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Überdurchschnittlich viele Tauchspots – selbst für eine Malediven-Insel

Die Qual der Wahl hatte unser Autor, denn kaum ein Eiland hat es unserem Autor so schwer gemacht wie dieses. Neben enorm vielen Angeboten gibt es auch überdurchschnittliche Tauchspots, die um Zeit und Gunst der Gäste buhlen. Ein Besuch auf der maledivischen Resortinsel Hudhuran Fushi im Nordmale-Atoll.

Daniel Brinckmann

Fast vier Meter hoch sind die türkisfarbenen, im Gegenlicht durchscheinenden Wellen, die im Minutentakt an die Kiesküste rollen und mit ihnen die Surfer auf dem letzten Ausritt des Tages. Während die letzten Wellenreiter die Betontreppe zur holzgetäfelten Terrasse hinaufsteigen, sitzen die nicht länger gischt-gebadeten Kollegen bereits bei frisch gezapftem Bier und Pizza aus dem Holzkohleofen beisammen.

Man blickt auf die Nachbarinseln hinter all den Wellenreihen und zurück auf den Hain aus haushohen Mangrovenbäumen, in dem sich kleine Reihenbungalows verstecken. Und wähnt sich dabei in Queensland, vielleicht auch auf Bali. Aber ganz sicher nicht auf den Malediven.

Die perfekte Welle

»Weil Hudhuran Fushi auf einem flachen Schelf liegt, und der Wind zwischen beiden Nachbarinseln durchgepresst wird wie durch einen Flaschenhals, gibt es jeden Tag so beständig Wellen wie kaum irgendwo sonst in meinem Land«, berichtet Ahmed Ameer noch munter tropfend. »Die Bedingungen sind so gut, dass 48 Prozent der Surfer Wiederholungsgäste sind und ihre Zahl in der Saison von März bis November auf 45 pro Tag beschränkt wurde.« Fast könnte man glauben, der 18-jährige zweifache Surf-Junioren-Landesmeister arbeitet auf der Insel, weil er dann möglichst oft raus in die Brandung kann.

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Fischgewimmel

Was das alles mit Tauchen zu tun hat? Unmittelbar vor einem der besten Surf-Spots der Malediven liegt mit dem »Aquarium« fünf Minuten vom Bootsanleger entfernt auch eines der fischreichsten Beinahe-Hausriffe der Malediven. Die Betonung liegt hier auf fischreich, nicht korallenreich oder kristallklar. Wind und Wellen nagen am Riff und ab Mittag an der Sicht.

Aber die lebenden Vorhänge aus Blaustreifen-Schnappern und anderen Schwarmfischen sind so üppig wie sonst nur an ausgesuchten Thilas. Muränen liegen im Duo im Riff-Doppelzimmer. Federschwanz-Stachelrochen, Weiß- und Schwarzspitzen-Riffhaie sowie Grauhaie mischen sich mit Sicherheitsabstand gern unbemerkt in die Fischsuppe, obwohl die Strömung gar nicht so arg zieht, wie man es erwarten dürfte, und auch der Tiefenbereich moderat ausfällt.

Fotografen und unerfahrenere Taucher, die sich Freiwasserabstiege noch nicht recht zutrauen, dürften an diesem Spot angesichts von Fischdichte und Artenvielfalt frohlocken.

In Minuten umrundet?

Mit 750 Meter Länge und bis zu 400 Metern Breite ist die »Insel des weißen Goldes« nicht nur groß genug, um einen Shuttle-
Service zu rechtfertigen. Die Nord-Süd-Ausrichtung teilt die Insel in eine Sonnenaufgangs- und -untergangs-Seite, wobei die 161 Villen hufeisenförmig in der zweiten Vegetationsreihe angeordnet sind und das Malediven-Eiland optisch nicht überfrachten. Zumal die Wellenbrecher an der Wasserkante an vielen Stellen den Eindruck von kleinen, etwas abgeschiedenen Buchten vermitteln.

Zwischen den verhältnismäßig einfachen Lohis-Villen, den 111 Quadratmeter großen Familien-Villen und den 40 luxuriösen Wasserbungalows, die abgeschirmt unter der Fünf-Sterne-Marke Adaaran Prestige laufen, gibt es noch drei weitere Kategorien für diverse Geschmäcker und Geldbeutel. Das südliche Drittel rund um das abgeschiedene Surfer-Dorf »Lohis Village« verfügt zwar über keinen Strand, liegt dafür aber in absoluter Ruhe in einem riesigen Palmenhain.

Selbst von diesem – frei nach Asterix – »Gallierdorf im römischen Resort« sind es nur gut zehn Minuten Fußweg bis zur geräumigen Tauchbasis von DivePoint auf dem 250 Meter langen Steg. Sofern die bisweilen deftige Strömung an Ort und Stelle Tauchgänge von Land aus zulässt, bestehen immer Chancen auf Sichtung von Adlerrochen, Weißspitzen-Riffhaien, Napoleons und Grünen Schildkröten.

Letztere lassen sich aber am besten in den Seegraswiesen der Lagune beobachten. Wer sich beim Stöber-Schnorcheln nach den Panzerträgern eine Pause auf einer der beiden vorgelagerten Inselchen gönnen möchte, sollte aber nicht unbedingt die falsche ansteuern: Die eine dient zur Vogelbeobachtung, die andere als Liebesnest.

Kein Platz für Langeweile

Adaaran Select Hudhuran Fushi – Einheimische nennen sie gern beim ursprünglichen Namen Lohifushi – ist ein Insel gewordenes Aktiv-Angebot. Nicht nur, dass es im Vier-Sterne-Domizil Adaaran Select ein hochwertiges Wellness-Center, zwei extragroße Strandpartien und eine Poolbar mit Zugang von der Wasserseite aus gibt, wenn Entspannung gefragt ist.

Daneben bietet das Resort der aus Sri Lanka stammenden Hotelmarke drei weitere Bars, fünf Restaurants, Goldfischteich, Bananengarten und riesige Feigenbäume, in denen sich Honeymooner verewigen. Dazu kommt das große Ausflugsangebot vom Hauptstadtbesuch bis zu U-Boot-Fahrten.

Dennoch sorgt vor allem das Sportangebot für offene Münder: Einen Volleyballplatz, Tennis Courts und einen Fußballplatz, auf dem mancher Gast am frühen Abend mit den Resort-Angestellten dem runden Leder hinterherläuft, gibt es ebenso wie nahezu jede im Indischen Ozean mögliche wie legale Wassersportart vom Schnorcheln (auch begleitete Exkursionen) über Kite- und Windsurfen, Flyboarding, Wasserski und Parasailing, Kayaking und Stand-up-Paddling bis hin zu Katamaran-Touren.

Es gibt Aal!

Dass sich angesichts von 1001 Optionen bei der Tauchbasis-Crew hier und da möglicherweise arbeitslose Langeweile einschleicht, diese Vermutung verneint das deutschsprachige Basisleiter-Paar Dani und Miro aber lachend: »Nein, wir sind mit morgendlicher Doppeltank-Ausfahrt, Nachmittags-Ausfahrt und Schnuppertauchern durchaus ausgelastet«, sagen die beiden von der Insel Bathala bekannten Tauchlehrer, die zudem die wellengangbedingte Achillesferse des Autors kennen.

»Wenn Du schon außerhalb unserer Manta-Saison kommst und die beiden Muränen in einer Höhle nicht gut erwischt hast, zeigen wir Dir morgen, was bei uns »viele Muränen« heißt.« Fish Tank heißt das Ziel am folgenden Morgen, und obwohl der Anblick der Fischfabrik in relativer Nachbarschaft zur Flughafeninsel Hulhumalé nicht eben verheißungsvoll ist, zerstreut sich der erste Eindruck innerhalb von Minuten. Denn etliche Stachelrochen, Napoleons, Doktorfisch- und Makrelenschwärme sind dort dank der regelmäßig verklappten Fischreste heimisch geworden.

Schildkröten gibt es rund um Hudhuran Fushi fast täglich zu sehen: Karettschildkröten leben an vorgelagerten Riffen, große Grüne Schildkröten tummeln sich in der Lagune und am Hausriff.

Man weiß kaum, wo man hingucken soll, während der bunte Fischreigen das Riff in einen Sandkasten verwandelt. Zum Glück habe ich noch den Rat von DivePoint-Manager Jerry im Ohr: »Konzentriere Dich auf die Muränen.« Leichter gesagt als getan. Es sind nämlich mehr als hundert. Gefühlt aus jeder Spalte starren sie uns Taucher an – ob Riesen-, Netz-, Rußkopf-, Zebra-, Gelbmaul- oder Graue Muräne.

Die grimmig bis belustigt dreinschauenden Muränen vom »Fish Tank« sind ideale Fotomodelle.

Nicht selten stecken Vertreter verschiedener Arten ihre Köpfe aus derselben Spalte und sorgen mit ihrem synchronen Maulöffnen zum Atmen dafür, dass sich unsereiner vor Lachen fast verschluckt. Erst recht, wenn sich auch noch ein Schlangenaal dreist in die Muränen-WG einlädt. Am Südende des Nord-Malé-Atolls zu tauchen, bedeutet vor allem auch, die Pionier-Spots aus der Anfangszeit des Tourismus auf den Malediven kennenzulernen.

Jahrzehntelang bewährte Plätze wie Nassimo Thila, das HP Reef oder auch Okkobe Thila, die bis heute mit fantastischen Weichkorallengärten, Überhängen, Canyons und großem Fischreichtum beeindrucken, werden üblicherweise auf den Vormittagstouren angefahren. Sofern nicht gerade die Mantas zwischen März und November für andere Prioritäten sorgen.

Nicht immer in die Ferne schweifen! Plätze mit wenig scheuen Grauhaien (oben) und bunten Weichkorallen gibt es auch im ältesten Tauchrevier des Landes.

Aber die geflügelten Rochen lassen sich dank der unmittelbar vor der Insel gelegenen Putzerstation auch beim Nachmittagstauchgang beobachten. Und wenn das Neopren dann am Haken hängt, bleibt eigentlich nur noch die Frage, welches Restaurant es denn zum Dinner sein darf. So etwas lässt sich bekanntlich am besten beim Sonnenuntergangs-Cocktail erörtern.

Nur wartet da eben schon die nächste Tücke: Genießt man den Sundowner nun im klassischen Resort-Ambiente der Tiki Strandbar, im Pool oder doch lieber mit den coolen Surfer-Dudes im »Lohis Village«? Diese Insel macht es einem wirklich nicht leicht.

Reiseinfo: Hudhuran Fushi / Nordmale-Atoll / Malediven

Anreise
Neben Gabelflügen über die Golfstaaten bieten Condor und Lufthansa ab Deutschland, Swiss ab Zürich und Austrian Airlines ab Österreich Direktflüge zum Internationalen Flughafen Malé (Velana). Hudhuran Fushi wird von dort binnen 30 Minuten per Speedboot erreicht.

Unterkunft
161 Villen in fünf Kategorien verteilen sich im Adaaran Select Hudhuran Fushi über die Insel, während 40 Ozean-Villen mit eigener Rezeption auf dem Steg an der Nordseite ausgegliedert sind. Alle Bungalows sind mit Klimaanlage, Minibar, Strandlaken und -tasche, Minibar, Tee/Kaffee/Espresso-Station, Safe, Telefon und Kabel-TV ausgestattet. WiFi ist allerdings nicht flächendeckend stabil. Weitere Infos: www.adaaran.com.

Tauchen
Auf Hudhuran Fushi wird täglich eine Doppeltank-Ausfahrt sowie ein flacher Nachmittags-Tauchgang per Dhoni angeboten. Alle DivePoint-Tauchbasen bilden nach SSI-Standards bis zum Instructor Trainer aus und verfügen über neue Leihausrüstungen. Nach dem Firmen-Motto Tauche mit Freunden auf sicherstem Niveau wird anstelle eines verpflichtenden Checktauchgangs ein Orientierungstauchgang mit kostenloser Übungs-Option durchgeführt. Wiederholungsgästen werden Rabatte von bis zu 20 Prozent angeboten. Die obligatorische Tauchversicherung kann vor Ort abgeschlossen werden.

Preisbeispiel
Eine Woche in einer Beach Villa (Zweier-Belegung) mit All Inclusive und Transfers kostet pro Person im April 2023 ab 1775 Euro und von Mai bis Juli 2023 ab 1259 Euro. Sechs Tage Non-Limit-Tauchen (inklusive Boot) kosten vor Ort 995 US-Dollar und bei Vorausbuchung 946 US-Dollar.
Website: www.divepoint-maldives.com
Kontakt und Buchung: [email protected]

Pauschalreisen mit Flug hat Reisecenter Federsee im Programm:
www.rcf-tauchreisen.de, [email protected]