Kameras Technik

Mythos Schärfentiefe

Ein für alle Mal: Es heißt Schärfentiefe und nicht Tiefenschärfe.

Shutterstock / Tauchen

Gemeint ist nämlich die Tiefenausdehnung der Schärfenzone. Nicht die Schärfe in der Tiefe. Als irrige Annahme gilt, dass die Schärfentiefe bei identischer Blende immer gleich groß ist. Schärfentiefe ist zwar abhängig von der Blende, aber auch die Sensorgröße, die Brennweite und die Gegenstandsweite (Motivabstand) spielen eine wichtige Rolle.

Dazu muss man wissen, die absolute Bildschärfe erfolgt nur auf der Schärfenebene. Also auf der Ebene, auf die scharf gestellt wurde. Alles, was sich davor oder dahinter befindet, ist in Wirklichkeit unscharf. Aber wir erkennen wegen unserer unvollkommenen Augen Objekte außerhalb der Schärfenebene als scharf.

Ursache sind die Unschärfekreise, deren Durchmesser nicht größer sein sollte als 1/1500 der Sensordiagonalen. Weil aber Digicams immer höher auflösen, muss man die Sensordiagonale durch 3000 dividieren. Das entspricht einer Abblendung von zwei Blendenstufen. 

Sensorgrößen

Was aber hat die Sensorgröße mit der Schärfentiefe zu tun? Die Erfahrung lehrt, dass kleine Bildsensoren, wie sie in APS-C und MicroFourThird-Kameras (MFT) verwendet werden, eine größere Schärfentiefe generieren als Vollformatsensoren. Doch was ist die Ursache? Um denselben Bildwinkel wie das Vollformat (60-Millimeter-Makro) zu bekommen, muss man im MFT-System eine Brennweite (30-Millimeter-Makro) verwenden, die nur noch halb so groß ist wie im Kleinbildformat.

Ursache ist der Crop-Faktor 2.0. Kurze Brennweiten generieren bei identischer Blende eine größere Schärfentiefe, weil die Eintrittspupille (Brennweite dividiert durch den Blendenwert) um denselben Wert kleiner wird, wodurch kleinere Unschärfekreise entstehen. So hat beispielsweise eine Kompaktkamera mit einem Crop von 5,6 bei Blende 2,8 dieselbe Schärfentiefe wie eine Vollformatkamera bei Blende 16.

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Zwischen MFT und Vollformat beträgt der Unterschied zwei Blenden. Gleiche Schärfentiefen stellen sich ein, wenn an der MFT-Kamera die Blende um zwei Stufen weiter geöffnet wird wie im Vollformat. Es gilt aber ebenso: Ist der Abbildungsmaßstab gleich groß, und sind die Blendenwerte identisch, gibt es beispielsweise zwischen dem Vollformat und den kleineren MFT-Bildsensoren beim Abbildungsmaßstab 1:1 keinen relevanten Schärfentiefe-Unterschied. Gleichwohl ist er vorhanden.

Herbert Frei
Herbert Frei ist Unterwasser-Fotograf und arbeitet seit Jahrzehnten im Bereich Tauchjournalismus. Er ist seit vielen Jahren unser Fototechnik-Experte.