T Nicole Kraß
Im Sommer vor Corona verbrachten wir einen schönen Familienurlaub auf Koh Samui in Thailand. Es bot sich an, im herrlichen Golf von Thailand abzutauchen. Brevets (zu der Zeit AOWD, EAN, 40 geloggte TG), Logbuch, Computer sowie eine aktuelle Tauchtauglichkeitsuntersuchung hatte ich dabei. Der freundliche Besitzer unseres kleinen Hotels nannte mir eine Tauchschule in der Nähe und so buchte ich einen Bootstrip mit zwei Tauchgängen am Sail Rock für den folgenden Tag (Fehler 1). Ich musste »nur« am Telefon meine Kleidergröße durchgeben. Mein erster Fehler: Ich habe mir weder ein Bild vom Divecenter vor Ort gemacht, noch vom Equipment. Blindes Vertrauen – fatal! Mein zweiter Fehler: Tauchen gebucht, also wird auch getaucht – trotz sehr schlechten Wetters und erheblichem Seegang. Das Ganze lief so ab: Abholung am Hotel, Ablieferung am Pier. Dort standen der übliche Pulverkaffee, ein paar Croissants und eine große Box mit irgendwelchen Anti-Sickness-Pills. Jeder durfte beherzt zugreifen. Und angesichts der hohen Wellen habe ich ebenfalls eine Tablette geschluckt (Fehler 2). Kurze Einteilung in Gruppen, Verteilung der Leihausrüstung – mein bis heute letzter Tauchgang im Shorty! Das Briefing sollte dann auf dem (Speed-)-Boot stattfinden. Der Guide wollte weder eine Tauchtauglichkeitsbescheinigung sehen, noch mussten die, die eine solche nicht vorliegen hatten, eine Erklärung ausfüllen. Vorzeigen von Brevets? Fehlanzeige! Die wollte keiner sehen (Fehler 3). Alle wurden zunehmend hektisch, da sich das Wetter weiter verschlechterte und wir ja unbedingt noch rausfahren wollten, um zu tauchen. Ich hatte allem und allen blind vertraut, von der – unpassenden – Ausrüstung über die Qualifizierung des Guides bis zum Buddy-Check. Letzterer fand gar nicht erst statt (Fehler 4)! Spätestens da hätte ich doch selbst mein Hirn einschalten müssen. Hab ich aber nicht. Also rauf aufs Boot. Nach einem absolut grausamen Ritt über die Wellen war dann auch gleich wieder Stress angesagt. Die meisten Mittaucher fütterten erstmal unfreiwillig Fische oder waren kurz davor. Auch mir war speiübel, man kennt das ja: kalter Schweiß und Gänsehaut in Kombination. Ich war nicht mal dazu in der Lage, selbstständig die Ausrüstung anzulegen. Auch wenn es im Wasser selbst ja meist besser geht, so waren die Voraussetzungen für vernünftiges Tauchen ganz und gar nicht gegeben. Und noch schlimmer: Wir hatten alle Nitrox im Tank, aber anstatt selbst zu analysieren, hatte das mal eben der Guide übernommen, einem schnell den Wert zugerufen – fertig. Bei voller Fahrt, um keine Zeit zu verlieren.
Endlich im Wasser folgte ein Fehler nach dem anderen: Der Guide rief uns zu, wohin wir schwimmen sollten. Dort würden wir dann gemeinsam abtauchen. Es war weit! Und ich war kaputt, mir war schlecht und ich hatte Angst. Endlich beim Rest meiner Gruppe angekommen, ging es dann direkt runter. Der Guide voran, wir mühevoll hinterher. Trotz der miesen Bedingungen waren wir am Sail Rock natürlich nicht alleine. Also Rudeltauchen, immer dem Guide hinterher. Der war fit, flott, zielstrebig… und dann war er weg. Wir haben innerhalb der ersten wenigen Minuten unseren Guide aus den Augen verloren – oder er uns? Wenigstens hat dann das geklappt: Mein Buddy und ich sind zusammengeblieben, nach einer Minute aufgestiegen und haben oben unseren ebenfalls aufgetauchten Guide gefunden. Der war total sauer. Unfassbar. Gesehen habe ich bei diesem dann insgesamt 30-minütigen Tauchgang nur »Bubbles«. Leider war das noch nicht genug. Wieder zurück am Boot, hingen alle anderen mit bleichem Gesicht über die Reling gekrümmt oder dümpelten im Wasser hin und her. Ich bin lieber gleich im Wasser geblieben, da wurde mir wenigstens nicht wieder schlecht. Mit leeren Mägen, leicht dehydriert und völlig erschöpft starteten wir trotzdem zum zweiten Tauchgang des Tages (Fehler 5). Wieder viel Strecke schwimmen, bis wir dann diesmal immerhin gemeinsam ab- und wieder aufgetaucht sind. Das einzige wirklich Wunderbare an diesem schrecklichen Tauchtag war der standorttreue Walhai, der uns ein kleines Stück begleitet hatte. Ich habe daraus gelernt! Zum einen mache ich mich jetzt immer mit den Gegebenheiten vor Ort, Ausrüstung und Fähigkeiten von Guide und Buddy vertraut, habe meine eigene Ausrüstung, analysiere selbstverständlich selbst, sofern Nitrox vorhanden ist. Zum anderen tauche ich nur, wenn ich mich gesund, sicher und wohl fühle. Im Januar frische ich meine Erste-Hilfe-Kenntnisse auf, dann folgen Rescue Diver und Adaptive Support Diver. Damit ich Gefahrensituationen selbst besser einschätzen und entsprechend handeln kann. Für mehr Sicherheit für meinen Buddy und mich!
Fehleranalyse
Ein »wunderbares« Beispiel, wie es leider viel zu oft passiert. Fazit vorweg: ein nicht gemachter Tauchgang ist immer noch besser als ein schlechter. Zum Teil hat Nicole die Fehler schon selbst analysiert. Ein, zwei Anmerkungen wollen wir dennoch machen. Fehler 1: Nehmen Sie sich am besten schon vor dem Urlaub die Zeit, um sich ein gute Tauchschule herauszusuchen, recherchieren Sie, fragen Sie nach. Fehler 2: Auch wenn die Guides vor Ort eigentlich immer am besten wissen, welche Tabletten gut kombinierbar sind, so sollte man in erster Linie selbst wissen, was man da schluckt. Allergien, Unverträglichkeiten oder Überdosierung kann so vorgebeugt werden. Fehler 3: Hier liegt das Risiko bei der Tauchschule, die sich nicht vergewissert und absichert. Sollte etwas passieren, so ist die Tauchschule haftbar. Bei kleinen »Tauchbuden« stellt sich jedoch die Frage, ob diese dann im Stande sind, die Kosten zu tragen oder Schäden zu regulieren. Daher ist in erster Linie wichtig, dass man selbst eine gute Tauchversicherung hat. Fehler 4: Der Buddy-Check darf nie fehlen! Auch wenn er kurz vorm Schritt ins Wasser am sinnvollsten ist. Weiß man vorab schon, wer der Buddy ist, kann man sich gern auch gegenseitig mit der Ausrüstung des anderen »bekannt machen«, um im Ernstfall Bescheid zu wissen. Fehler 5: Mineralwasser trinken, so oft we möglich.