„Ohje“, denkt sich der eingeschüchterte Tauchschüler und zittert bei der Montage des Jackets so sehr, dass er die Flasche dann doch umwirft. Gebannte Stille. Alle Köpfe im Bad richten sich auf den langsam dahin rollenden Tank. Nur das leise Tropfen des Kondenswassers an der Decke und das nachhallende metallische Geräusch sind zu vernehmen. Und dann… – nichts. Keine Explosion. Kein Torpedoangriff. Kein Weltuntergangsszenario. Das Herz des Tauchschülers beginnt langsam, wenn auch noch etwas zaghaft, wieder zu schlagen. Die angeschwollenen Adern am Kopf der selbst ernannten Aufsichtsperson haben sich zurückgebildet. Aus dem Tobsuchtsanfall ist ein resigniertes Kopfschütteln geworden und er hat wohl für sich entschieden den Vorfall nun einfach gar nicht mehr zu kommentieren.
Testreihe: Was passiert, wenn Tauchflaschen umkippen?
Nachdem die Pooleinheit irgendwie durchgestanden ist, traut sich niemand mehr nach dem zu fragen was denn jetzt eigentlich stimmt. Da wir sicherlich nicht die einzigen sind, die eine derartige Situation bereits live erlebt haben, wollten wir wissen: Was ist dran am Mythos des Torpedotanks? Kann ein Presslufttank zum Geschoss werden? Und was muss dafür wirklich passieren? Dem wollten wir auf den Grund gehen.
In einer Testreihe schubsten wir ein paar Tanks um. Nichts. Wir schließen daraus: Gewartete Flaschen mit intaktem Ventil gehen nicht sofort durch, wenn sie einmal fallen.
„Solange das Ventil nicht bereits angegriffen oder beschädigt ist, muss die Flasche schon richtig blöd fallen, damit etwas passiert“, sagt Physiker und Tauchunfallgutachter Dr. Dietmar Berndt. „Besonders gefährdet sind die alten, kleinkonischen Ventile.“ In seiner gesamten Laufbahn sind dem Sachverständigen für Rechtsstreitigkeiten mit Tauchbezug drei Fälle untergekommen in denen sich die Flasche zum fliegenden Monster verwandelte. „Einmal ging es um ein Doppelgerät, bei dem die Brücke nicht korrekt montiert war“, erzählt der Neunundsechzigjährige. „Bei dem Doppelgerät kam es zu einer Verkantung der Brückenanschlüsse. Das traf auf nicht sauber geschweißte Anschlussstücke.“ Als dann beim Füllen 190 bar erreicht waren, brach die Brücke ab. „Die Flaschen flogen umher, zerstörten einen Teil der Ladeneinrichtung, machten Schaden an der Decke und verschafften einem anwesenden Kunden eine Knieprellung.“ Ein anderes Mal wurde eine Zwei-Liter-Flasche zum Geschoss und zertrümmerte ein Ellenbogengelenk. „Die Flasche fiel eine Treppe herunter. Dabei drehte sich das Ventil schlagartig auf und die Flasche flog los.“ Auch im dritten Fall, lag der Fehler an der Montage des Anschlussventils. Der Taucher hatte ein DIN-Ventil und ein amerikanisches UNF-Ventil miteinander verschraubt. „Später ist das Ventil dann rausgeflogen“, so der Gutachter.