Korallenbilder wirken immer dann, wenn Ausleuchtung und Perspektive stimmen. Als Grundvoraussetzung gilt allerdings auch die weitgehende Unversehrtheit der Koralle oder des Korallenstocks. Was abgenagt, zerbrochen, mit matten Farben versehen und eventuell auch noch mit braunen Algen überdeckt ist, macht sich schlecht auf Bildern. Wobei man Dokumentationsaufnahmen abgestorbener Korallen nicht löschen sollte. Es sind möglicherweise Zeugen einer gefährdeten UW-Welt oder Beweise verwerflicher Dynamitfischerei. Unser TAUCHEN-Autor und Profi-Fotograf Herbert Frei gibt Tipps, wie sie Korallen besser in Szene setzen können. Viel Spaß!
Taucher & Korallen
Da auch UW-Fotografen nur in wenigen Fällen ganz allein tauchen und deshalb in der Regel einen Partner oder eine Partnerin dabei haben, bieten sich Modelbilder mit Korallen im Vordergrund an. Die sind leider selten originell – was aber weniger an den UW-Fotografen, sondern eher an den begrenzten Möglichkeiten liegt. Ihnen wird kaum etwas anderes übrigbleiben, als bekannte Ideen zu wiederholen. Der Klassiker: Der Partner sollte möglichst über den Korallen im Freiwasser schweben. Wenn das Riff zu dicht angeschwommen wird, bleibt eine große Wasserfläche übrig, die dem Bild eine Kopflastigkeit geben kann. Was ist wichtiger: Koralle oder Taucherin? Eigentlich sollte der Fokus auf den Korallen liegen, denn der Mensch ist im Meer ein Fremdkörper, der da eigentlich nicht hingehört. Aber: Taucher beleben das Bild und demonstrieren die Größenverhältnisse einer Schlucht, einer Gorgonie oder einer Rifflandschaft. Mischlicht heißt übrigens, dass Blitzlicht und Tageslicht so vermischt werden, dass man die Eigenfarbe des Wassers auf dem Bild sieht. Taucher im Hintergrund sollten noch erkennbar sein, auch wenn das Bild in größerer Tiefe gemacht wurde. Ein oder zwei Blitzgeräte? Da gehen auch die Meinungen der Fachleute auseinander.
Manchmal kann es besser sein, zwei Kleinblitze statt eines einzigen Großen zu verwenden, weil die Ausleuchtung harmonischer wird. Aber, keine Regel ohne Ausnahme. Mit nur einem Blitz ist man wendiger und schneller, kann die Bilder auch hinsichtlich des Lichtverlaufs mit Licht und Schatten flexibler gestalten. Der Fotoprofi Norbert Probst arbeitet beispielsweise so. Zwei Blitzgeräte haben indes den Vorteil, dass man weiterblitzen kann, wenn einer ausfällt. Für beide Blitztechniken gilt: Blitzgerät zurücksetzen, möglichst hinter die Kamera, dann reduzieren sich die Trübstoffreflexionen deutlich.
Farbige Weichkorallen
Farbige Weichkorallen sind die Lieblinge der UW-Fotografen: Die unglaubliche Farben- und Formenvielfalt ist einzigartig. Man findet sie in allen tropischen Meeren. Früher galt das Rote Meer als Mekka der Weichkorallenfotografie. Mittlerweile sind die asiatischen Destinationen beliebter: Insbesondere Indonesien, Malaysia und der Pazifikraum warten mit Weichkorallenwänden auf, die ihresgleichen suchen – farbiger geht es nicht mehr. Aber wie fotografiert man eigentlich diese bunten Weichkorallen am besten und welche Brennweiten sind ideal?
Prinzipiell spielt das Objektiv keine entscheidende Rolle. Es sei denn, Sie beabsichtigen bestimmte Bildgestaltungen und Perspektiven durchzuführen. Vom Telemakro bis zum Fisheye passt eigentlich jede Brennweite. Auch, wenn man vor einem gewaltigen Weichkorallenstock schwebt und das Makro aufgezogen hat, muss man nicht verzweifeln, denn die Stämme der Weichkorallen zieren filigrane Muster und kleine Büschel. Und das Beste: Dazwischen leben winzige Porzellankrebse und kleine Grundeln, die sich farblich ihrem Untergrund angepasst haben. Tolle Motive warten!
Vorsicht bei violetten Weichkorallen. Die schlucken so viel Licht, dass man es kaum glauben kann. Geben Sie hier also etwas mehr Blitzleistung als sonst üblich. Das krasse Gegenteil sind gelbe Weichkorallen. Das kann man das Blitzlicht nicht genug dämpfen, weil sonst die gelbe Farbe ins Weißliche driftet und das kann man dann auch mit Nachbearbeitungen im Bildbearbeitungsprogramm nur schwer auffangen.
Am attraktivsten sind zweifelsohne die knallroten Vertreter. Ihre Farbe lässt sich am wirkungsvollsten in der Nacht vor schwarzem Hintergrund darstellen. Wichtig: Sie sollten sich bei Nachttauchgängen einfach immer angewöhnen, nicht nur schlafende Fische und muntere Krebse zu suchen, sondern auch auf die Korallen zu achten. Ein guter Tipp auch für Kompaktfotografen, die hier mit ihrem Kamerazoom sehr flexibel arbeiten können. Makro- und Weitwinkelaufnahmen sind kein Problem. Wichtig dabei: Die Kamera sollten Fotografen immer so positionieren, dass man in das nachtschwarze Wasser fotografiert – plastischer geht es kaum! Übrigens: Weichkorallen nesseln, aber das Gift ist so schwach, dass es die menschliche Haut nicht durchdringen kann.
Fächerkorallen
Wer schon mal im Roten Meer oder in Asien abgetaucht ist, wird sich eventuell gewundert haben, was da für gewaltige Bäume an den Riffen wachsen. Es sind Fächerkorallen, auch Gorgonien genannt. Manche Exemplare sind so groß, dass Taucher dahinter verschwinden. Muss man dafür ein Weitwinkel-Objektiv aufziehen? Nur, wenn man den Fächer ganz auf dem Bild haben will. Sonst reicht ein Kit-Zoom oder ein Makroobjektiv. Kompaktfotografen können hier wieder ihren flexiblen Zoom ausspielen. UW-Fotografen lieben die Fächer wegen ihrer grafischen Strukturen, die viele unterschiedliche Motive ermöglichen. Man kann die großen Fächerkorallen als Staffage für Taucherbilder nutzen. Das Model in die Sonne oder ins Blauwasser stellen und den Fächer anblitzen. Wenn das Model nahe am Fächer posiert, kann man das Gesicht aufhellen. Ansonsten ist es besser vom Taucher eine Silhouette abzubilden. Ob das Model eine Lampe oder die Zweitkamera trägt, ist nicht relevant. Wichtig ist die ungekünstelte Haltung. Natürlich, entspannt und ohne Blick in die Kamera.
Gorgonien kommen bis in Tiefen von 250 Meter vor. Das ist erstaunlich, da Korallen doch eher nach Licht streben. Bei Fächerkorallen ist primär ein strömungsreicher Platz wichtig, denn der Riesenwuchs kann nur zustande kommen, wenn es immer mal wieder richtig bläst. Das kann beim Fotografieren etwas hinderlich sein. Bei starker Strömung sollte man den Fächer entgegen der Wasserkraft fotografieren, damit man nicht in die Gorgonie hineingespült wird. Sollte es passieren, etwas Luft ins Jacket geben und ohne Flossenschlag vorsichtig nach oben treiben lassen. Das schadet dem Fächer nicht, denn die Verästelungen sind sehr robust. Gorgonien wachsen interessanterweise überwiegend im rechten Winkel zum Hauptstamm. Anhand der Farben kann auch ein Laie die Gorgonien grob unterschieden. Von besonderem Reiz sind Makroaufnahmen der Polypen. Die ganze Pracht der Strukturen und Farben entfaltet sich primär aus der Nähe. Achten Sie aber auf die Diagonalen und ob der Fächer in dem von Ihnen gewählten Bildausschnitt ohne Beschädigungen (manche Fische knabbern daran) oder abgestorbene Polypen ist. Auch Seepferdchen lieben die Fächer und verstecken sich in den Gorgonien. Also Augen auf für Kleines!
Tischkorallen
Der Name ist Programm: Sie sehen aus wie einbeinige Tische. Zumal Tischkorallen nicht davor gefeit sind, das Gleichgewicht zu verlieren und umzukippen. Ihr Vorkommen beschränkt sich auf Tiefen bis 30 Meter, vor-zugsweise an exponierten Hängen. Diese Korallen sind das Refugium von Zitronenfalterfischen, Blaupunktrochen und Süßlippen. Von oben geschützt und nach den Seiten offen, fühlen sich die Tiere wohl. Als UW-Fotograf können Sie schöne Fischaufnahmen gestalten. Makroaufnahmen sind an Tischkorallen zumindest am Tag nicht sehr ergiebig, weil keine Farben erkennbar sind. In der Nacht besteht die Möglichkeit, die offenen Polypen abzulichten. Grafische Strukturen gelingen nur, wenn man von oben einen Ausschnitt sucht.
Wenn sie ein Superweitwinkel oder ein Fisheye benutzen, sollten Sie versuchen, Tischkorallen aus der Froschperspektive abzulichten. Die Kamera wird so gehalten, dass der Korallenschirm vom Oberflächenlicht durchdrungen wird und eine Skulptur darstellt. Wenn nicht geblitzt wird, entsteht eine Silhouette. Blitzt man den Korallenschirm von unten an, wirkt das Bild freund- licher und man erkennt auch die am Stamm vorhandenen filigranen Oberflächenstrukturen, die an Intarsien erinnern.