Fotoschule

Seeschlangen fotografieren: Tipps für perfekte Aufnahme

Seeschlangen sind alles andere als Alltagsmotive. Unser Foto-Profi verrät sein Vorgehen, wenn er auf sie trifft.

Martin Strmiska

Im Allgemeinen sind Seeschlangen kein einfaches »Ziel« für Fotografen. Sie atmen Luft an der Wasseroberfläche und tauchen für längere Zeit ins Riff hinab, um nach Nahrung zu suchen. Genau dann haben wir die beste Chance auf ein Foto von ihnen. Obwohl sie nicht die schnellsten Tiere im Meer sind, erschweren die Art und Weise, wie sie sich zwischen den Korallen wellenförmig bewegen, sowie die Form ihres Körpers das Fotografieren. Auch wenn es Orte wie die Philippinen und Indonesien gibt, an denen man relativ häufig auf Seeschlangen trifft, ergeben sich diese Motivgelegenheiten nicht jeden Tag.

Ort: Apo Reef/Philippinen, September 2022 Kamera: Canon R5, Canon 8-15 mm @15 mm +1,4 mm Kenko-Telekonverter (21 mm) Seacam-Gehäuse, Seacam Compact Port, Subtronic Pro160s @1/2 Leistung Einstellungen: 1/20s, F/13, ISO 320

Deshalb versuche ich, Seeschlangen bei jeder sich bietenden Gelegenheit abzulichten. Das Ziel ist ziemlich einfach und geradlinig: Die Seeschlange so zu fotografieren, dass ihr Kopf der Kamera zugewandt ist, am besten so nah wie möglich am Objektiv. Mit dieser Formel im Hinterkopf müssen wir uns mit mehreren gegensätzlichen Umständen auseinandersetzen, was das Foto spezifisch macht.

Ausrüstung

Bei der von uns gewünschten Komposition – das ganze Tier im Bild – sind unsere Möglichkeiten auf Weitwinkelobjektive beschränkt, aber nicht unbedingt auf Fisheye-Objektive. Ein Fisheye-Objektiv würde immer noch funktionieren. Aber das klassische 15-Objektiv an einer Vollformatkamera wäre für dieses Motiv zu »weitwinklig«. Das Tokina 10-17 Millimeter an einer Crop-Sensor-Kamera ist meine Empfehlung. Bei der Vollformatkamera würde ich das Canon 8-15 Millimeter mit einem Telekonverter nehmen (15 Millimeter mit Telekonverter).

Ein geradliniges Weitwinkelobjektiv kann sich als gute Option erweisen. Allerdings kann die kissenförmige Verzeichnung bei geringem Arbeitsabstand ziemlich störend sein. Ich empfehle hier einen kleinen Domeport. 100 Millimeter am Cropped-Sensor bzw. etwas größer am Vollformat sind die richtige Wahl. Zu guter Letzt sollten noch zwei schnelle Blitzgeräte sehr nahe am Domeport platziert werden. Ein maximaler Abstand von zehn Zentimeter vom Objektiv ist ein guter Anfang.

Bei dieser Aufnahme wurde die Kamera mit der Bewegung des Tieres mitgeführt und aus der »Hüfte geschossen«.

Einstellungen & Belichtung

Es gibt zwei mögliche Szenarien für die Belichtung unserer Aufnahme: Wir können ein statisches Bild mit einer kürzeren Verschlusszeit (1/80-1/160s) machen oder einen Unschärfe-Effekt durch eine Kombination aus längerer Verschlusszeit (1/2-1/40s) und Kamerabewegung erzeugen. Ich bin ein großer Fan des natürlich erzeugten Bewegungsunschärfe-Effekts und habe daher 1/20s für meine Aufnahme gewählt. Die Kombination aus geringem Arbeitsabstand, sich schnell bewegender Seeschlange und längerer Verschlusszeit ermöglichte eine Unschärfe im gesamten Bild und ließ die Seeschlange vom Hintergrund hervorstechen.

Mit einer hohen Blendenzahl konnte ich eine relativ große Schärfentiefe beibehalten. Ein paar Probeaufnahmen halfen mir, den ISO-Wert auf 320 einzustellen. Meine Blitzgeräte waren sehr nahe am Tier und auf 1/2 Leistung eingestellt. Diese Technik erfordert einen »zweiten Verschlussvorhang« und kann auf zwei Arten umgesetzt werden (bewegt oder unbewegt). Man kann entweder die Kamera während der Belichtung in die gewünschte Richtung bewegen (normalerweise in die selbe Richtung, in die sich das Objekt bewegt). Oder unbewegt bleiben und das Objekt sich bewegen lassen, um den Bewegungseffekt zu erzeugen.

Blitzschaltung

Stellen Sie Ihre Kamera auf den »zweiten Verschlussvorhang« ein. Das heißt: Wenn Sie den Auslöser zum Zeitpunkt T drücken, öffnen Sie die Belichtung und lassen das Umgebungslicht den Hintergrund malen. Die Blitzgeräte werden jedoch später, am Ende der Belichtung, zum Zeitpunkt T+1/20s ausgelöst.

Blitzleistung & Blende

Halbe bis volle Leistung! Je mehr Umgebungslicht wir haben und je länger die Verschlusszeit ist, desto höher ist die Blendenzahl, die für eine korrekte Belichtung erforderlich ist. Das bedeutet automatisch, dass wir viel Licht von unseren Blitzgeräten benötigen, um das vordere Objekt bei kleinerer Blende zu beleuchten.

Lediglich die »Belichtung« wurde etwas reduziert, die »Klarheit« und der »Dunst« erhöht.

Bildausschnitt & -komposition

Diese unterscheiden sich je nach der »unbewegten« oder »bewegten« Aufnahmetechnik. Wenn Sie stillstehen, müssen Sie Ihr Objekt in Bezug auf seine zukünftige Position »komponieren«. Wenn Sie den Auslöser drücken, beginnen Sie, den Hintergrund zu definieren. Die Belichtung bleibt bestehen. Während Sie stillhalten, bewegt sich Ihr Objekt über die Szene. Nach Ablauf der Belichtungszeit (T+1/20s) werden Ihre Blitzgeräte ausgelöst und frieren das Objekt an seiner Position ein, die sich gegenüber der Position zum Zeitpunkt des Auslösens des Verschlusses verändert hat.

Wenn Sie sich mit dem Motiv bewegen, können Sie zu Beginn der Belichtung eine genauere Komposition vornehmen und Ihrem Objekt folgen, bis die Blitzgeräte auslösen und seine endgültige Position einfrieren. So haben Sie die Kontrolle über die Position des Objekts im Bild während der gesamten Belichtungszeit. Meine bevorzugte Technik.

Bewegung

Die Magie: Die Seeschlange beginnt zwischen den Korallen zu jagen und wird versuchen, eine Kollision mit Ihrer Kamera zu vermeiden. Allerdings ist ein sehr geringer Abstand oder eine Kollision genau das, was Sie brauchen, um ein fantastisches Bild zu machen! Um das Objektiv vor dem Kopf der Seeschlange zu halten, müssen Sie das Rig nach hinten ziehen und blind aus der Hüfte schießen. Beginnen Sie mit voll gestreckten Armen und folgen Sie der Seeschlange. Wenn sich das Tier nähert, ziehen Sie die Kamera nah an Ihre Brust und bewegen sich nach hinten. Diese Technik ist schwer zu erlernen. Doch wenn man sie erst beherrscht, kann man sie auch bei anderen Objekten anwenden und so einen tollen »Überraschungs«-Effekt erzielen.

Martin Strmiska Porträt
TAUCHEN-Fotograf Martin Strmiska fotografiert bereits seit Jahren die Wunder der Unterwasserwelt und gibt seine Erfahrungen weiter. Mit seinen Aufnahmen hat er schon mehrere Preise und Auszeichnungen gewonnen. Gerne gibt der Profi sein Wissen in Workshops weiter (aquasphere.sk).

www.aquasphere.sk