Praxis Technik

Mechanischer vs. elektronischer Tauchkompass sowie Trainingstipps

Dieser Artikel bietet einen Vergleich zwischen mechanischen und elektronischen Kompassen sowie Trainingshinweise und -tipps für den Umgang mit einem Kompass.

Benjamin Schulze

In der Welt des Tauchens spielt die Orientierung eine entscheidende Rolle. Navigationssysteme für den Unterwassereinsatz sind noch nicht ausgereift, daher bleibt der Kompass, ob mechanisch oder elektronisch ein unverzichtbares Werkzeug, insbesondere in Umgebungen mit schlechter Sicht oder in weitläufigen Unterwasserlandschaften.

Aus welchen Komponenten ein mechanischer Kompass besteht, wie man verschiedenen Kurse einstellt und diesen folgt, erfahren Sie in der TAUCHEN-Ausgabe 10/2024. Dort erhalten sie ausserdem noch Anwendungstipps und können Alles über mögliche Störfaktoren nachlesen.

Mechanischer Kompass vs. elektronischer Kompass

In den letzten Jahren haben elektronische Kompasse, die in Tauchcomputern integriert sind, an Popularität gewonnen. Diese Entwicklung hat die Navigation unter Wasser etwas verändert. Immer häufiger verzichten Taucher auf einen mechanischen Kompass. Sie verlassen sich darauf, dass sie in ihrem Tauchcomputer bereits einen »Wegweiser« dabei haben. Beide Systeme – der traditionelle mechanische Kompass und der elektronische Kompass im Tauchcomputer – haben Vor- und Nachteile.

Ein klassischer, mechanischer Kompass.

Mechanischer Kompass:

Vorteile

Unabhängigkeit: Ein mechanischer Kompass ist ein eigenständiges Gerät. Es benötigt keine Stromquelle. Solange er nicht physisch beschädigt ist, bleibt er funktionsfähig.
Zuverlässigkeit: Da es sich um ein einfaches mechanisches System handelt, ist ein mechanischer Kompass weniger anfällig für technische Störungen oder fehlende Updates.
Kosten: Mechanische Kompasse sind in der Regel kostengünstiger als elektronische Systeme und können leicht ersetzt und auch repariert werden.
Die Handhabung sollte im Optimalfall im Navigationskurs gelehrt und geübt worden sein. Da ist das Modell des mechanischen Kompasses relativ egal. Man kann keine falschen Knöpfe drücken und ist in der Regel nicht durch viele neue Optionen überfordert oder von wesentlichen Tauchgangsdaten abegelenkt.

Nachteile:

 Manuelle Handhabung: Der Taucher muss den Kurs manuell einstellen und überwachen, was in stressigen oder komplexen Tauchumgebungen schwierig sein kann und Übung erfordert.
Einschränkungen bei der Neigung: Mechanische Kompasse müssen horizontal gehalten werden, um präzise Messungen zu gewährleisten. Dies kann in bestimmten Tauchpositionen unpraktisch sein.

Ein Tauchcomputer mit elektronischem Kompass

Elektronischer Kompass im Tauchcomputer:

Vorteile

Automatische Ausrichtung: Elektronische Kompasse können unabhängig von der Neigung des Tauchers präzise Messungen liefern, da sie über Neigungssensoren verfügen.
Integration: Sie sind oft in multifunktionale Tauchcomputer integriert, die dem Taucher neben der Richtung auch Informationen wie Tiefe, Zeit und Dekompressionsstatus liefern. In vielen Modellen wird die Ansicht so dargestellt, dass Daten, wie Nullzeit, Tiefe und Tauchzeit zusammen mit der Kompassrose dargestellt werden. Der Tauchcomputer wird selten vergessen. Der Kompass ist somit direkt dabei und in Position.
Zusatzfunktionen: Elektronische Kompasse bieten oft zusätzliche Funktionen wie das Speichern von Kursen, visuelle und akustische Alarme. Das kann die Navigation erleichtern.

Nachteile:

– Abhängigkeit von Strom: Ein elektronischer Kompass benötigt eine Stromquelle. Sollte der Tauchcomputer ausfallen oder die Batterie leer sein, ist auch der Kompass unbrauchbar.
– Kosten: Tauchcomputer mit integriertem Kompass sind in der Regel teurer als Tauchcomputer ohne Kompass. Herkömmliche mechanische Kompasse kosten zwischen 50 und 80 Euro.
– Technische Störungen: Elektronische Geräte sind anfälliger für Softwarefehler, Sensorausfälle oder andere technische Probleme.
– Fehlende Übung: Die Benutzung eines Kompasses, auch wenn er im Tauchcomputer integriert ist sollte mit exakt ddem Gerät geübt werden, dass man schlussendlich unter Wasser verwendet.

Darstellung eines in einem Tauchcomputer integrierten Kompasses.

Übungsmöglichkeiten mit dem Kompass

Wie bei jedem Werkzeug erfordert auch der Umgang mit dem Kompass regelmäßiges Üben, um die Handhabung zu perfektionieren. Hier sind einige Übungsmöglichkeiten, die helfen, Ihre Fertigkeiten im Umgang mit dem Kompass zu schärfen:

Einfaches Peilen und Halten eines Kurses kann an Land geübt werden.

Trockentraining: Bevor man sich unter Wasser wagt, sollte man das Kompass-Handling an Land üben. Das Einstellen und Folgen eines Kurses sowie das Zurückfinden zum Ausgangspunkt können in einem Park oder auf einem offenen Gelände simuliert werden. Anfangs kann man dies offen, das offen, das heißt auf Sicht machen. Zu Übungszwecken hat es sich bewährt, dem Übenden die Sicht zu nehmen, damit er sich nur auf den Kompass und den Kurs konzentrieren kann. Hier für kann man einfach ein Handtuch über den etwas nach vorne gebeugte Kopf des Navigators hängen. Bitte führen Sie diese Übung nicht unbeaufsichtigt durch.

Klassische Übung eines Navigationskurses: einen Kompasskurs mit Handtuch über dem Kopf abschreiten.

Navigation im Schwimmbad: In einem Schwimmbad kann man das Verfolgen eines Kurses unter Wasser üben, ohne durch Strömung oder schlechte Sicht beeinträchtigt zu werden. Dies ist besonders nützlich, um ein Gefühl für die Bewegung mit dem Kompass zu bekommen. Hier kann man auch sehr gut verschiedene Kompasshaltungen trainieren.

Partnerübung: In Buddy-Teams kann man Übungen durchführen, bei denen einer die Richtung vorgibt und der andere folgt. Der nachtauchende Taucher merkt sich den geschwommenen Kurs und gibt ihn anschließend wieder. Eine Schreibtafel entlastet die Merkfähigkeit. Für diese Übung benötigen beide Taucherpartner einen Kompass. Bei dieser Aufgabe soll die Benutzung des Kompasses unter Wasser spielerisch geübt werden.

Kurse tauchen: Starten Sie mit einfachen 180°-Umkehrkursen. Steigern Sie die Schwierigkeit mit Dreiecks- und Viereckskursen. (Tipps zur Haltung des Kompasses und Einstellen der Kurse erhalten Sie in der Ausgabe 10/24). Lernen Sie vor allem sicheres Tarieren während des Tauchens eines Kurses. Schlechte Tarierung mit viel Auf und Ab erschwert das Navigieren immens. Lernen Sie auch Entfernungen unter Wasser einzuschätzen, in dem sie eine möglichst konstante Schwimmgeschwindigkeit beibehalten. Um ein Gefühl für Strecken zu erhalten, haben sie zwei Möglichkeiten: sie können dies auf Zeit (in Minuten) oder mit dem Zählen ihrer Flossenschläge bewerkstelligen. Schnell werden Sie merken, dass das Zählen der Flossenschläge und Errechnen des Kurses einiges an Konzentration erfordert, da gleichzeitig noch tariert werden muss. Wer sicher den Frog-Kick beherscht, ist klar im Vorteil. Hier haben elektronische Kompasse den Vorteil, dass sie die Richtung und die Zeit anzeigen.

Navigation bei Nacht: Nachttauchgänge bieten eine besondere Herausforderung, da die Sicht stark eingeschränkt ist. Hier ist es besonders wichtig, den Kompass genau zu lesen und den Kurs präzise zu halten. Mechanische Kompasse floureszieren, wenn man sie anleuchet. Eine weitere Aufgabe, die zum Navigieren und Tarieren hinzu kommt. Der Kompass im Computer sollte auf Dauerleuchten eingestellt sein, es sei denn er kann einfach und schnell per Knopfdruck wieder zum leuchten gebracht werden.

Übungen mit Ablenkungen: Unter Wasser gibt es oft Ablenkungen, sei es durch Meeresbewohner oder interessante Formationen. Das Üben, den Fokus trotz dieser Ablenkungen auf den Kompass zu halten, ist hilfreich. Genießen Sie trotzdem Moment, wenn der Walhai vorbei schwimmt.

Heftiges Verkanten sollte man bei einem mechanischen Kompass vermeiden.

Fazit

Ein Kompass ist ein unverzichtbares Werkzeug für jeden Taucher, der sich sicher unter Wasser bewegen möchte. Ein fundiertes Verständnis für den Aufbau und die Funktionsweise des Kompasses ist die Grundlage für eine erfolgreiche Navigation. Mechanische Kompasse bieten Unabhängigkeit und Zuverlässigkeit, während elektronische Kompasse durch ihre Benutzerfreundlichkeit und zusätzlichen Funktionen punkten. Durch regelmäßiges Training und Übung können Sie ihre Fähigkeiten verfeinern und auch in anspruchsvollen Situationen den Kurs halten. Nur so wird der Kompass – ob mechanisch oder elektronisch – zu einem verlässlichen Begleiter.

TAUCHEN bedankt sich bei der Tauchbasis BlueMarlin Köln & dem Tauchcenter Dive4Life für die logistische Unterstützung bei diesem Beitrag.