Praxis

Grundsätzliche Sicherheitshinweise für das Freitauchen, Schnorcheln und »Freestyle-Tauchen«

Unser Apnoe-Profi klärt über die grundlegenden Sicherheitsregeln beim Freitauchen auf. Diese gelten für Profis und auch Freizeitschnorchler.

Alexander Kassler

Text: Nik Linder

Für Außenstehende scheint das Apnoetauchen ein gefährlicher Sport zu sein. Und es ist richtig: Beim Apnoetauchen gibt es, genau wie in anderen Sportarten, Verletzungen und sogar Todesfälle. Doch der Apnoe-Wettkampfsport hat viel aus den Erfahrungen und auch aus den Fehlern der letzten Jahre gelernt. Es wurden Richtlinien entwickelt, die das Tauchen mit einem Atemzug erheblich sicherer machen.

Einige dieser Sicherheitsgrundsätze möchte ich Ihnen vorstellen, denn sie sind nicht nur für Wettkampftaucher interessant, sondern auch für Freizeitsportler und Schnorchler.

Grundsätzliches

Als Apnoe Instructor wird man nicht müde, zu erklären: »Never freedive alone. Tauche nie allein.« Fast alle Unwägbarkeiten wie Hypothermie, Hypoxie, Kreislaufbeschwerden, sich verheddern, Probleme mit der Wasseroberfläche oder falsche Selbsteinschätzung werden vor allem dann zum Problem, wenn man allein unterwegs ist und einem niemand helfen kann.

Dabei sollte der Buddy einen ähnlichen Erfahrungsstand wie man selbst haben. Beim Freediving gilt das »One up, one down«-Prinzip: Ein Freediver taucht in die Tiefe, solange bleibt der Partner an der Wasseroberfläche. Beim Tauchen am Seil zieht der Taucher, und der »Safety« registriert den Zug am Seil und kommt ihm entgegen. Der »Safety« ist also nur auf dem letzten Teil des Aufstiegs, meist im letzten Drittel, mit dabei.

Die Gefahr einer Hypoxie (Anm. d. Red.: Sauerstoffunterversorgung des Gehirns) ist vor allem bei nachlassendem Druck hier am größten, weswegen die meisten Black-outs auf den letzten zehn Metern passieren. Eine kurze Hypoxie ist zwar nicht erstrebenswert. Aber in den meisten Fällen nicht gefährlich, wenn ein Buddy da ist, der die Atemwege über Wasser bringt, hält und folgendes Protokoll einhält:

Blow, Tap, Talk

© Phil Simha – Erste Hilfe bei einem Blackout – Blow, Tap, Talk und Rettungsbeatmung.

1. Zunächst muss der Taucher an die Wasseroberfläche gebracht werden.
2. Atemwege über Wasser halten.
3. Maske bzw. Nasenklammer aus dem Gesicht entfernen.
4. Über die Atemwege blasen.
5. Im Gesicht berühren und ansprechen.
6. Sollte der Taucher nicht wieder zu sich kommen, seinen Kopf überstrecken und ein bis drei Rettungs-Mund-zu-Mund-Beatmungen geben, um die blockierte Stimmritze wieder zu öffnen.
Hinweis: Fast immer kommt der Taucher nach Punkt 5 wieder zu sich. Aber Achtung! Der Blackout kann bei ihm auch verzögert einige Sekunden nach dem Auftauchen, passieren.

Richtige Kommunikation

Beim Freediving muss man ehrlich zu sich und seinem Partner sein. Ein »Safety« darf nicht überrascht werden von einem Tauchgang. Wenn vorher ein 30-Meter-Tauchgang ausgemacht ist, der Taucher dann aber tiefer taucht, ist das ärgerlich und vielleicht auch gefährlich für den »Safety«. Und damit auch für den Taucher. Zu sich selbst sollte man ebenso ehrlich sein. »Fühle ich mich heute gut? Oder gehe ich es lieber etwas langsamer an?«

Um sich sicher zu fühlen, sollte man sich nicht überfordern. Auch wenn beim Apnoetauchen, insbesondere vor dem Abtauchen, nicht allzu viel geredet wird, um die Entspannung nicht zu beeinträchtigen, ist der Austausch der wichtigsten Informationen sehr wichtig: »Wie tief und wie lange möchte ich tauchen?« Wer schon unterwegs ist und sich dann beim Abtauchen fragen muss: »Weiß mein »Safety« überhaupt, dass er mich sichern muss?«, wird nicht entspannt in die Tiefe tauchen.

Professionelles Equipment

© Mares – Die Lanyard sorgt dafür, dass der Taucher den Kontakt zum Seil nicht verliert. Dabei sollte auch im Fall des Verfangens das Quickrelease geübt werden.

Auch wenn beim Apnoetauchen wenig Ausrüstung genutzt wird, sollte diese sicher sein. Früher gab es vieles nicht zu kaufen. »Lanyards« (Verbindungen zwischen Seil und Taucher) wurden selbst gebaut und hatten die Eigenschaft, dass sie sich entweder am Seil verhedderten oder sich selbständig öffneten, oder oder oder. Heute gibt es sichere Lanyards. Die zwischen 50 und 85 Euro teuren Teile sollten einem das eigene Leben wert sein. Statt eines Tennisballs gibt es heute als Lanyard-Stopp in der Tiefe einen Safety-Stopper. Das Grundgewicht sollte der Tauchdisziplin angepasst und nicht zu schwer sein, sodass im Notfall Grundgewicht und der an der Lanyard hängende Taucher schnell wieder nach oben gezogen werden kann.

Für Schnorchler & »Freestyler«

Viele Apnoetaucher genießen das Riff und die Unterwasserwelt gern ohne störendes Seil. Ein Riff entlang zu tauchen, kann erfüllend und entspannend sein. Dabei werden die eigenen Fähigkeiten nicht genutzt, um tief zu tauchen, sondern um in geringer Tiefe über das Riff zu »fliegen«. Auch bei entspannten Schnorcheltauchgängen in flachen Tiefen sollte das »One up, one down«-Prinzip gelten. Einer taucht, der andere folgt an der Oberfläche. So hat man von dort aus auch Bootsverkehr im Blick und im Idealfall eine Torpedoboje bei sich, um dort das »recovery breathing« (Erholungsatmen nach dem Auftauchen) zu machen.

© www.scubashop.ch – Auch beim Schnorcheln sollte das One up-one down-Prinzip gelten. Eine Boje ist einerseits Signal an der Wasseroberfläche, andererseits hilft sie bei der Erholung.

Der Partner an der Wasseroberfläche sollte beim Auftauchen da sein, um im Notfall bei Bewusstlosigkeit Blow, Tap, Talk durchzuführen. Wechselt man sich ab, hat jeder genug Zeit, um zu atmen, um auch nach einem längeren Schnorchelausflug keine Sauerstoffschuld einzugehen. Auch hier ist Kommunikation wichtig, möchte man tiefer oder länger tauchen. Dann kann der »Safety« dem Taucher beim Auftauchen wie am Bojenseil entgegenkommen.

© Nik Linder – Um den Sauerstoffgehalt im Blut möglichst schnell wieder zu erhöhen, atmet man beim »recovery breathing« dreimal aktiv ein und gegen den Druck der Lippenbremse passiv aus.

Druckverletzungen

Druckverletzungen von Lunge, Augen und Ohren sollten vermieden werden. Daher Tiefe langsam steigern und sich selbst wahrnehmen. Zu schnelle Abstiege können zu Druckverletzungen führen. Tauchpause und sogar ärztliche Behandlung könnten folgen. 

© Alenea Zielinski – Ein Maskenbarotrauma entsteht, wenn der Druckausgleich in der Maske vergessen wird.

INTERVIEW

© Oliver Mack – Kathleen Greubel ist erfolgreiche Apnoeistin und eine gefragte Sicherheitstaucherin bei Wettkämpfen.

Rekordtaucherin Kathleen Greubel
Die Würzburgerin lebt heute abwechselnd in Deutschland und an Spots, wo sie ihren Sport optimal ausleben kann. Sie kam über das Scubadiving zum Freediving und hatte 2021 ihren ersten erfolgreichen Einsatz bei der Weltmeisterschaft im Tieftauchen als Teil des deutschen Nationalteams. 2022 und 2023 war sie Teil des Safety Teams beim renommierten Apnoe-Contest »Vertical Blue« auf den Bahamas.

TAUCHEN: Kathleen, wo warst Du bisher als »Safety« aktiv?
Kathleen: Ich war 2019 bei der CMAS WM und dem Caribbean Cup in Roatan/Honduras als Safety und 2021 bei der CMAS WM im türkischen Kas und 2022 sowie 2023 beim Vertical Blue auf den Bahamas.
T: Wie siehst Du den Sicherheitsstandard beim Vertical Blue im Vergleich zu den anderen Wettbewerben?
K: Ich denke, es waren dort die höchsten Standards, die ich bei einem Wettbewerb kennenlernen durfte. Wir waren als relativ kleines Safety-Team gut aufeinander abgestimmt und wurden durch vier Ärzte unterstützt. Das ist sicher auch wichtig, weil Long Island sehr weit draußen ist, und externe Hilfe einfach lang brauchen würde.
T: Wie wurde im Wasser gesichert?
Wir hatten drei Safetys im Wasser. Safety Nummer 1 überprüfte zunächst die Seillänge. Außerdem musste dieser dann auch am weitesten runter auf 35 bis 40 Meter. Safety 2 folgte und traf den Athleten bei minus 25 Meter und begleitete die beiden nach oben. Safety 3 blieb an der Wasseroberfläche und fühlte das Seil.
T:
Wann weiß man, wann man abtauchen muss?
K: Wir hatten einerseits das Sonar zur Verfügung, um einzuschätzen, wo der Taucher ist. Dann das Dive Eye (eine Unterwasserkamera), sowie die vom Athleten angegebene Zeit. Und zuletzt fühlt man auch am Seil. Hier spürt man, ob der Taucher zu früh wendet oder vielleicht ein Problem hat.
T: Musstet Ihr als Safety auch eingreifen?
K: Ja, es ist normal bei so einem Wettbewerb, dass es auch zu Hypoxien kommen kann. Etwas Schwerwiegendes ist aber nicht passiert.
Als Athletin zu Wettbewerben zu reisen, ist ja nachvollziehbar. Was fasziniert dich daran, als »Safety« aktiv zu sein?
Man ist sehr nah dran an den Athletinnen und Athleten und kann viel mitnehmen. Außerdem lernt man, den Umgang mit Druck und Verantwortung zu übernehmen.

© Alex St. Jean – Ob man beim Apnoe an sein persönliches Limit geht oder nicht, sollte auch vom Safety und den Rettungswegen abhängig sein.