Praxis Technik

Apnoeausrüstung für Sie – was Frauen für das Freitauchen benötigen

Diese Frage stellen sich im Bereich der Apnoeausrüstung leider noch immer zu wenige Hersteller. Unser Autor hat bei Apnoeistinnen nachgefragt. Er bekam Antworten, die auch auf den »normalen« Tauchsport übertragbar sind.

Titel: Daan Verhoeven

TEXT – Nik Linder

Ich erinnere mich gut an meine Anfänge als Apnoetauchlehrer: In meinen Kursen waren damals fast ebenso viele Frauen wie Männer. Trotzdem war damals das Equipment immer ein Problem. Die Hersteller haben lange Zeit ignoriert, dass es überhaupt Frauen in diesem Sport gibt.

Das meiste Equipment stammte damals aus dem Speerfischer-Bereich, und dieser schien für die Hersteller Männersache zu sein. Auch andere Aspekte wie der weibliche Körper und die oft langen Haare sind Besonderheiten, die bisher keine oder kaum Beachtung in der Ausbildung oder beim Equipment finden.

Ich habe daher längst überfällige Fragen an verschiedene Frauen in der Apnoe-Szene gestellt, um herauszufinden, was sie bewegt und was sie anderen Frauen für Tipps geben können. 

© Carina Wendland – Porträt von Jennifer Wendland

»Es müssen nicht die 700-Euro-Carbonflossen sein. Aber Frauen sparen zu häufig beim Material und machen sich unnötig das Leben schwer.« Jennifer Wendland

© Daan Verhoeven

Das Equipment

Fast alle befragten Frauen sind sich einig, dass sich in puncto Equipment gegenüber früheren Zeiten vieles positiv entwickelt hat. Endlich haben Hersteller verstanden, dass es auch für Frauen die passenden Fußteile geben muss.

Die Apnoe-Instruktorin Jessica Schäfer aus Berlin hatte bereits zu Beginn ihrer Ausbildung eine Odysee hinter sich, bis sie endlich die passenden Flossen fand. Auch unsere Weltklasse-Athletin Jennifer Wendland empfiehlt Freediverinnen, auf keinen Fall am Equipment zu sparen: »Zu lange und zu harte Flossen verursachen Schmerzen, Muskelkater und können den Spaß am Apnoetauchen nehmen«. 

Noch problematischer sind Neopren-Anzüge. Heute gibt es endlich auch Damen-Anzüge. Die erfolgreichste deutsche Instruktorin Doris Hovermann bemängelt aber, dass gerade für Frauen nur ein deutlich reduziertes Angebot vorhanden ist. Auch sie berichtet, dass fast die Hälfte der Kursteilnehmer weiblich ist: »Die Hosen der zweiteiligen Anzüge sind meist kürzer als bei den Männern, sodass gerade die Nierengegend nicht ausreichend gegen das kalte Wasser geschützt ist.«

Frauen haben im Schnitt weniger Muskelmasse und eine dünnere Haut. Sie frieren schneller, haben aber Anzüge, die nicht so gut passen. Oder es stehen nur Anzüge im Drei- und Fünf-Millimeter-Bereich zur Auswahl. Jessica Schäfer und Jennifer Wendland haben sich daher Maßanzüge gekauft.

Allen befragten Damen merkt man an, dass diese gespürte Ignoranz sie ganz schön nervt. »Niemand scheint uns zu fragen, was bei einem Apnoeanzug für Frauen wichtig ist«. Jessica schaut sich heute vor
allem in der Surfbranche um, weil hier die Auswahl im Damenbereich ebenso groß ist wie im Herrenbereich. 

© Doris Hovermann

»Ein Tipp an die Damen: Ich habe für mich einen Schritt­gurt aus einem Bungee gemacht, damit der Bleigurt beim Tieftauchen nicht über die Hüfte rutscht.« Doris Hovermann

Lange Haare

Wer sich einen Zopf bindet, hat erheblich mehr an »Inhalt« in der Kopfhaube. Das kann dazu führen, dass die Haube so weit nach oben rutscht, dass Teile des Gesichts nicht mehr vor der Kälte geschützt sind. Auch das Anziehen des engen Apnoeanzugs ohne Reißverschluss ist mit langen Haaren teilweise recht schmerzhaft. Doris Hovermann rät zu einer einfachen Badekappe, wodurch das Oberteil des Anzugs trotz der langen Haare ganz einfach angezogen werden kann. 

© Jessica Schäfer

»Ich interessiere mich für das Speerfischen. Aber da sind für Frauen keine Anzüge zu finden.«

Der weibliche Körper

Jennifer Wendland spricht noch ein anderes Thema an: »Frauen sollten die letzten zwei bis drei Tage vor der Periode wachsam sein. Blutdruck, Blutvolumen und Hormonspiegel sind dann nicht so günstig und vermindern die Leistungsfähigkeit. In diesen Tagen sollte man keine Bestleistungen angehen.«

Auch die anderen Frauen erklären, dass ihr Zyklus sie beeinflusst und sie Rücksicht darauf nehmen müssen. Doris betonte, dass sie oft auf die Zähne beißen muss, weil sie einen Kurs wegen Menstruationsbeschwerden nicht absagen will. Aber auch, dass es ihr meist nach der Zeit im Wasser besser geht.

Die »weibliche Art« zun tauchen 

Die Aussage, dass man beim Apnoetauchen »nicht nur groß und stark sein muss, um erfolgreich zu sein«, bringt es auf den Punkt. Denn diese Schwerpunkte waren auch Jennifer und Jessica sehr wichtig. Jennifer dazu: »Was Frauen meist sehr gut machen? Sie tauchen mit viel Gefühl und guter Technik. Sie sind weniger auf Zahlen und Meter fokussiert, sondern eher auf die Entspannung. Das ist genau der richtige Weg.«

Jessica sagt dazu: »In meinen Kursen liegt das Bewertungsmuster für gute Tauchgänge darin, dass eine Entspannungsphase erreicht wir. Und wie es sich angefühlt hat, ob es wahrnehmbar war und ob es Spaß macht. Nicht wie lang, weit oder tief getaucht wird.  Vielleicht bringe ich den Männern durch meine »weibliche« Denkweise in meinen Kursen unbewusst die ganzen Frauen-Tricks bei.«

Es ist richtig, dass die Damen im Apnoe-Sport aufgeholt haben. Vielleicht liegt das an der positiven Entwicklung der letzten Jahre. Auch was das Equipment angeht. Aber tatsächlich sind wir noch weit davon entfernt, für Frauen eine ähnlich breite Palette an Ausrüstung zu haben wie die Surfbranche.

Sehr langsam kommt bei den Apnoe-Ausrüstern an, dass viele Frauen diesen Sport betreiben möchten und auch erfolgreich darin sind. Je besser sie ausgerüstet sind und je mehr auf ihre Bedürfnisse eingegangen wird, desto eher bleiben sie dem Sport treu. 

Interview …

© Daan Verhoeven – Kathleen Greubel taucht auf.

… mit Kathleen Greubel. Die 33 Jahre junge Würzburgerin lebt heute abwechselnd in Deutschland und an Spots, wo sie ihren Sport optimal ausleben kann. Sie kam über das Scubadiving zum Freediving und hatte 2021 ihren ersten erfolgreichen Einsatz bei der Weltmeisterschaft im Tieftauchen als Teil des deutschen Nationalteams. 2022 und 2023 war sie Teil des Safety Teams beim renommierten Apnoe-Contest »Vertical Blue« auf den Bahamas.

TAUCHEN: Kathleen, was fasziniert dich am Freitauchen? 
KATHLEE: Es ist unkomplizierter und erfordert weniger Planung. Noch wichtiger ist mir das Gefühl, mich frei unter Wasser bewegen zu können und für einen Moment das Gefühl zu haben, dorthin zu gehören.

T: Wie gelingt es Dir, auf den Punkt genau beispielsweise bei Wettkämpfen Topleistungen abzurufen?
K: Es ist nicht immer einfach, die Trainingsleistung im Wettkampf abzurufen. Habe ich die Nacht vorher nicht gut geschlafen, so wird es am nächsten Tag hart. Manchmal läuft es einfach schwieriger, und man weiß überhaupt nicht, woran es liegt. Es kann auch damit zusammenhängen, an welchem Tag in meinem Zyklus ich mich befinde.

Es ist aber schwierig, immer Ursache und Wirkung zusammen zu bringen. Es gibt so viele Dinge, die einen beeinflussen können: die Ernährung, die Mondphase, die Nervosität, habe ich eine positive Grundstimmung? Dazu kommt eventuell noch, dass das Wetter nicht so gut ist. Es gibt tausend verschiedene Dinge, man lernt immer wieder Neues. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als auf seinen Körper zu hören und das Beste daraus zu machen.

© Maxi Acid

T: Gab es Konkurrenzkampf unter den Frauen?
K: Wir Mädels haben uns im deutschen Team sehr gut unterstützt. Es gab bei uns kein Gegen-, sondern ein Miteinander. Wir haben uns über unsere Erfahrungen ausgetauscht, um uns gegenseitig zu helfen. Das ging auch durch alle Ränge und Nationalitäten. Ich bin noch relativ neu dabei und sehe mich noch nicht als eine besonders erfahrene Taucherin.

Und fand es toll, dass ich auch von ganz erfahrenen Athletinnen wie der Weltrekordhalterin Alenka Artnik aus Slowenien so viel Unterstützung bekam. Insgesamt herrscht unter uns Frauen im Freediving meiner Erfahrung nach eine ganz besondere und schöne Kameradschaft, die es so wohl im Einzelsport sonst selten gibt. Und die uns auch teilweise von den männlichen Freedivern unterscheidet.

T: Wenn Du die Leistungen der Frauen mit denen der Männer vergleichst, was fällt dir dabei auf? 
K: Die Leistungen der Frauen sind im Vergleich zu den Leistungen der Männer in den letzten Jahren stärker »gestiegen«. Die Frauen sind in manchen Disziplinen nicht mehr so weit von den Weltrekorden der Männer entfernt. Ich glaube, das liegt daran, dass früher nicht so viele Frauen ernsthaft trainierten. Jetzt sind es mehr, und es wird leistungsmäßig aufgeholt. Das deutet auch darauf hin, dass es in diesem Sport nicht nur darauf ankommt, groß und stark zu sein, sondern dass auch andere Eigenschaften und Fähigkeiten wichtig sind.