Foto-Gehäuse

Unterwasserfotografie mit Smartphones: Gehäuse und Zubehör im Check

Die meisten Bilder weltweit werden mittlerweile mit Smartphones realisiert. Kompaktkameras sind von den Alleskönnern bis zur Bedeutungslosigkeit verdrängt worden. Die Multifunktionsgeräte sind flach, leicht und der Monitor ist mit Abstand der größte unter allen Kameras.

Was taugen Smartphones unter Wasser? Man fragt sich angesichts der millionenfach verkauften Geräte, warum der Weg in die Unterwasser-Fotografie so lang dauert. Manfred Werner von www.unterwasserkamera.at bemerkt, dass die Verkäufe deutlich anziehen – auch Profis verwenden Smartphones als Back-up. Moderne Smartphones überschreiten das Limit vieler Kompaktkameras.
Wie ist die Qualität der Kameras einzuschätzen? Bei allen positiven Bekundungen und Werbeversprechen der teilweise beachtlichen Qualität einiger Kameras darf man die physikalischen Gesetze nicht vergessen. Die Smartphone-Sensoren der Standardmodelle sind ein Dreißigstel (!) so groß wie ein Vollformat-Bildwandler. Daraus lässt sich herleiten, dass man mit Bildausschnitten und hohen ISO-Zahlen zurückhaltend sein sollte. Smartphones generieren die beste Bildqualität bei hellem Umgebungslicht. Geschuldet ist das den kleinen Bildsensoren.

Top-Smartphone: Apple iPhone X.

DIE TOP-SMARTPHONES
Das 1000 Euro teure iPhone „X“ gilt als eines der besten Smartphones auf dem Markt. Auf Augenhöhe mit Konkurrent Samsung „Galaxy S10“. Das Huawei „P30“ mit Leica-Linsen hat in Tests mit der besten Bildqualität und drei Linsen gepunktet: Das „Fotowunder“ besitzt eine 40-Megapixel-Hauptkamera, ein 16-Megapixel-Ultra-Weitwinkelobjektiv sowie ein 8-Megapixel-Teleobjektiv. Auch Makroaufnahmen sind möglich. Trotzdem ist zwischen einer Premium-Kompaktkamera und der teuersten Smartphone-Linse immer noch ein Qualitätsunterschied zu erkennen. In puncto Brillanz, Rauschen, Farbe, Bildschärfe und Einstellmöglichkeiten sind auch Edel-Smartphones unterlegen. Mit den AF-Geschwindigkeiten kann man aber zufrieden sein.

Huawei-P30, Kamera mit drei Linsen.

Viele Smartphones drängen die Fotografierenden in den Automatik-Modus. Das ist bei preiswerten Kompaktkameras auch nicht anders. Meistens stehen nur zwei Blenden zur Verfügung. Der Zoom funktioniert üblicherweise mit der Telebrennweite zwei- bis dreimal. Standard ist bei vielen Modellen das Umschalten auf eine andere Brennweite, sodass auch weitwinklige Bilder möglich werden. Sogar Objektiv-Vorsätze von Zeiss werden offeriert. Sie passen allerdings in keines der Smartphone-Unterwasser-Gehäuse. Ein Fortschritt ist zweifelsohne die Möglichkeit, auf RAW-Daten zurückgreifen zu können. Nachteilig ist, dass manche Smartphones mit zwei oder drei zuschaltbaren Objektiven nicht für jede Brennweite dieselbe Bildqualität generieren, weil die Bildsensoren dahinter unterschiedlich viele Megapixel beinhalten. Insbesondere ältere Smartphones, die häufig in Gebrauch sind, tricksen, wenn das Umgebungslicht nachlässt, und schalten in den Weitwinkelmodus oder schneiden aus der Bildmitte einfach eine hochgerechnete Aufnahme heraus.

DAS BLITZPROBLEM
Blitzen können Smartphones mit einer fest eingebauten LED. Das funktioniert an Land bis etwa drei Meter Entfernung zufriedenstellend. Was leisten die Blitze? Über die technischen Daten erfährt man wenig. Unter Wasser ist Blitzen mit dem Smartphone bis dato eine nicht praktikable Angelegenheit, weil der LED-Blitz auf die Frontscheibe des UW-Gehäuses trifft und man aus Gründen mangelhafter Hintergrundinformationen keinen Sklavenblitz mit fiberoptischem Kabel anschließen kann. Ich habe es ausprobiert. Mal hat es geblitzt, mal nicht. Jedoch meistens nicht. Ein Grund, weshalb kein UW-Gehäuse für Smartphones mit Blitzfunktion angeboten wird.

Wer mit dem Smartphone abtaucht, muss mit LED-Leuchten arbeiten. Dafür sollte das UW-Gehäuse mit einer oder besser zwei Stativgewinden ausgestattet sein, sodass man eine Halteschiene mit einem oder zwei Lampenarmen montieren kann. Die LED-Leuchten sollten etwa 80 Grad ausleuchten und 3000 bis 5000 Lumen abgeben können. Das Licht muss stufenweise zuschaltbar sein. Sofern die Fische nicht allzu schnell schwimmen, können sie von modernen Smartphones scharf eingefangen werden. Man muss aber immer im Auge behalten, dass Dauerlicht von LED-Leuchten keine Bewegung einfrieren kann. Andererseits kann man schnelle Bildfolgen umsetzen, weil man nicht auf das „Ready“-Signal vom Blitz warten muss.

ValsTech Lenz lässt sich sogar ohne App komplett bedienen.

GEHT ES OHNE APP?
Ja, und das nicht nur mit einfachen und primitiven Gehäusemodellen. Führend scheint hier das ValsTech Lenz zu sein. Es lässt sich ohne App sogar komplett bedienen. Ansonsten muss man beim Gebrauch eines zumindest hochwertigen Unterwasser-Gehäuses eine vom Hersteller kostenlos herunterzuladende App auf dem Smartphone insta-llieren. Klappt das sorgenfrei? Nicht immer. Ich wollte das nicht gerade preiswerte Smartphone-UW-Gehäuse eines Herstellers mit einem älteren iPhone „6s“ testen, konnte das Smartphone aber nicht zum Auslösen bewegen. Was die eigentliche Ursache war, ließ sich nicht feststellen. Bei anderen Smartphone-Gehäusen hat es auf Anhieb geklappt. Wer hier Probleme befürchtet, sollte ein Smartphone-Gehäuse ohne App-Installation bevorzugen.

Wenn die UW-Gehäuse auf den Premium-Sektor zielen, kann man am Gehäuse oft noch weitere Informationen ablesen, die man allerdings eher auf dem Tauchcomputer vermuten würde.
Ein wichtiger Part ist die Größe des Smartphones. Wirklich große Mobiles lassen sich nicht in allen scheinbar dafür vorgesehenen UW-Gehäusen verwenden. Oft muss man den Smartphone-Typ bei der Bestellung angeben. Das „Kraken“- oder „WeeFine“-UW-Gehäuse ist diesbezüglich aber sehr flexibel.

Vermutlich ist Ihnen noch nie aufgefallen, dass selbst in Hochglanzmagazinen wie TAUCHEN kleinformatige Smartphone-Bilder abgedruckt werden. Natürlich reicht die Qualität nicht für ganz- oder halbseitige Fotos. Aber die Kameraprozessoren der Top-Modelle lassen vermuten, dass sich in Zukunft einiges tun wird.

UW-SELFIES
Smartphones besitzen neben der Hauptkamera immer auch eine Linse für Selfies. Grundsätzlich kann man sich auch unter Wasser selbst fotografieren. Dabei sollte man nicht vergessen: Meistens hat die Selfie-Kamera weniger Pixel als die Hauptkamera. Im Durchschnitt sind es acht Megapixel.

VIDEO
Viele Smartphones werden unter Wasser für Videosequenzen genutzt. Alle aktellen Modelle beherrschen mittlerweile 4K und Full-HD mit 30 Bildern pro Sekunde. Die Bildstabilisation funktioniert bei allen Smartphones gut bis sehr gut. Sparen Sie nicht an der Videoleuchte, zwei Lampen sind für die Ausleuchtung immer besser als eine. Dann muss aber auch die Halteschiene für zwei Video-Leuchten vorbereitet sein. Achten Sie darauf, dass der CRI-Wert mindestens Ra 90 beträgt.

BLICK DURCHS FENSTER
Die Unterwasser-Gehäuse für die Smartphones sind ähnlich konzipiert wie die Modelle für Kompaktkameras. Es wird immer durch Planglas fotografiert, und das macht die Sache nicht leichter. Die Lichtbrechung schränkt deshalb den Bildwinkel stark ein, denn es entsteht eine scheinbare Verlängerung der Brennweite in der Größe des Brechungsindexes (1,33) vom Wasser. Um das zu vermeiden, sollten Sie nur ein UW-Gehäuse kaufen, das den Anschluss eines Weitwinkel-Konverters gestattet. Damit egalisieren Sie den Bildwinkelverlust und können ihn sogar noch um einiges erweitern. So sind durch den Einsatz von Accessoires auch weitere kreative Spielarten möglich: In das Adaptergewinde kann man bei Bedarf auch eine Nahlinse für Makroaufnahmen oder verschiedene UW-Filter einschrauben.

KRAKEN: SMARTPHONE-UNTERWASSER-GEHÄUSE DER BESONDEREN ART
Das aus Kanada stammende „Kraken-Smart-Housing Pro“ ist  ein Meilenstein in der Smartphone-Fotografie und das einzige hochwertige Unterwasser-Gehäuse, in dem man ohne Umbau oder Adaptionen nahezu alle auf dem Markt angebotenen Geräte verwenden kann. Der Einbau ist genial, weil man das Smartphone einfach in das Gehäuse einlegt. Fixiert wird es von einer Spannklemme. Deshalb ist das

„Kraken“ für unzählige Modelle geeignet. Wenn das Smartphone innerhalb einer Länge von 158 Millimeter, einer maximalen Breite von 83 und höchstens neun Millimetern Höhe liegt, kann es eingebaut werden. Voraussetzung ist, dass das Gerät mit Apple IOS oder Android läuft. Vorher muss die kostenlose App auf das Smartphone installiert werden. Nach Installation kommuniziert das „Kraken“-Gehäuse mit dem Smartphone über Bluetooth.

Kraken-Smartphone-Gehäuse mit Vakuum-Pumpe.

Das Gehäuse ist gut verarbeitet, besteht aus Aluminium und ist bis 80 Meter Tiefe dicht. An der schmalen Unterseite gibt es einen Ansatz mit drei Gewindelöchern. Gesichert wird das bemerkenswert flache Case mit einem Exzenterverschluss. Der O-Ring liegt gut versteckt in einer Rückdeckel-Nut. Der Rückdeckel wird von einem Scharnier gehalten, lässt sich komplett auf über 200 Grad aufklappen. Das eingelegte Smartphone wird von einer Schaumstoff-Einlage gehalten, damit es nicht aus dem Bett fallen kann.

Diverse Messing-Kontakte an den kurzen Seiten dienen zur Datenübertragung. Man sollte sie von Zeit zu Zeit mit Alkohol reinigen und/oder mit einem Glaspinsel säubern, weil sie gern anlaufen, was zu Übertragungsstörungen führen kann. Die Datenübertragung ist umfassend, aber man braucht nicht alles. Auch sind nicht alle Smartphones für jeden Eingriff geeignet. So dürfte das Umschalten von AF auf MF oder umgekehrt ein jämmerliches Dasein führen. Zoomen beherrschen auch nicht alle Modelle. Und wenn, dann nur zwei- oder dreifach. Das Zuschalten von UW-Filtern über die App mag im Einzelfall interessant sein. Ebenso ist das Aktivieren des Video-Modus möglich. Die Selfie-Kamera kann nicht genutzt werden. Auch verhindert die App das Blitzen, weil das Licht am Frontglas gebrochen würde. Vom „Kraken“ gibt es noch ein „Pro“-Modell, das Tiefe, Tauchzeit, maximale Tauchtiefe und Wassertemperatur anzeigt. Wer will, hat die Möglichkeit, diese Daten im Bild einzublenden.

KONFIGURATION
Weil man im „Kraken“ unterschiedlich große Smartphones verwenden kann, hat der Hersteller einen verschiebbaren Anschluss mit M52-Gewinde vor dem Fotofenster angebracht. Darin kann man diverse Vorsätze wie Nahlinsen oder den empfehlenswerten „Kraken“-Weitwinkel-Konverter einschrauben. Das Gewindefenster muss zentral über dem Objektiv positioniert werden. Viele Modelle haben inzwischen zwei oder drei Fotolinsen verbaut. Sinnvoll ist es, die Kamera mit dem größten Bildwinkel zu verwenden, denn das Frontglas verlängert scheinbar die Brennweite um den Faktor 1,33.

VAKUUM-SYSTEM
Das „Kraken“-Smartphone-Gehäuse ist bis dato das einzige mit serienmäßigen Vakuum-System. Die Pumpe wird ohne Aufpreis mitgeliefert und simpel an der Frontplatte installiert. Um das Vakuum zu beenden – man kann das „Kraken“-Gehäuse nach der Druckabsenkung nicht mehr öffnen – bewegt man die gelbe Dichtung in der Vakuum-Öffnung auf die Seite, sodass Luft einströmen kann. Versorgt wird das UW-Gehäuse mittels zweier AAA-Zellen.

Kraken-Domeport für das UW-Gehäuse.

ZUBEHÖR
Der Hersteller liefert für das Gehäuse einen guten Weitwinkelkonverter. Ein Smartphone-Objektiv mit 28-Millimeter-Brennweite kommt auf einen Bildwinkel von 140 Grad. Das Glas des randscharfen Konverters besteht aus Acryl, was zu besonderer Vorsicht mahnt, denn das Dome-Material ist kratzempfindlich. Auch mit einem Makrovorsatz kann das „Kraken“ dienen. Weil die Nahlinse einen M67-Anschluss besitzt muss man den Adapter (M52 auf M67) montieren.
Die von „Kraken“ gelieferte „Hydra 5000“-LED-Videoleuchte ist eine Lichtmaschine mit Fluoreszenz, Rotlicht und 5000 Lumen. Das Top-Modell sogar 10 000 Lumen. Einmalig ist die LED-Ringleuchte. Das Gehäuse zieht beim Tauchen nach unten. Ich empfehle Auftriebskörper. www.marlin.de

DARAUF SOLLTEN SIE BEIM KAUF ACHTEN
Man muss wissen, wie weit man in die Smartphone-Fotografie einsteigen will. Wer gewillt ist, sich ernsthaft mit diesem Thema auseinanderzusetzen, hat nicht viele Möglichkeiten, seine kreative Ader auszuleben. Im Prinzip kommen nur zwei Systeme in Frage, „EasyDive“ und „Kraken/WeeFine“. Bei etwas weniger Engagement eventuell noch das „Valstech Lenzo“, weil man dieses Gehäuse auch ohne App nutzen kann. Mit „EasyDive“ holt man sich die Luxusvariante ins Haus, muss aber das Gewicht berücksichtigen. Wenig Totraum bedeutet auch eine hohe Sinkgeschwindigkeit. Ansonsten macht das Gehäuse den Eindruck eines Tresors. Eine bessere Verarbeitung kann man sich kaum vorstellen. Unverständlich, dass der Hersteller kein Vakuum-Dichtsystem anbietet. Das kommt beim „Kraken/WeeFine“-Gehäuse zum Einsatz, das mit einem Accessoires-Adapter bestückt werden kann, an den man alles anbauen kann, was es an optischen Vorsätzen auf dem Markt zu kaufen gibt. Die Variabilität ist beispiellos. Es ist egal, welches Smartphone Sie besitzen, oder kaufen möchten. Es passt hinein. Und sicher kann man auch sein, denn das Vakuumsystem ist zuverlässig und einfach zu handhaben.

DEN KOMPLETTEN TEST MIT WEITEREN UNTERWASSER-GEHÄUSEN FINDEN SIE IN DER AUSGABE 10/2018

Fotoschule Teil 1: Tipps für Einsteiger

Fotoschule Teil 2: Belichtung mit der Kompaktkamera

Fotoschule Teil 3: Blende und Brennweite