TEXT: Prof. Dr. med. Claus-Martin Muth & Prof. PD Dr. med. Tim Piepho
Tauchen kann jeder. So hört man es oft. Und im Grunde stimmt das auch. Wenn es da nicht ein kleines, aber wichtiges »wenn« gäbe. Nämlich »wenn keine gesundheitlichen Bedenken bestehen, die vom Tauchen abraten lassen«.
Dann allerdings, und das ist absolut richtig, kann eigentlich jeder, der des Schwimmens mächtig und aus medizinischer Sicht tauchtauglich ist, grundsätzlich die wunderbare Schönheit der Unterwasserwelt genießen.
Tauchen ist kein Sport – das hört man oft von »richtigen« Sportlern. Das ist im Prinzip richtig. Um Tauchen zu erlernen, muss man weder ein Bewegungsgenie sein noch über herausragende sportliche Fähigkeiten verfügen. Zum allergrößten Teil ist es Genuss pur, scheinbar schwerelos und vielleicht noch unterstützt von einer leichten Strömung über Korallenriffe zu gleiten und »Fisch unter Fischen« zu sein.
In einigen Fälle stimmt diese Aussage nicht. Denn mitunter muss man auch gegen die Strömung anschwimmen oder an der Wasseroberfläche bei Wellengang und Gegenwind eine gewisse Strecke zurücklegen können. Selten muss man in der Lage sein, bepackt »wie ein Maulesel« eine steile Uferböschung oder eine Bootsleiter hinaufzukraxeln. Aber spätestens dann war es das mit »schwerelos«.
Grundfitness
Ein gewisser Trainingszustand schadet also sicher keinem Taucher und keiner Taucherin. Für das Training kommen grundsätzlich alle Ausdauer-Sportarten in Frage. Ideal ist hier aber sicher ein regelmäßiges Schwimmtraining und dabei auch ein regelmäßiges Training im Flossenschwimmen.
Zusätzlich darf gerne auch gejoggt, geradelt und geskatet werden. Denn all das erhöht die Grundfitness und hat auch über das Tauchen hinaus sehr positive Effekte auf den Körper. Durch das Flossenschwimmen wird aber auch der für das Tauchen wichtige spezifische Bewegungsablauf geübt und die beim Tauchen geforderte Muskulatur gezielt und speziell trainiert.
Auch das Schnorcheln, also das Flossenschwimmen mit Tauchmaske und Atmung über den Schnorchel, ist ein effektives Training für Taucher. Denn ein solches regelmäßiges Schwimmtraining mit Schnorchel ökonomisiert die Atmung und kräftigt die Atemmuskulatur sportartspezifisch mehr, als es andere Ausdauer-Sportarten tun.
Spezielles Training
Darüber hinaus führt regelmäßiges Flossenschwimmen (idealerweise kombiniert mit anschließenden Gerätetauchübungen) zu einem Vertrautsein mit der Tauchausrüstung. Diese Eingewöhnung gilt übrigens auch oder besser gesagt ganz besonders für die Flossen, da die recht harten Geräteflossen von untrainierten Waden nicht selten mit einem Streik der Muskulatur (= Krampf) beantwortet werden.
Es ist daher sicher ein kluger Gedanke, vor Tauchurlauben im örtlichen Tauchshop oder im Tauchverein anzufragen, ob man, eventuell gegen ein geringes Entgelt, ein paar Trainingseinheiten am Tauchgerät und mit den Flossen absolvieren darf.
Ergänzende Einheiten
Der Nachteil von regelmäßigem Schwimmtraining ist, dass es sowohl zeitintensiv ist (hier ist nicht nur das Training selbst, sondern auch alle Nebenzeiten wie An- und Abfahrt zum Schwimmbad, umkleiden, duschen, etc. zu beachten), als auch teuer wegen der Eintrittspreise sein kann. Außerdem ist zu normalen Öffnungszeiten eines Schwimmbads das Training mit Flossen, Schnorchel und Tauchmaske nicht immer möglich, da nicht gestattet.
Daher ist es sehr sinnvoll, zusätzliche Trainingseinheiten mit anderen Sportarten durchzuführen, die die Grundlagenausdauer verbessern. Das wichtigste Kriterium dabei ist allerdings: Nur Regelmäßigkeit schafft auf Dauer eine verbesserte Leistungsfähigkeit. Es sollten also mindestens zwei, besser drei Trainingseinheiten pro Woche mit mindestens 30 Minuten Dauer sein. Dabei kommt Nordic Walking ebenso in Betracht wie Skaten, Joggen oder Radfahren.
Der Vorteil von Nordic Walking ist, dass es bei richtiger Ausführung durchaus sehr effektiv die Grundlagenausdauer trainiert, dabei aber völlig unabhängig vom Wetter und persönlichen Einschränkungen ist. Auch sehr übergewichtige Menschen können nach vorhergehender medizinischer Untersuchung diese Sportart gut ausüben – bei richtiger Kleidung sogar das ganze Jahr über.
Auch Joggen ist ein sehr effektives Mittel, die Grundlagenausdauer zu verbessern. Bei Schnee und Eis ist das Joggen aber nur unter sehr erschwerten Bedingungen möglich. Außerdem ist es nicht ideal für Menschen mit stärkerem Übergewicht, weil es die Gelenke belastet.
Radfahren belastet die Gelenke zwar nicht. Doch sollten hier die Trainingseinheiten etwa 50 Prozent länger als beim Joggen sein, um denselben Trainingseffekt zu erzielen.
Zudem ist auch das Radfahren bei Schnee und Eis nur bedingt amüsant. Allerdings schont es die Gelenke bei Menschen mit Gewichtsproblemen. Zudem ist es effektiv auch auf dem Hometrainer möglich und damit witterungsunabhängig. Egal, wofür man sich entscheidet: Hauptsache, es wird etwas Sport gemacht.