Praxis

Jacket mit Mund belüften, aber richtig!

Einmal geübt, danach nie wieder: Aufpusten der Tarierweste unter Wasser. Wir zeigen Ihnen in dieser Übungsreihe, wie man richtig vorgeht.

Benjamin Schulze

Wenn der Inflator unter Wasser aus irgendeinem Grund versagt, sagen wir: Er pumpt das Jacket unkontrolliert auf, so muss er abgekoppelt werden. Die weitere Tarierung kann dann nur noch per »Einblasen« in das Jacket erfolgen. Das kommt selten vor. Jedoch ist der Umstand, dass das geschehen kann, Grund genug, diesen Vorfall zu üben. Und das möglichst regelmäßig, um besonnen reagieren zu können, wenn es um das Belüften des Jackets mit dem Mund geht.

Medizinische Aspekte beim oralen Belüften

Natürlich stellt sich die Frage: Ist das Aufpusten aus medizinischer Sicht problematisch? Könnte es sich vielleicht sogar um eine gefährliche Pressatmung handeln, mit ihren negativen Rückwirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem? »Das Belüften eines Jackets mit dem Mund (zum Beispiel zum Tarieren) ist tauchphysiologisch völlig unkritisch, sollte aber zunächst im flachen Wasser geübt werden«, sagt der Tauchmediziner Prof. Dr. Claus-Martin Muth.

Lediglich unter ganz bestimmten Bedingungen äußert er Bedenken: »Problematisch kann es aber bei sehr stramm geschnürten Wing-Jackets sein, weil es hier zu einer Pressatmung kommen kann, die bei einem vorhandenen offenem Foramen ovale (PFO) in der Auftauchphase zu einem Übertritt von Gasbläschen führen kann. In diesem Fall ist Vorsicht geboten,« so Prof. Muth.

Diese Gefahr bestehe ebenfalls, so sagt der Mediziner, wenn die Weste schon maximal gefüllt ist, aber weiter versucht wird, das Auftriebsmittel aufzublasen, beispielsweise an der Wasseroberfläche. Kurze Erklärung zum PFO: Laut der Webseite tauchersprechstunde.de handelt es sich bei einem PFO um eine kleine Verbindung zwischen rechtem und linkem Vorhof im Herzen, die sich nach der Geburt nicht vollständig verschlossen hat. Jeder vierte Mensch sei Träger eines PFO, so der Online-Ratgeber.

Folglich ist das Belüften des Jackets mit dem Mund in den meisten Fällen völlig problemlos. Zumal einem in der oben beschrieben Notsituation nicht viel mehr übrig bleibt, als das Jacket oral mit Luft zu versorgen. Egal, ob ein paar Gasblasen durch ein etwaiges PFO übertreten. 

Das Training im Flachbereich, vor allem zu Beginn eines Tauchgangs, ist gefahrlos durchführbar und zu empfehlen. 

Tipps vorab  

Üben Sie das Einblasen von Luft ins Jacket im Trocknen an Land. Damit wissen Sie, welchen Knopf am Inflator Sie gedrückt halten müssen.

Die erste Übungsrunde unter Wasser sollten Sie im Flachbereich kniend durchführen.

Wenn Sie geübt und sicher sind, können Sie die Übung freischwebend und während des Tauchgangs einbauen (bitte immer vorab den Buddy briefen und signalisieren, was Sie tun möchten!)

Vor dem Buddy kniend signalisieren Sie Ihren Atemrhythmus. Je nach Absprache kann man zwei bis drei Atemzüge anzeigen.
Fassen Sie nur den Schlauch des Atemreglers. Die Luftdusche bleibt frei. Der Automat bleibt jederzeit in der Hand und wird nicht losgelassen.
Um unkontrolliertes Abblasen der Luft zu vermeiden, wird der Atemregler mit dem Mundstück nach unten gedreht.
Immer wenn der Atemregler nicht im Mund ist, werden ein paar Blässchen ausgeatmet. Der Grund: Nie dürfen Sie die Luft beim Tauchen anhalten. Die Luft benötigt immer einen Weg, um zu »entkommen«. So beugen Sie einem Überdruck-Barotrauma der Lunge vor.
Nun führen Sie das Mundstück des Inflators an den Mund heran und pusten hinein.
Jetzt ist es ganz wichtig, den Auslassknopf des Inflators zu drücken, damit überhaupt Luft in das Jacket gelangen kann.
Ebenfalls wichtig: Bevor Sie das Mundstück des Inflators vom Mund absetzen, lassen Sie den Auslassknopf wieder los. Sonst entweicht die soeben eingeblasene Luft direkt wieder.
Nun führen Sie die zweite Stufe des Lungenautomaten zurück in den Mund. Da Sie nur noch wenig Luft in der Lunge haben, nutzen Sie die Luftdusche, um den Regler vom Wasser zu befreien. Der Inflator bleibt in Ihrer Hand.
Sollten Sie bereits aufsteigen, können Sie jederzeit die volle Kontrolle über Ihre Aufstiegsgeschwindigkeit sicherstellen.
Wiederholen Sie den Vorgang so lange, bis Ihre Knie den Grund verlassen. Denken Sie daran, zwischen dem Aufpusten genügend Atemzüge zu nehmen, um nicht aus der Puste zu geraten. In der Ruhe liegt die Kraft!

Danke an Anja Kuschel für die Demonstration dieser Übung!

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