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Selfie unter Wasser – wie man sich selbst »in Szene setzt«

Unser Fotoprofi Martin Strmiska erklärt in diesem Beitrag, wie man sich selbst unter Wasser ins richtige Licht rückt.

Martin Strmiska

Wir leben in Zeiten der sozialen Medien und Selfies. Auch wenn ich generell kein Fan von Selfies bin, erst recht nicht unter Wasser, wo diese Technik regelmäßig große Schäden an empfindlichen Korallenriffen verursacht und Wildtiere belästigt, gibt es doch einige wenige Gelegenheiten, bei denen ein sorgfältig gemachtes Selfie das Tier nicht belästigt und möglicherweise eine unterhaltsame Geschichte einfängt. Ein weiterer Grund, die Kamera auf uns zu richten, ist die Tatsache, dass wir als Fotografen selten selbst auf den eigenen Bildern zu sehen sind.

So kann es funktionieren

Das Motiv finden: Ich weiß, das Hauptmotiv sind wir selbst. Aber wir brauchen noch eine Art zusätzliches Element, um unser Selbst etwas zu »pimpen«. Es gibt nur wenige Motive, die sich für ein Unterwasser-Selfie eignen.

Das Schwimmen mit einem großen Tier, das Schweben neben einer freundlichen Meeresschildkröte, das Spielen mit einer neugierigen Muräne oder das Eindringen in große Fischschwärme funktionieren hervorragend. Auch jedes andere neugierige Tier ist einen Versuch wert. Ich kann nur nochmal betonen, wie wichtig der Respekt und die richtige Einstellung gegenüber den Wildtieren sind. Belästigen Sie das Tier nicht!

Ich habe schon viele Beispiele für störendes Verhalten von Tauchern und Schnorchlern gesehen, die vom »Selfie«-Wahn getrieben wurden. Ein Taucher, der sich in das Gesicht eines Dugongs drängt. Ein Schnorchler, der eine Meeresschildkröte anfasst oder der sich zu einem Walhai in die Tiefe stürzt – kein Verhalten, das Tierliebhaber an den Tag legen sollten.

Seelöwen sind meine absoluten Lieblingsobjekte für Selfies. Auf dem Bild war das hübsche und freundliche Weibchen aus Los Islotes in der Baja California/Mexiko so sehr an einer Annäherung interessiert, dass ich kaum eine Gelegenheit hatte, die Kamera zwischen mich und sie zu bringen. Und so habe ich die Kamera natürlich auf uns beide gerichtet.

Weitwinkel-Nahaufnahme

Da wir in einer Entfernung arbeiten, die durch den Bewegungsspielraum unseres ausgestreckten Arms begrenzt ist, können wir nur mit einer Weitwinkeloptik eine Szene in vernünftiger Größe aufnehmen. Eine DSLR mit Crop-Sensor in Kombination mit dem Tokina 10-17mm und einem Mini-Domeport (100 mm) ist die beste Kombination. Eine Vollformat-DSLR oder eine spiegellose Kamera in Kombination mit einem Fisheye-Objektiv mit etwas größerem Dome-Anschluss (160 mm) funktioniert ebenfalls gut. Was die Beleuchtung angeht, müssen die Blitzgeräte relativ nah an der zentralen Paralaxe platziert werden, da das Licht sonst unser Gesicht verfehlt. 20 Zentimeter Entfernung von der Dompeoprt-Mitte scheint der optimale Abstand zu sein. Vergessen Sie nicht, die Blitze nach hinten zu ziehen und sie leicht nach außen zu drehen (30 Grad).

Kamera- & Blitzeinstellung

Nach meiner Philosophie werden die Kameraeinstellungen durch das gewünschte Verhältnis zwischen der Belichtung des Hintergrunds und des Vordergrunds bestimmt. Daher empfehle ich kürzere Verschlusszeiten (1/125s – 1/250s), um unerwünschte Bewegungsunschärfen zu minimieren, und eine große Blendenzahl (f/8-f/11 auf dem Crop-Sensor, f/9-f/13 auf dem Vollformat), um eine größere Schärfentiefe im Bild zu erreichen.

Der ISO-Wert ist die Variable, mit der die Belichtung des Hintergrunds und des Vordergrunds eingestellt wird, und ist der letzte kamerainterne Parameter, der angepasst werden muss. Die Belichtung des Hintergrunds bestimmt die Menge an Licht, die in die Szene eingebracht werden muss. Mit anderen Worten: Nachdem wir die Belichtungsparameter in der Kamera festgelegt haben, setzen wir diese explizit in die Blitzleistung um, nicht umgekehrt! Ich verwende meinen Subtronic Pro 160s mit 1/4-1/2 Leistung, je nach der Menge des verfügbaren Lichts. Je mehr natürliches Licht zur Verfügung steht, desto mehr Leistung kann ich verwenden, um mich selbst zu beleuchten und das Bild im Gleichgewicht zu halten, wenn das Licht schwindet.

Skizze der Situation

Ort: Mexiko; Kamera: Nikon D7200, Tokina 10-17 mm; Belichtung: 2x Subtronic pro 160; Einstellungen: 1/250sek,. f13, ISO200

Autofokus-Einstellungen

Da wir selbst ja im Mittelpunkt des Bildes stehen, muss unser Gesicht zu 100 Prozent fokussiert sein. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie man das erreichen kann. Entweder wir lassen den Autofokus der Kamera unser Gesicht suchen und verfolgen, indem wir den Auslöser halb herunterdrücken. Oder wir fokussieren in einer bestimmten Entfernung vor und schalten den Autofokus aus. Ich selbst bin eher ein Fan der Vorfokussierungsmethode, da man sich so voll und ganz auf die Komposition konzentrieren kann, ohne sich um den Fokus der Kamera zu kümmern. Andererseits ist der Fokuspunkt wahrscheinlich nicht zu 100 Prozent präzise. Die neueste Technologie bietet eine Eye-Tracking-Fokussierungsmethode, die in Bezug auf die Schärfe meist das treffsicherste sein dürfte, wenn die Augen gut zu sehen sind.

Komposition

Die schwierigste Aufgabe ist die Bildkomposition. Hier kann ich nur wenige Ratschläge geben. Es ist viel Übung erforderlich, um unser Bild ohne Hilfe eines Suchers/Displays einzurahmen. Wir wissen, dass die Kamera so ausgerichtet sein muss, dass wir das Hauptobjekt auf unserem Bild sind. Mit dieser Regel müssen wir uns mit der Kamera als feststehendem System bewegen und durch‘s Umdrehen nach dem »Motivrahmen« suchen. 

Nachbearbeitung

Auf Grund der Nähe der Blitze zum Gesicht wurde die Belichtung insgesamt etwas vermindert. Ausserdem mussten bei dieser gegenlichtige Aufnahme die »Highlights«, also die hellen Bereiche abgeschwächt und die Schatten aufgehellt werden.
Martin Strmiska Porträt
TAUCHEN-Fotograf Martin Strmiska fotografiert bereits seit Jahren die Wunder der Unterwasserwelt und gibt seine Erfahrungen weiter. Mit seinen Aufnahmen hat er schon mehrere Preise und Auszeichnungen gewonnen (aquasphere.sk).