Fotoschule

So fotografiert man Krebse, Schnecken & Co

Herbert Frei
Seesternkissen von unten, Nordsulawesi, Indonesien, Indonesia
König der Muster: Seesternkissen von unten (Herbert Frei).

Seesterne

Wenn Sie glauben, Seesterne seien ein langweiliges Motiv, schauen Sie sich mal das Foto rechts an. Stachelhäuter bestechen durch ihren geometrischen Formenreichtum: Der sternförmige Körper und die fünfstrahlige Armstruktur eröffnen unzählige kreative Möglichkeiten. Natürlich spielt auch die äußere Attraktivität eine große Rolle. Manche Arten scheinen optisch langweilig, bis man ein Makroobjektiv einsetzt und die Oberfläche der Arme einfängt. Andere Seesterne werden von schmarotzenden Rippenquallen befallen und bilden abstrakte Muster auf den Armen. Vernünftig fotografieren kann man diese Strukturen allerdings nur mit einem sehr langbrennweitigen Makroobjektiv.
Seesterne in den Tropen haben normalerweise fünf Arme. Dies gilt auch für die plumpen Seesternkissen, an deren Unterseite man die fünf Strahlen der angedeuteten Arme erkennen kann – ein interessantes Motiv mit Kaleidoskop-Charakter. Auf der Oberfläche zeichnen sich hin und wieder fotogene Muster und Grafiken ab. Eventuell anhaftende Sandkörner und Schmutzpartikel wedelt man mit der Hand weg. Dem Tier schadet es nicht, doch das Bild wird bei einer sauberen Oberfläche brillanter und farbstärker.

Dornenkrone,
Achtung: Hübsch und fotogen, aber man sollte Dornenkronen niemals berühren (Herbert Frei).

Vorsicht beim Fotografieren. Denn: Nicht alle Seesterne sind harmlos! Die bis zu 40 Zentimeter großen Dornenkronenseesterne haben bis zu 23 Arme und enthalten ein starkes Gift, das zu Gliederlähmungen und Fieber führen kann. Starke Schmerzen sind garantiert, wenn man sie. Man sollte die Tiere keinesfalls mit bloßen Händen anfassen und schon gar nicht ohne einen Metallstab umdrehen. Die Dornen auf der Oberfläche geben ein hübsches Stück Pseudo-UW-Landschaft ab. Bei großen Dornenkronen kann man die Ausschnitte mit dem Zoom einer Kompaktkamera oder dem Kit-Objektiv einer Systemkamera ablichten. Ansonsten ist ein kurzbrennweitiges Makro die richtige Objektivwahl. Bei sehr großen Seesternen kann sogar ein Superweitwinkel oder ein Fisheye gute Dienste leisten.

 

 

 

 

Unterwasserlandschaft, Taucherin, Schwamm, Banda See, Indonesien
So einen gigantischen Schwamm muss man mit einem Weitwinkel ablichten (Herbert Frei).

Schwämme

Kein Tier wird älter als ein Schwamm. In der Arktis hat man ein Exemplar gefunden, das auf 40 000 Jahre taxiert wurde. Nehmen Sie ein Weitwinkel oder Fisheye, um Giganten wie Fass-, Röhren- und Vasenschwämme abzulichten.
Schwämme siedeln sich überall an. Streng genommen sind es unbarmherzige Killer, die Felsen, Steinkorallen und sogar Sandflächen überziehen. Für UW-Fotografen sind Schwämme ein Glücksfall, weil sie stationär leben. Man kann sich also für die Bildgestaltung Zeit lassen. Schwämme findet man nicht nur in Brauntönen, sondern in grellem Gelb, leuchtendem Rot und mystischem Violett. An Wracks, in Höhlen und Grotten überziehen sie die Wände, sodass bizarre Muster entstehen, die fotografisch genutzt werden können. Oft mit dem Makroobjektiv oder dem fest eingebauten Zoom der Kompaktkamera.

Schwamm, Nordsulawesi, Indonesien
Fotografisch besonders spannend sind die Ein-und Ausströmöffnungen der Schwämme (Herbert Frei).

Viele Schwämme sind Zwitter. Ihre Ausströmöffnungen sind mitunter musterartig geformt. Schwämme, deren Adern sichtbar sind, fotografiert man so, dass die Kanäle im Goldenen Schnitt oder nach der Drittel-Regel angeordnet werden. Schwammfotografie ist, was deren Umsetzung anbelangt, relativ einfach. Schwieriger ist es, den Schwamm kreativ ins Bild zu setzen. Bei großen Exemplaren, kommt auch die Partnerfotografie ins Spiel. Taucher im Freiwasser oder in der Sonne platzieren, den Schwamm anblitzen. Solche Bilder gelingen auch an Wracks, die mit Schwämmen bewachsen sind. Kompaktfotografen benötigen einen starken Weitwinkel- oder Fisheye-Vorsatz.

 

 

 

 

Muschel in Anenmonen, Banda See, Indonesien
Riesenmuschel inmitten eines Anenmonenfeldes (Herbert Frei).

Muscheln

Ähnlich wie Schwämme erreichen auch Muscheln ein biblisches Alter. Von manchen Riesenmuscheln weiß man, dass sie über 200 Jahre alt werden. Speziell die umgangssprachlich als Mördermuscheln bezeichneten Exemplare, bieten eine Fülle an Einstellungen. Mit Makroobjektiven lichtet man die einzigartigen Muster der sieben bekannten Arten ab.  Wenn die Riesenmuschel im Riff liegt, können Sie auch mit dem Fisheye arbeiten. Dabei sollten Sie darauf achten, dass das Innere der Riesenmuschel gut ausgeleuchtet wird. Zwei Blitzgeräte sind hilfreich.
Zu den fotografischen Raritäten gehört die „Disco-Clam“. Ihr Lebensraum sind Spalten im Riff, weshalb es von ihr nur wenige wirklich gute Bilder gibt.  Sie erzeugt auf ihrem Mantel ein flirrendes Farbenspiel, das auf elektrischer Spannung beruht – ein einzigartiges Schauspiel.
Im Mittelmeer findet man in stillen Buchten mit Seegras die großen Steckmuscheln. Beeindruckende Tiere, die leider durch unkontrolliertes Sammeln etwas selten geworden sind. Der Schalenrand mit den gewundenen Mantelstrukturen ist immer ein Bild wert. Diagonale nicht vergessen. Feilenmuscheln halten sich vorzugsweise unter Steinen auf. Dreht man diese um, hüpft die Muschel davon. Und zwar erstaunlich schnell, um Schutz im Geröll und unter Steinen zu suchen.

Muschel, Tamariu, Costa Brava, Spanien
Der Gerippten Feilenmuschel muss man sich ganz vorsichtig nähern, sonst klappt sie zu (Herbert Frei).

Zu den Muscheln zählen auch die unter Überhängen lebenden Stachelaustern, deren Mantel mit einem farbig-leuchtenden Muster versehen ist. Schon der geringste Wasserdruck oder das Abdunkeln des Tageslichtes lässt die Schalen schließen. Wer sich nähert, muss die Kamera vorher einstellen, sich vorsichtig in Position bringen, ruhig atmen und schnell handeln.

 

 

 

 

 

 

Calmar,
Sepien können wie Kraken in Sekundenschnelle ihre Farbe wechseln, deshalb lohnt es sich sie längere Zeit zu beobachten (Herbert Frei).

Kopffüßer

Schon biologisch gesehen sind es einzigartige Tiere. Ihre Intelligenz ist einzigartig und sie besitzen im Verhältnis zu ihrem Körper extrem große Augen. Diese sind immer wieder das Ziel von Makrofotografen. Denn im Gegensatz zu einem nicht bodenbehafteten Fisch, dessen Augen man normalerweise nicht am Tage riesengroß ablichten kann, gelingt das mit einem Sepien- oder Krakenauge gar nicht so selten. Und manchmal kommen hier sogar Kompaktfotografen zum Zuge. Alle anderen benötigen ein Makroobjektiv.
Die mit Fangarmen ausgestatteten Tiere kann man in voller Größe nur mit einem Kit-Zoom oder einem Weitwinkelobjektiv abbilden. Wenn sie eine stattliche Größe erreicht haben, ist sogar der Griff zum Fisheye eine Lösung. Kalmare kann man häufig wie eine Jagdgeschwader-Formation nahe der Oberfläche beobachten. Wer sich ruhig verhält wird ganz nah an die eigenartigen Tiere herankommen.
Sowohl Kraken als auch Sepien verändern je nach Stimmungslage ihre Farben. Während Kraken sich eher am Boden in Löchern und Spalten aufhalten, schwimmen Sepien frei im Wasser, nähern sich sogar hin und wieder neugierig dem UW-Fotografen. Es kommt sogar vor, dass sie den Taucher ein Stück begleiten. Dann kann man einen Schuss nach dem anderen machen. Blitzlicht stört Sepien nicht. Anders Kraken. Sie zucken durchaus zusammen, wenn man auslöst. Und man muss sich etwas anschleichen, wenn man zum Schuss kommen will. Der Krake verschwindet in seinem Versteck und kommt auch so schnell nicht wieder hervor. Es sei denn, man trickst und lockt ihn mit dem Distanzstäbchen hervor, das man vor dem Loch hin und her bewegt.
Achtung: Niemals ins Loch greifen und versuchen den Kraken herauszuholen! UW-Fotografen machen das nicht, weil es unfair ist und zudem noch gefährlich werden kann, wenn der Krake sehr groß ist. Es gab schon Fälle, da hielt der Krake den Arm fest und ließ ihn mehrere Minuten nicht mehr los. Schlecht, wenn die Flasche fast leer ist. Schnorchlern ist dieses Verhalten schon zum Verhängnis geworden.

Speerschreckenkrebs, Speerer,  Gorontalo, Nordsulawesi, Indonesien
Fangschreckenkrebse sind wegen ihrer kräftigen Farben und großen Augen ein beliebtes Fotomotiv (Herbert Frei).

Krabbelmeister

In allen Meeren sind sie zuhause: Krabben, Krebse, Garnelen, Langusten und Hummer. Als Laie weiß man oft nicht, wen oder was man vor sich hat. Einige der Kandidaten sind so klein, dass sie nur der Tauchguide mit dem Metallstäbchen findet. Andere zeigen sich als kleine Monster, mit stattlicher Größe. Einige Tiere findet man nur am Tag, manche nur in der Nacht. Die Krabbelmeister sind eine Tiergruppe, die nicht mit einer Brennweite zu fassen ist. Makroobjektive sind zwar dominierend, aber was macht man, wenn eine mächtige Krabbe mit aufgestülpten Schwamm nachts flink durchs Riff huscht? Dann kommt das oft verpönte Kit-Zoom zu Ehren.
Beliebte Motive sind Einsiedlerkrebse. Beeindruckend sind die Stilaugen. Wenn die Augen unscharf sind, ist das ganze Einsiedlerkrebsbild nichts wert. Meistens leuchten sie grün, während der Krebs mit schönen Oberflächenmustern brilliert. Mit Glück gelingt ein Schuss mit einer auf der Schale angewachsenen Anemone.
Die im Riff lebenden Garnelen sind manchmal so klein, dass man das Makroobjektiv oder ein Kompaktzoom mit Nahlinse einsetzen muss. Extrem wird es bei der Fotografie von Boxerkrabben, Haarstern-Krebschen, Partnergarnelen auf Nacktschnecken und Seegurken. Ein Makroobjektiv zwischen 90 und 105 Millimeter plus Nahlinse ist angesagt.

 

Alle Tipps und Tricks um die bunten Riffstars abzulichten finden Sie in dieser Grafik:

Tipps und Tricks, um Niedere Tiere abzulichten (Grafik: Sabine Timmann).
Tipps und Tricks, um Niedere Tiere abzulichten (Grafik: Sabine Timmann).