Amphoren – »ISO-Container« der Antike
Forscher der Österreichischen Akademie der Wissenschaften haben antike Transportamphoren aus dem gesamten Mittelmeerraum untersucht und dabei festgestellt, dass Produktionsstätten bereits seit dem 1. Jahrtausend v. Chr. Standardformen und Standardgrößen herstellten. Nicht viel anders als heute reagierte die damalige Bevölkerung damit auf eine erhöhte Nachfrage und passte Gewicht und Volumen der Amphoren an, um eine rasche und effiziente Versorgung mit Gütern zu ermöglichen.
Globalisierung der Antike
In ihrer aktuellen Publikation beschreiben die Wissenschaftler, dass die Produktion der Transportgefäße für flüssige und halbflüssige Waren einem stetigen Standardisierungsprozess unterworfen war. So existierten Standardformen, die beispielsweise gut von einer Person allein zu tragen waren oder sich für den Transport per Land, Fluss oder Meer gleichermaßen eigneten. Vergleichbar mit heutigen Frachtcontainern wie den bekannten ISO-Containern auf Schiffen, Zügen und Lastwägen war der Grund dafür vor allem eine effiziente Transportlogistik sowie die optimale Abstimmung von Produktions- und Absatzprozessen.
Die Ergebnisse geben damit auch Einblick in die starke Vernetzung und hohe Komplexität der damaligen Wirtschaft. Das internationale Team untersuchte Transportamphoren aus unterschiedlichen Produktionsstätten aus vorrömischer, römischer und byzantinischer Zeit. Dabei wurden jeweils die Form, das Fassungsvermögen, Stempel und Beschriftungen, Materialzusammensetzung und Handwerkstechniken der Amphoren ermittelt und verglichen. Diese Ergebnisse wurden dann in Beziehung zu regionalen Entwicklungen und historischen Ereignissen gesetzt.
So lässt sich ein Anstieg der Produktion von Amphoren für Olivenöl in Südspanien durch die römische Eroberung Germaniens erklären. Die Ankunft einer großen Anzahl von Soldaten an der Nordgrenze des Römischen Reichs in Augustinischer Zeit hatte einen direkten Einfluss auf die dortige Olivenölproduktion, da die Versorgung der Truppen mit Öl, Wein und anderen Mittelmeerprodukten gewährleistet werden musste.
Warenabhängig
Produktionsstätten passten sich also an veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen an. Erhöhte Nachfrage führte dazu, dass neue Amphorenformen eingeführt wurden und variantenreichere lokale Formen nicht mehr produziert wurden. Das Verhältnis von Volumen zu Gewicht wurde regelmäßig erhöht, um die starke Nachfrage eines wachsenden Römischen Imperiums nach Waren aus den Provinzen zu befriedigen. Geliefert wurde in die gesamte damals bekannte Welt – sogar bis nach Indien.
Je nach Art des Produkts wurde übrigens eine andere Form der Transportamphore gewählt. Während Wein in zylindrischen Amphoren transportiert wurde, waren Amphoren für Öl häufig bauchig. Die durchschnittliche Kapazität für Amphoren umfasste beeindruckende 20 bis 30 Liter. Es gab aber auch deutlich größere Gefäße. Und auch heute noch werden regelmäßig neue Schiffswracks mit Amphoren entdeckt. Diese Ladung bietet Archäologen wichtiges Material, um das antike Wirtschaftssystem weiter zu erforschen.