerhalb einer Viertelstunde ist der Jeepney mit Tauchequipment und dessen Besitzern beladen, rollt bis auf den letzten Meter Festland an den nördlichen Steg heran. Noch dreißig Schritte, ein Sprung ins Blau, und eine Sekunde später ist das Staunen groß.
Liebling, ich habe die Taucher geschrumpft
Auf 400 Metern zwischen beiden Hausriff-Stegen und darüber hinaus verläuft nicht etwa ein werbewirksam als Steilwand verkaufter Riffhang, sondern ein Bollwerk, das einem gigantischen Bühnenvorhang mit tiefen Falten gleicht und erst im 40-Meter-Bereich halbwegs abflacht.
Die milde, üblicherweise parallel zum Riff von Nord nach Süd verlaufende Strömung sorgt mit konstanter Frischwasser-Zufuhr dafür, dass die Sichtweiten gefühlt ins Unendliche steigen, und eine wahre Korallenpracht auf den ersten 15 Metern jeden Sonnenplatz vereinnahmt.
Neben den allgegenwärtigen Schwärmen, der auf und ab tanzenden orangefarbenen Fahnenbarsche, schweben überraschend viele junge Doktor- und Falterfische, Meerbarben, Kaiser- und Soldatenfische an Riffdach entlang. Und an den exponierten Kanten wachsen ausladende Kolonien purpurfarbener Weichkorallen.
Am Ende des entspannten One-Way-Tauchgangs sind die Delfine ebenso vergessen wie die regelmäßig auftauchenden Adlerrochen, Barrakudas und Schildkröten. Wäre da nur nicht der strahlende französische Sportsfreund, der uns am Süd-Steg mit der hilfsbereiten Crew erwartet: »The Sharke Whäle was bigge – faiv metöhr, what you thinke?«, fragt der gute Mann namens Thierry Montpassant, während wir ihn nur entgeistert anstarren.
Tja, wäre man mal nach links abgebogen … Der Lyoner »überwintert« seit Jahren im Akassia und verlässt das Hausriff nach knapp 500 Tauchgängen nach eigener Aussage für kaum einen anderen Platz. »Hallo, Elphinstone Reef? Dugong?« möchte man fragen. Doch der Familienvater winkt ab: »Alles längst gesehen.
Für mich ist das Hotel ideal, weil ich meine Frau und meine Kinder nach dem Tauchen direkt am Frühstückstisch wiedertreffe, wenn sie dann nicht schon im Wasserpark von Rutsche zu Rutsche springen oder am Strand liegen.
Dorf in Vorzugslage
Das frisch renovierte und ohnehin moderne Akassia Beach Resort ist in jeder Hinsicht weitläufig: Vom 500 Meter langen Strand – übrigens einer der größten der gesamten Rotmeer-Riviera – erstreckt sich
eine langgezogene Pool-Landschaft mit Brücken und Palmeninseln bis zum Haupt-Restaurant. Wie bei der gehobenen Hotel-Marke Sentido üblich, hat sich auch im Akassia ein talentierter Landschaftsarchitekt ausgetobt.
Mit vielen Hecken und Blütenpflanzen ist die Gartenanlage ebenso ästhetisch und luftig gestaltet wie die zweistöckigen Vierer-Bungalows beiderseits der Pools. Nur gut, dass große Ziffern auf den Dachzinnen die Nummern der Gebäude verraten – ohne den Plan des Hotels in der Hand fällt es anfangs leicht, sich zu verlaufen.
Zumal nur ein kleines Shoppingcenter und die Tauchbasis die offene Grenze zum »Akassia Swiss Resort« bilden. In der goldenen Mitte – zwischen El Quseir und Port Ghalib – liegt nicht nur die Anlage, sondern auch das Tauchgebiet. »Wir liegen genau zwischen den Touristenströmen und können mit Minibussen für Landtauchgänge, individuellem Hausrifftauchen und Tagesboot alles zwischen Mangroven und Makro, Strömung und Großfisch abdecken«, berichtet Basisleiter Rico Mureddu und deutet auf eine ganze Wand voller Aushänge.
Das Menü der Woche sozusagen. Obwohl diese Extra Divers-Dependance brandneu ist, ist der Betrieb zwischen Schulungsraum, Equipment-Ausgabe, Büro und Sitzecke offensichtlich bereits bestens eingespielt.
Trostpflaster Elphinstone
Weil die Walhai-Misere schon ein wenig schmerzt, rücken wir tags darauf pünktlich um 7 Uhr mit dem Bus aus ins 45 Minuten entfernte Port Ghalib und steigen auf die »Maestro« um. Mit dem luxuriösen Extra Divers-Safarischiff Red Sea Explorer lässt sich das Tagesboot natürlich nicht vergleichen, und zurück im Hotel ist man nach zwei Tauchgängen erst am späten Nachmittag.
Wer aber einmal bei Wind und Wellen auf dem Schlauchboot zum Elphinstone Reef rausgeschippert ist, wird sich über eine Stunde auf dem Sonnendeck und das kleine Mittagsbuffet kaum beklagen. Zumal die Rechnung gerade dann aufgeht, wenn die Brandung manches Boot von der Ausfahrt abhält und die Zahl der Taucher im Spätherbst zusätzlich beschränkt.
Plötzlich schweben anstelle von Blasenvorhängen im Blauwasser über dem Riff wieder Füsilierschwärme vorbei, große Barrakudas und gleich zwei junge Weißspitzen-Hochseehaie, die sich mittlerweile oft bis Mitte Dezember blicken lassen.
Weil das Tauchen im Buddyteam bei entsprechender Qualifikation locker gehandhabt wird, steigen wir anderntags am Marsa Mubarak für den zweiten Tauchgang am Riff nicht etwa auf‘s Schlauchboot, sondern springen vom Tauchdeck direkt hinein in die Seegraswiese, wo sich etliche Zentner schwere Grüne Schildkröten und der tiefenentspannte Dugong »Dyson« den Magen mit Algen füllen, bis die Sonne untergeht.
Juwelen-Suche
Natürlich sind Longimanus und Seekuh die tierischen Alleinstellungsmerkmale der Region. Und das weltweit. Wer aber jeden Pilotfisch vom Longi mit Namen kennt und den marinen Wiederkäuern auf der Seegraswiese schon Stunden geschenkt hat, darf sich auf kleine Wunder freuen, die nur allzu viele Taucher achtlos übersehen.
Gerade weil das Akassia in der »Lücke« zwischen El Quseir und Marsa Alam liegt, finden sich entlang der Küste etliche Plätze, die kaum überlaufen sind. Sechs davon sind weniger als 15 Autominuten vom Hotel entfernt. Die Steilwand Maheleg bietet sich an, wenn die See zum Tauchen am Hausriff zu rau ist, bildet aber dennoch die Ausnahme von der Regel.
Beim Stöbern innerhalb der Buchten zeigt sich die typische, oft unterschätzte Makro-Welt des Roten Meeres in ihrer ganzen Pracht: Filament-Teufelsfische (»Red Sea Walkman«), Zwerg-Flügelrossfische, diverse Nacktschnecken, Plattwürmer und weiteres Getier lassen sich zwischen Seegras, Riff und Sand entdecken.
Und noch mehr als das: An einem Topspot wie Zerab Kebir müssen sich Augen respektive Kamera-Setup vom lieben Kleinvieh umstellen auf märchenhafte Irrgärten aus tief eingeschnittenen Canyons und Tunneln, lichtdurchfluteten und stockdunklen Höhlen mit Korallenpfeilern. Womöglich mitsamt Torpedorochen, Karettschildkröte, Muränen und der standorttreuen Hundertschaft von Gelbschwanz-Barrakudas.
Reizüberflutung könnte kaum wundervoller sein. Da kommt auch die Antwort auf die Frage nach dem dritten Tauchgang eher semi-leicht über die Lippen: »Lass mal … ich hab‘ vom ersten Tag noch eine Verabredung mit der Sonne plus Shisha offen – die Delfine sind schuld!« Tipp vom Autor: »Während der Wunschtraum Elphinstone und Co. in der ruhigen Nebensaison anderswo mangels Kundschaft ins Wasser fallen kann, gibt es im Akassia die Chance, vielleicht bei einer der anderen Extra Divers-Tauchbasen der Region mit auf‘s Boot zu springen.«
TAUCHEN: Gianrico, warum sollten Urlauber mit den Extra Divers im Akassia Resort abtauchen?
GIANRICO: Wir liegen etwas abseits der Touristenströme, weshalb die meisten Tauchplätze nicht überlaufen sind. Mit unserem gesunden Hausriff, das von früh morgens bis nachts erkundet werden kann, Küstentauchen per Kleinbus und unserem Tagesboot für Ausflüge zu Elphinstone und anderen Riffen decken wir praktisch alle Geschmäcker ab. Unsere Basis ist das jüngste Mitglied der Extra Divers-Familie. Aber das Personal besteht im Kern aus Menschen, die seit 15 Jahren im Hotel arbeiten oder als Tauchlehrer und Divemaster viele tausend Tauchgänge in der Umgebung unternommen haben. Wir sind stolz auf einen hohen Service-Standard, und ich bilde unser Team weiter, sodass wir immer besser werden und einen erstklassigen Service bieten können.
T: Für welche Taucher ist die Anlage besonders geeignet?
G: Das Akassia ist ein Allrounder. Da wir aber ein wirklich gutes Hausriff haben, kommen Gäste, die auf nichttauchende Partner und Kinder Rücksicht nehmen wollen, voll auf ihre Kosten. Die Kids finden einen Wasserpark mit vielen Rutschen vor. Tauchergruppen können ab einer bestimmten Größe exklusiven Service mit privaten Minibussen und Bootstouren genießen. Zudem haben wir einige schöne und stressfreie Plätze, die perfekt für Anfänger und Taucher sind, die länger nicht aktiv waren.
REISEINFO: Akassia el Quseir
Anreise: Flug ab Deutschland, Österreich oder Schweiz nach Marsa Alam (Transfer: 40 Min.) oder Hurghada (Transfer: 2 Std.).
Unterkunft: Das frisch renovierte Sentido Akassia Beach Resort verfügt über 200 moderne Zimmer: Superior, Superior Seeblick, Deluxe Family und Suiten, die alle mit Klimaanlage, Terrasse/Balkon, großem Bad, LED-TV, Minibar, Safe und Kaffee/Tee-Station ausgestattet sind. Fünf Pools, drei Restaurants, diverse Bars, der Wasserpark, ein außergewöhnlich großes Sportangebot und das unkomplizierte All Inclusive-Konzept, bei dem nur für wenige Leistungen Extrakosten anfallen, lassen kaum Wünsche offen. Eine kleine Ladenzeile und die Tauchbasis bilden die Grenze zum benachbarten Akassia Swiss Resort.
Tauchen: Ausbildung nach SSI/PADI, jährlich neue Leihausrüstungen (Mares), Nitrox gratis. Die Tauchbasis verfügt über große Spülbecken, Trockenraum mit Schließfächern, überdachte Sitzecke, Ablagetisch für Kameras und Toiletten. Aushang mit wöchentlichem Tauchplan zum eigenständigen Eintragen: Küstentauchen per Minibus (1 oder 2 TG), Tagesboot ab Port Ghalib, (45 Autominuten, ab vier Gästen, mindestens einmal pro Woche) und Hausriff mit Guide (auch Early Morning & Nachttauchen). Letzteres ist nach Absprache und Checktauchgang jederzeit im Buddyteam möglich. Pro Tag und Person fällt eine Gebühr für Hausriff (vier Euro) oder Minibus/Boot (sieben Euro) an.
Preisbeispiel: 7 Nächte im Sentido Akassia Beach (DZ, seitlicher Meerblick, All Inclusive) mit Direktflug ab/bis Hurghada und Transfers: pro Person ab 851 Euro.
7 Nächte im Akassia Swiss Resort (DZ, All Inclusive) mit Direktflug ab/an Marsa Alam und Transfers pro Person ab 768 Euro.
Sechs Tauchgänge am Hausriff mit den Extra Divers Akassia kosten 165 Euro.
Infos & Buchung:
www.rcf-tauchreisen.de
www.extradivers-wordwide.com