Dunkle Gestalten
Davor muss man sich nicht nur an Land in schattigen Ecken fürchten. Auch unter Wasser machen dunkle Motive Angst, weil man nicht mehr so blitzen kann wie gewohnt. Braune, dunkelblaue oder dunkelrote Farben (Großaugenbarsche) schlucken Licht. Mehr als einem lieb ist. Schlecht für Kompaktfotografen, die mit dem Kamerablitz fotografieren, weil der nicht manuell bedient werden kann. Wie also soll man dann mit der Programmautomatik mit Volllast oder einer geeigneten Blitzleistung fotografieren? Denn manchmal reicht nicht einmal blitzen mit maximaler Leistung aus, weil die Kamerablitzgeräte allesamt so schwach sind wie ein Kerzenlicht im Kohlenkeller. UW-Fotografen mit einer Kompaktkamera bleibt bei Unterbelichtung lichtschluckender Motive nur die Möglichkeit, die ISO-Zahl etwas nach oben zu drehen (ISO 200/400), damit die Leitzahl ansteigt. Sollte das immer noch nicht reichen, muss man nachträglich bei der Bildbearbeitung etwas aufhellen. Besser ist man dran, wenn ein externes Blitzgerät verwendet wird, das sich auch manuell bedienen lässt. Eine bis zwei Blenden Plus bringen sehr viel.
Die größten Probleme gibt es, wenn braune Motive vor einem dunklen Hintergrund aufgenommen werden. Gutes Beispiel sind Muränen in dunklen Löchern. Noch schwieriger wird es, wenn ein dunkler Meeresbewohner aus einem weißen Untergrund hervorschaut. Da kann man zaubern wie man will. Die Fläche ist überstrahlt, wenn das Tier farblich korrekt abgelichtet ist. Tipp: Schauen Sie zu, dass sie den Muränenkopf sehr groß abbilden. Dann greift die automatische Blitzbelichtung. Systemblitzgeräte bewältigen diese Motive im TTL-Blitzbetrieb mit Bravour, wenn man auf Spotmessung geht und den Fokus auf die braune Haut setzt.
Schwärmereien
Zum Ablichten sind Schwarmfische immer etwas Besonderes. Auch, weil sie sich nicht immer so postieren, wie es fotografisch ideal wäre. Für gute Schwarmfischbilder braucht man etwas Zeit. Wenn man auf Schwärme hektisch zuschwimmt, lösen sie sich auf. Eine Ansammlung von Kleinfisch-Schwärmen ist besonders für Kompaktfotografen geeignet, denen die Möglichkeit zur Bildgestaltung mit extrem großen Bildwinkeln abgeht. Wir gehen davon aus, dass solche Ansammlungen drei Fische gleicher Art enthalten sollten.
Von zentraler Bedeutung ist die Farbe der Fische. Je dunkler die Farbe, desto stärker muss geblitzt werden. Ganz problematisch sind Graue Doktorfische. Je nach Lichteinfall wechseln sie die Farbe von bläulich bis fast schwarz. Die Fische sollten möglichst gegen das Freiwasser fotografiert werden. Genauso nervig ist die Fotografie von Schwarzen Schnappern. Die sehr wachsamen Fische wirken im Schwarm nur, wenn die Sonne scheint und mit kräftigem Blitzlicht.
Tipp für Kompaktfotografen: An Barrakuda-Schwärme kann man mit einer Kompaktkamera aufgrund des geringen Bildwinkels des Kamerazooms nicht immer wünschenswert nah heran, um aus kurzer Distanz noch den gesamten Schwarm ablichten zu können. Also muss man weiter weg, wodurch Kontrast und Schärfe leiden. Wandeln Sie solche Bilder am Computer in Schwarz-Weiß um, und ziehen Kontrast und Schärfe etwas an. Sie erhalten so ein sehr ansprechendes Schwarmbild.
Träge Gesellen
Möglicherweise sind Grundfische die faunistischen Lieblinge aller Hobbyfotografen. Denn nichts lässt sich einfacher ablichten als ein Fisch, der unbeweglich am Grund liegt. Warum misslingen diese Fotos so häufig? Zeit ist genügend vorhanden, die still liegenden Motive abzulichten. Aber meist rücken UW-Fotografen den Fischen so nah auf die Pelle, dass selbst ein Steinfisch die Geduld verliert. Was ist zu tun, wie also macht man es richtig? Abgesehen von diversen Belichtungsproblemen, weil einige der Bodenfische mit einer lichtschluckenden Hautschicht (dunkle Krokodilfische) versehen sind, ist erst mal Ruhe die oberste Pflicht.
Bodenfische, oder solche, die sich nahe über dem Grund aufhalten (Kugelfische, Igelfische) vertrauen auf ihre Tarnung oder andere geeignete Abwehrmaßnahmen (Drachenköpfe, Steinfische, Teufelsfische). Sofern sich nicht alle UW-Fotografen einer Tauchgruppe um das Tier scharen und es immer nervöser machen, sollte man in aller Ruhe überlegen, aus welcher Position man den Fisch ablichten kann. Beim Fotografieren vieler bodennaher Fische kommt man an einer leichten Vogelperspektive kaum vorbei, was aber nicht schlimm ist, solange das oder die Augen scharf sind. Denn das ist das Hauptkriterium. Wenn der Fisch schon unbeweglich verharrt, müssen zumindest die Sehorgane scharf sein. Das ist das Mindeste, was man von solchen Bildern erwarten darf. Wer weitgehend horizontal oder gar etwas aus der Froschperspektive gestalten will, muss die Kamera tief unten positionieren. Spiegelreflexfotografen tun sich da leicht mit einem 45-Grad-Sucher. Die anderen müssen möglicherweise bei der Bildgestaltung etwas schätzen, wenn das Monitorbild oder der horizontale Sucher nicht richtig einsehbar ist. Bei Giftfischen macht sich das Porträt richtig gut, wenn nur der Kopf mit einbezogen wird. Das diesen Tieren eigene skurrile und monströse Aussehen, begünstigt die Nachhaltigkeit solcher Bilder.
Tipp: Bodenfische eignen sich besonders für das Ablichten von Augen. Systemfotografen benötigen dafür eine etwas längere Tele-Makrobrennweite, Kompaktfotografen können das Zoom betätigen, um das Auge etwas zu vergrößern. Aber höllisch aufpassen, dass das Bild scharf wird, denn das Zoomobjektiv lässt sich an Kompaktkameras nicht bis zur kürzesten Naheinstellung nutzen. Wenn es nicht ausreicht, muss eine Nahlinse vorgeschaltet werden. Internen Kamerablitz mit Diffusor verwenden und die Blitzbelichtung ist easy, wenn das Auge nicht näher als zehn Zentimeter vom Gehäusefrontglas entfernt ist.
Adrenalin-Kick
Die meisten UW-Fotografen wünschen sich irgendwann einmal bei einer Haifütterung dabei zu sein, um endlich einige Bilder der eleganten Raubfische machen zu können. Dann ist es endlich soweit, aber leider hauen die Ergebnisse keinen wirklich um. Überall Luftblasen, Schwebeteilchen, Taucher im Bild, die man gar nicht haben wollte und Haie, deren Körper mal hinten und mal vorne abgesäbelt worden sind. Was ist hier schief gelaufen? Das Fotografieren von Haien bei einer Fütterung unterliegt eigenen Gesetzen. Machen wir uns nichts vor, auch wenn Haie im Normalfall friedlich und wenig angriffslustig sind, ist eine Fütterung für alle beteiligten nicht ungefährlich. Insbesondere, wenn große Haie wie Bullen- oder Tigerhaie mitmischen. Das beweisen immer wieder Unfälle, bei denen UW-Fotografen und Taucher gebissen werden. Deshalb ist es wichtig, niemals dort zu fotografieren wo sich Futter in der Strömung verteilt.
Wie fotografiert man Haie? Fütterungen bringen Unruhe und viele Trübstoffe mit sich, wenn die Aktion über Sandgrund stattfindet. Blitzen ist nur mit sehr langen Blitzarmen zu empfehlen. Kurze Distanzen zu den Haien gestatten auch den Einsatz von Superweitwinkel und Fisheye. Aber halten sie nicht sinnlos in das Getümmel. Solche Bilder werden nichts. Mit Superweitwinkel und Fisheye sollte man nur operieren, wenn man die Gewissheit hat, wirklich sehr nah an die Tiere heranzukommen. Sonst besteht die Gefahr, dass die Haie zu klein abgebildet werden und man jede Menge unliebsame Mitstreiter im Bild hat. Gut geeignet sind das sonst etwas verachtete Kit-Zoom, ebenso ein kurzes 50-Millimeter-Makroobjektiv. Und scheuen Sie sich nicht, dicht unter der Wasseroberfläche auch mal ohne Blitzlicht zu fotografieren. Sonnenstrahlen auf dem Rücken eines Hais machen sich extrem gut. Solche Bilder zeigen den Thrill einer Haiaufnahme.
Man fotografiert die Haie vorzugsweise, wenn sie einen Bogen schwimmen und zur Futterkiste zurückkehren. Das sind die Momente, in denen man die Raubfische ohne störende Taucher aufs Bild bekommen kann. Mit einer guten Kamera und einem schnell reagierenden Blitzgerät kann man auch Haie trotz deren weißer Bäuche mit TTL blitzen. Man korrigiert mit einer Blende minus, dann geht das gut. Welche Brennweiten? Das Kit-Zoom ist sehr gut geeignet, auch ein Makroobjektiv passt immer. Fisheye-Objektive und starke Weitwinkel kann man nur einsetzen, wenn wenige Taucher umherschwimmen, weil man sonst alles auf dem Bild hat, nur keinen fotogenen Hai. Schlechte Karten hat man mit einem Tele-makro. Da kommen nur Maul und Augen aufs Bild.
Masse und Klasse
Größe beeindruckt. Und macht manchmal sprachlos. Die Chance Walhaie und Mantas zu sehen, ist mittlerweile auch für Urlaubsfotografen in den Bereich der planbaren Realität gerückt. Während man den größten Fisch unserer Weltmeere auf den Malediven mit Tauchgerät genießen kann, ist anderswo die Walhaifotografie meistens nur beim Schnorcheln erlaubt. In den oberen Wasserschichten fotografiert man besser ohne Blitzlicht. Nicht, weil er das Licht reflektieren würde, sondern wegen des Planktons. Wo Walhaie unter der Oberfläche einem mit offenem Maul entgegenschwimmen, ist das Wasser nicht sehr klar.
Die Vorgabe lautet für Systemfotografen: ISO 200, Blendenautomatik, feste Verschlusszeit 1/125-Sekunde wegen Verwackelungsgefahr, Superweitwinkel-Zoom oder Fisheye-Objektiv. Da sich die Situationen nicht immer vorausplanen lassen und man auch mit Wellengang rechnen muss, kann man auch die Bildfrequenz erhöhen. Es reichen zwei Bilder pro Sekunde. Machen Sie so viele Bilder wie möglich. Denn Walhaie sieht man nicht alle Tage.
Tipp für Kompaktfotografen: Programmautomatik wählen und einen starken Weitwinkelkonverter aufziehen. Mindestbildwinkel 90 Grad. Weil Walhaie riesig sind, gestattet die kritische Foto-Szene auch Bilder von oben und von hinten. Die mächtige Schwanzflosse ist immer ein Bild wert. Den Fisch gegen die Wasseroberfläche zu fotografieren gelingt allerdings nur guten Apnoeisten oder Tauchern mit Gerät. Mantas sind fast ein Äquivalent. Auch sehr groß, aber häufiger anzutreffen. Und Mantas spielen hin und wieder gern mit Tauchern. Ruhig über dem Riff liegend schweben, ist manchmal das Beste. Blitzen ja oder nein? Wenn es sich um eine Silhouetten-Aufnahme handelt, kann man das Blitzlicht abschalten und sogar mit der Programmautomatik fotografieren. Weil die Bäuche der Mantas in der Regel weiß sind, reflektiert das Blitzlicht und hellt den Bauchbereich stark auf. Da hilft nur drosseln, wenn manuell geblitzt wird. So unglaublich es klingt, aber TTL-Blitzen geht, wenn Mantas das Bildfeld für sich einnehmen. Denn bei starkem Oberflächenlicht wird die Blitzleistung bei der TTL-Blitzsteuerung automatisch etwas heruntergefahren. So gelingt, was eigentlich nicht sein dürfte, ein Mantabild gegen die Sonne mit richtig belichtetem Bauch.
Wenn Sie wieder auf Fischfotojagd sind: Die Schärfe, eine saubere Blitzbelichtung und eine interessante Bildgestaltung sind das A und O für gute Fotos. Und keine Scheu vor Kompaktkameras: Eine teure Profi-Ausrüstung macht noch lange kein tolles Fischfoto. Viel Spaß beim Experimentieren!