Medizin

Mit Rausch in die Tiefe? Tauchen und Drogenkonsum

Als wäre der Tiefenrausch nicht schon genug, haben noch andere Rauschmittel ihren Einfluss auf das Tauchen und uns Taucher. Welchen genau, klären wir hier.

TAUCHEN Archiv / N. Probst
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TEXT – Prof. Dr. med. Claus-Martin Muth & Prof. PD Dr. med. Tim Piepho (2023). Redaktionell ergänzt (2025).

Was wäre ein Tauch-Urlaub ohne das berühmte »Deko-Bier«? Doch sollten auch solch schöne Momente mit Blick auf den nächsten Tauchtag maßvoll enden. Denn alle Rausch- und Genussmittel haben Einfluss auf nachfolgende Tauchgänge.

Alkoholkonsum und Tauchen

Beginnen wir mit dem Alkohol, der fast überall auf der Welt zumindest in touristisch geprägten Orten legal verfügbar ist. Die grundsätzlichen Effekte von Alkohol auf den menschlichen Körper dürften den meisten Lesern aus diversen Selbstversuchen wohl bekannt sein. Schon ein relativ geringer Blutalkoholgehalt führt zu einer eingeschränkten intellektuellen Leistungsfähigkeit und beim Tauchen zu einer deutlichen Verstärkung des Tiefenrauschs. Die Tiefenrauschgrenze verschiebt sich, sodass schon in vergleichsweise geringen Tiefen mit einem Auftreten gerechnet werden kann, fast sogar muss. Das gilt natürlich auch für den Restalkohol vom Vorabend, der erfahrungsgemäß das größere Problem sowie den größeren Diskussionsfaktor zwischen Kunden und Tauchbasen darstellt.

© TAUCHEN Archiv / N. Probst: Das Bier danach. In Maßen möglich.

Desweiteren führt Alkohol zu einer Gefäßweitstellung und damit zu einer vermehrten Wärmeabgabe und Auskühlung. Zudem hat Alkohol eine anregende Wirkung auf die Urinproduktion und kann so zu einem relativen Flüssigkeitsmangel führen. Besonders ausgeprägt ist dieser Effekt nach einem feucht-fröhlichen Abend und einem kräftigen Kaffee am Morgen danach, da sich die Effekte von Koffein und Alkohol auf die Niere nicht einfach addieren, sondern multiplizieren.

Selbstverständlich spricht nach einem ausgiebigen Tauchtag nichts gegen ein »Deko-Bier« beim Après Diving abends an der Tauchbar. Voraussetzung ist, dass im Anschluss kein Nachttauchgang stattfindet. Auf Alkohol während des Tauchtags und auf übermäßigen Alkoholgenuss sollte im Rahmen des Tauchens unbedingt komplett verzichtet werden. Schon ein Blutalkoholgehalt von 0,2 Promille – das kann schon ein »Bierchen« sein – verändert die Leistungsfähigkeit und das menschliche Bewusstsein, sodass Wahrnehmung und Koordinationsfähigkeit gestört sind.

Weiter geht es mit anderen Rauschmitteln. Denn glaubt man den bislang erhobenen Statistiken, machen zirka 30 Prozent in der Altersgruppe zwischen 16 und 35 Jahren Erfahrungen mit einer oder mehreren der folgenden, größtenteils illegalen Substanzen.

Wie es im Tauchsport mit dem Konsum von Rauschmitteln aussieht, ist bisher wenig untersucht worden. Die Forschungsabteilung von Divers Alert Network (DAN) hat Aufzeichnungen über 15 tödliche Tauchunfälle, bei denen in den letzten fünf Jahren Rauschmittel oder Drogenkonsum festgestellt wurden. Bei zwei tödlichen Schnorchelunfällen, die DAN im Jahr 2023 gemeldet wurden, wurden positive toxikologische Ergebnisse für Freizeitdrogen festgestellt. Diese toxikologischen Untersuchungen ergaben, dass die Substanzen Alkohol, Cannabis und Methamphetamin enthielten.

Die lange Geschichte von Cannabis

Cannabis begleitet die Menschheit schon seit Jahrtausenden. Wissenschaftler vermuten, dass die Pflanze ihren Ursprung vor rund 12.000 Jahren in Zentralasien hatte. Frühzeitliche Gemeinschaften nutzten sie nicht nur als Nahrungsquelle, sondern auch wegen ihrer wertvollen Fasern und Öle. In China wurde Cannabis bereits um 4000 v. Chr. kultiviert und galt als eine der wichtigsten landwirtschaftlichen Nutzpflanzen. Schon vor Jahrhunderten wurde Cannabis in großem Umfang für eine Vielzahl von medizinischen Beschwerden verwendet. Die englische Königin Victoria verwendete es angeblich zur Linderung von Menstruationsschmerzen.

© Shutterstock – Kiffen vor dem Tauchen ist tabu. Doch wie steht es mit dem THC-Konsum nach dem Tauchen?

Heute ist Cannabis in vielen Ländern legalisiert, teillegalisiert und entkriminalisiert. Darunter Deutschland, Kanada, Teile der USA, Spanien, die Niederlande, Südafrika und Thailand. Grund genug, sich den Einfluss von Marihuana und Haschisch (dem gepressten Harz der Cannabisblüte) auf Taucherinnen und Taucher genauer anzuschauen. Obwohl es nur begrenzte wissenschaftliche Daten über die Auswirkungen von Cannabis auf das Tauchen gibt, zeigt sich, dass Taucherinnen und Taucher die Substanz konsumieren. Eine Umfrage unter britischen Sporttauchern ergab, dass 22 % der 479 Befragten (das sind 105 Personen) seit Beginn ihrer Tauchkarriere illegale Drogen konsumiert hatten – davon gaben 94 % an, Cannabis verwendet zu haben. Unklar bleibt jedoch, ob und wie viele Menschen tatsächlich während eines Tauchgangs unter Einfluss der Droge standen.

© Shutterstock – Selbst Fruchtgummis gibt es mit dem Wirkstoff THC. Kritisch, da Kindern und Jugendlichen so der Zugang erleichtert werden kann.

Tauchen unter dem Einfluss von THC ist genauso riskant wie Tauchen nach Alkoholkonsum. Erfahrungen aus der Unfallforschung im Straßenverkehr zeigen, dass Cannabis die Wahrnehmung und Reaktionsfähigkeit deutlich beeinträchtigt. Tests haben ergeben, dass der Konsum die Aufmerksamkeit, Reaktionszeit, Hand-Augen-Koordination und Entscheidungsfähigkeit massiv verschlechtert

Unter Wasser kann das fatale Folgen haben: Die Umgebung wird anders wahrgenommen, Entfernungen und Zeiten werden falsch eingeschätzt, das Wärme-Kälte-Empfinden ändert sich und die Konzentration nimmt ab. Dadurch steigt das Risiko für gefährliche Fehleinschätzungen und Unfälle erheblich. Wer sicher tauchen möchte, sollte deshalb auf THC-haltige Produkte konsequent verzichten.

© Shutterstock – Der Wirkstoff CBD ist nicht psychoaktiv, dennoch ist vom Konsum vor und während des Tauchens abzuraten.

Auf den ersten Blick scheint CBD für Taucher unbedenklich, da es nicht psychoaktiv ist und die Sicherheit unter Wasser vermutlich nicht beeinflusst. Doch diese Annahme kann trügerisch sein. Nicht alle CBD-Produkte sind vollkommen rein – einige enthalten Spuren von THC, was dann wieder eine berauschende Wirkung hat. Daher raten wir auch hier vom Konsum ab.

Die unterschiedlichen Darreichungsformen von THC haben auch für das Tauchen unterschiedliche Konsequenzen. Wie beim Tabakrauchen kommt es bei jeglicher Inhalation (ob geraucht oder verdampft) zu einer Engstellung der Bronchien und einer vermehrten Schleimproduktion in der Lunge. Bei Dauerkonsumenten kann die andauernde Reizung zu entzündlichen Prozessen in der Lunge führen. Das beeinflusst den Gasaustausch in der Lunge und kann negative Auswirkungen auf die Stickstoffabgabe während der Dekompressionsphase haben. Außerdem ist der Sauerstoffverbrauch des Körpers gesteigert, was zu einem erhöhten Luftverbrauch führen kann. Zusätzlich kommt es zu verstärktem Wärmeverlust bei gleichzeitig verzögert einsetzendem Muskelzittern, sodass eine Unterkühlung beim Tauchen droht.

Der Verzehr birgt ein anderes Risiko. Wirk- und Abbauzeiten des berauschenden THCs sind enorm verlängert. Die THC-Konzentration sinkt nach dem Rauchen von Cannabis recht schnell ab und ist innerhalb von zwei bis drei Stunden so niedrig, dass sie für ein normales Funktionieren an Land ausreicht. Bei der oralen Einnahmen, also dem Verzehr, ist das »High« zwar niedriger, hält aber mit bis zu vier Stunden fast doppelt so lange. Es ist zu beachten, dass das nicht psychoaktive Abbauprodukt im Körper THC-COOH über einen langen Zeitraum im Blut und Urin nachweisbar bleibt.

Da die psychoaktiven Effekte von Cannabis das größte unmittelbare Sicherheitsrisiko beim Tauchen darstellen und jeder Mensch unterschiedlich darauf reagiert, wird von DAN empfohlen, nach dem Konsum – sei es durch Rauchen, den Verzehr oder die Einnahme von mit THC versetztem Öl – mindestens acht Stunden lang auf das Tauchen zu verzichten. Falls eine größere Menge konsumiert wurde, sollte diese Zeitspanne entsprechend verlängert werden, um sicherzustellen, dass keine Beeinträchtigungen mehr vorliegen.

Mit der zunehmenden Legalisierung von Cannabis und den steigenden Anforderungen an die Arbeitssicherheit könnte es in Zukunft verbesserte und erschwinglichere Speicheltests geben, die eine zuverlässige Überprüfung auf Restwirkungen von psychoaktiven Teilsubstanzen ermöglichen.

Dieser Artikel konzentriert sich auf die akuten, berauschenden Effekte von Cannabis, doch auch die langfristigen Folgen – insbesondere die Auswirkungen des Rauchens auf die Lunge – sollten in die Beurteilung der Tauchtauglichkeit einfließen. Wer unsicher ist, sollte sich von einem tauchmedizinisch ausgebildeten Arzt beraten lassen. Generell gilt: Taucher sollten sich der potenziellen Risiken bewusst sein und die nötigen Vorsichtsmaßnahmen treffen, um ihre Sicherheit unter Wasser nicht zu gefährden.

© Shutterstock – Die unterschiedliche Rechtslage in vielen Ländern macht das Reisen mit Drogen äusserst riskant. Wir raten dringend davon ab.

Beachtenswert bei THC und CBD ist auch die teils sehr unterschiedliche rechtliche Lage in verschiedenen Ländern. So wird CBD in Hong-Kong als »gefährliche Droge« eingestuft auf deren Besitz lange Haftstrafen stehen. In einigen Ländern Asiens steht auf die Einfuhr von selbst geringen Mengen von Rauschmitteln schon die Todesstrafe.

Aufputschmittel

Aufputschmittel (Amphetamine, Kokain, Extasy) haben eine psychostimulierende und euphorisierende Wirkung. Hochgefühl, Selbstüberschätzung, Unterdrückung von Schmerz, Erschöpfung und Müdigkeit mögen bei einer Rave-Party willkommene Effekte sein. Beim Tauchen führen sie zu einer massiven Gefährdung des Tauchers und seiner Partner. Auch hier ist wieder eine deutlich erhöhte Tiefenrauschgefahr gegeben, ebenso wie der Verlust der Fähigkeit, kritische Entscheidungen zu treffen.

© Shutterstock – Pillen, Pulver und selbiges haben unter Wasser (und über Wasser) nix im Körper verloren.

Weitere mögliche Wirkungen sind Schlaflosigkeit und Übermüdung, innere Unruhe und Angstzustände. Dehydration ist äusserst wahrscheinlich, was zu einem stark erhöhten Dekompressionsrisiko führt. Ein starkes Schlafdefizit erhöht die Gefahr eines durch hohe Sauerstoffteildrücke verursachten Krampfanfalls. Zudem werden diese Substanzen häufig als Mischkonsum mit verschiedenen Rauschmittel genommen, was bei körperlicher Anstrengung schon zu plötzlichen Todesfällen durch Organversagen geführt hat. Herzversagen durch diese Substanzen sind schon an der Oberfläche verhältnismäßig häufig, durch die Immersion im Wasser ist das Herz-Kreislaufsystem zusätzlicher Belastung ausgeliefert. Diese Drogen haben also im Tauchsport und unter Wasser nichts zu suchen.

Beruhigungsmittel

Beruhigungsmittel, sogenannte Tranquillizer (»Downer«) führen zu Schläfrigkeit, Benommenheit und Apathie. Da zusätzlich eine relative Muskelschwäche auftreten kann und die Gefahr der Stickstoffnarkose erhöht ist, haben die Mittel beim Tauchen nix zu suchen. Schließlich muss auch unabhängig vom Tauchen dringend und warnend darauf hingewiesen werden, dass es in vielen Ländern der Erde hinsichtlich des Besitzes und des Konsums solcher Rauschmittel teils drakonische Strafen gibt, die auch für Touristen gelten.

© Shutterstock – Tauchen unter Beruhigungsmitteln oder anderen sehr starken Medikamenten ist ausgeschlossen.