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Weckruf zum Träumen – Nabucco & Virgin Cocoa im Maratua-Atoll

Zwei Inseln im Maratua-Atoll vor Borneo laden zum Träumen über wie unter Wasser ein. Zu Besuch auf Nabucco und Virgin Cocoa.

Daniel Brinckmann

Die Flughunde schnattern und quietschen noch unter dem Nachthimmel, als fünf Schlafwandler in Neopren vom Steg ins Boot klettern. Zehn Minuten später an einer Riffkanalmündung namens »Big Fish Country« küsst die Sonne zwar den Horizont, doch über dem 20 Meter tiefen kargen Plateau ist das Wasser noch pechschwarz.

Drei Grauhaie und ein paar Thunfische schwimmen mühelos gegen eine Strömung an, die uns zum Riffhaken greifen lässt. Während die aufgehende Sonne dem Wasser einen smaragdgrünen Farbton verleiht, erwacht das Riff zum Leben, und Schwärme von Doktor- und Drückerfischen erscheinen auf der Bildfläche.

Nabucco

Unser Guide deutet aber auf den mysteriösen riesigen Schatten weiter draußen, dessen Form sich verändert wie ein Vogelschwarm, und gibt das Signal zum Aushaken. In wenigen Sekunden treiben die hellwachen Ex-Schlafwandler mitten hinein in die Hauptattraktion: einen gewaltigen Barrakuda-Schwarm, der sich heute von der Sporttauchergrenze bis zum Zehn-Meter-Bereich erstreckt und als einer der drei größten in Asien gilt.

Dem fensterlosen Hochhaus aus »Salzwasserhechten« kann man sich an vielen Tagen bis auf Armlänge nähern – seinen Ruf als bester Großfischplatz unter allen »erweiterten« Hausriffen Indonesiens verteidigen aber auch ein standorttreuer großer Stachelmakrelen-Schwarm, Adlerrochen und neben besagten Riffhaien und Thunas auch der gelegentliche Hammerhai auf Morgenpatrouille.

Der Kameraraum auf Nabucco genügt auch professionellen Ansprüchen.

Ausgezeichnet

Die Patrouille der Taucher fällt kurz aus und führt nach dem Abstecher zum Kameraraum ins offene Restaurant direkt über Nabuccos riesiger türkisfarbenen Lagune mit Sandbänken, die im Rhythmus der Gezeiten erscheinen und verschwinden.

Während Küchenmagier Iwan Asia-Nudeln, Drachenfrüchte und Mango-Saft serviert, können die Resort- und Tauchbasis-Manager Friska und Martin Steiner dem Geruch von Kaffee und Waffeln nicht widerstehen. Das österreichisch-indonesische Paar übernahm kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie für Extra Divers das Management auf der malerischen, fünf Hektar kleinen Insel.

Inselrundgang Nabucco

Anstatt den Kopf in den reichlich vorhandenen Sand zu stecken, brachten die beiden das gut 20 Jahre alte Resort auf Vordermann, verwandelten die Barfuß-Insel in eine blühende bunte Gartenlandschaft. Ganz gleich, ob Gartenvilla oder Suite auf Stelzen – keine der 18 Unterkünfte ist weiter als sieben Gehminuten von Strandbar, Restaurant und Tauchbasis entfernt.

Vieltaucher mögen die Nase rümpfen, aber die kurzen Distanzen auf der Insel wie auch auf See erlauben tatsächlich ausgedehnte Strand- oder Sonnenliegen-Pausen auf der Veranda, ohne einen der drei Tagestauchgänge zu verpassen, geschweige denn die Mahlzeiten.

Dem optimal entschlackten Tauchbetrieb, zu dem auch Ausrüstungsraum und Spültanks auf dem Steg und ebenso leistungsstarke wie umweltbewusste Vier-Takt-Motoren auf den Booten beitragen, verdankt Nabucco auch seinen ehrwürdigen TAUCHEN-Award als »bestes Tauchresort in Asien«.

Die Boote der Extra Divers verfügen über umweltfreundliche Vier-Takt-Motoren.

Mixtour

»Big Fish Country« mag der unangefochtene Favorit bei Tagesanbruch sein – dicht gefolgt von »Kelapa Dua« vor der Qualleninsel Kakaban, wo regelmäßig Fuchshaie auftauchen. Doch zweite Wahl sind die 20 nahe gelegenen Tauchplätze vor der östlichen Außenseite des Maratua-Atolls keineswegs: Die prächtigen Geweih- und Tischkorallengärten im Flachbereich von »Capri Point«, »Jack Point«, »Lighthouse« und anderswo sind ausladend genug, um Schnorchler zum Träumen zu bringen und Taucher von den steilen Hängen und Wänden abzulenken, die je nach Tauchplatz mit Fassschwämmen, Gorgonien, Weich- und Peitschenkorallen oder auch Schwarzen Korallen bewachsen sind.

Plateaus und exponierte Korallenhügel beherbergen etliche Putzerstationen, die ihrerseits Große Barrakudas und Büffelkopf-Papageienfische anlocken. Der enorme Tidenhub von drei Metern sorgt für starke Strömungen entlang der steil in die offene Sulawesi-See abfallenden Riffe, vor denen jederzeit Hochseefische erscheinen können.

Strömungsmuffel können aber aufatmen und im schlimmsten Fall einfach entspannt an der Wand entlang treibend die Vielfalt zwischen 827 Fischarten und über 500 Spezies von Korallen und Wirbellosen bewundern. Das Boot folgt.

Viele Pflichten

Da mag die Hängematte noch so sehr locken: Die regelmäßig angebotenen Tagestrips mit drei Tauchgängen erweitern den Radius in Maratuas Unterwasserwunderwelt um Pflichtziele wie die Insel Kakaban mit fischreichen Weichkorallengärten, Haien und dem legendären Jellyfish Lake, in dem Schnorchler gleich vier Arten harmloser Quallen erwarten.

Das südliche Außenriff des Atolls ist leider auch so ein »Muss«. Und genau da liegt der Zackenbarsch im Seegras: Was den Gästen auf Nabucco eine Tagestour zum vier Kilometer langen Außenriff ist, ist für Taucher auf den benachbarten Extra Divers-Partner-Inseln Virgin Cocoa und Nunukan eine Fünf-Minuten-Fahrt zum Hausriff mit acht Tauchplätzen.

Wer im Umkehrschluss das Barrakuda-Bollwerk »Big Fish Country« als Early Morning Dive erleben möchte, zieht den Heimvorteil von Nabucco gegenüber einer Tagestour vom Süden aus vor. Fazit: Inselhüpfer tauchen am besten.

Die Strandvillen auf Stelzen sind ein Markenzeichen von Nabucco.

Zumal das unbewohnte, kaum erforschte Atoll »Karang Muaras« allein von den südlichen Extra Divers-Resorts angefahren wird und einfach nur verzaubert. Ob es nach einer halben Stunde die elfte oder zwölfte Scheu…, pardon, Schildkröte ist, die von der Lagune aus über den Korallengarten zu uns hinüberblickt, als wären wir leibhaftige Tigerhaie, sei mal dahingestellt.

Am »Turtle Point« zählt man eindeutig keine Schäfchen. Nach der mit pinken Weichkorallen und Schwämmen wie Orgelpfeifen bewachsenen Wand am Spot »Pala Pala«, schwärmt unsere Dreier-Formation jetzt mit größtmöglichem Abstand aus, um den Riffhang bis zum Abbruch auf 40 Metern nach Motiven abzusuchen, die in Indonesien niemand sucht: Leopardenhaie und Stachelrochen in Menschengröße – konkret: Schwarzpunktrochen, Mangroven-Peitschenschwanzrochen und die bis knapp drei Meter langen Federschwanz-Stechrochen.

Blicken lassen sich die Kandidaten allesamt, übrigens munter garniert von Schwarzspitzen-Riffhai und Wahoo. Fotografieren allerdings nicht. »An unserem Hausriff wirst Du sicher noch fündig«, meint Divemaster Alfi Latumahina, während »Karang Muaras« hinter uns verschwindet. Er sollte Recht behalten.

Szenenwechsel

Man mag sich ungläubig die Augen reiben, herzlich lachen und sein verschlafenes Ich in einem alten Disney-Film wähnen, doch das Gezwitscher im Schlafzimmer ist echt und kein digitales Gimmick.

Virgin Cocoa

Eine Schlummerfunktion hat der natürliche Wecker auf Virgin Cocoa leider nicht, und auf den über 300 Kokospalmen singt das gefiederte A-capella-Ensemble zuverlässiger als auf den wenigen Dachbalken.

Zwischen Bäume und Palmen schmiegen sich nämlich nur 16 Gäste-Villen – sieben am Strand der Lagune und neun an der Südost-Seite, die zugleich landestypisches Flair verströmen mit Espresso-Station, Naturstein-Badezimmer, geräumiger Veranda und zweimaligen Zimmerservice am Tag, aber auch ihren fünf Sternchen gerecht werden.

Im offenen Restaurant auf Virgin Cocoa wird wöchentlich ein Saté-Grillabend veranstaltet.

Virgin Cocoa verkörpert ebenso Luxus am Ende der Welt wie meditative Ruhe. Auf den 400 Meter langen Steg, der die Insel mit dem Nachbareiland Nunukan verband und zu Radtouren einlud, bis ein Frühjahrssturm eine Bresche schlug, verirren sich mehr Seevögel als Gäste.

Inselrundgang Virgin Cocoa Island

Und nach Einbruch der Dunkelheit gehört die acht Hektar große Palmeninsel mit dem markanten Leuchtturm den Kokosnusskrabben und Flughunden. Denn abgesehen von den Gästedomizilen und dem Restaurant, in dem abends fünf exquisite À la Carte-Menüs angeboten werden, wird die Beleuchtung auf ein Mindestmaß reduziert, um dem prächtigen Sternenzelt nichts von seiner Strahlkraft zu nehmen.

Der umweltfreundlich gereinigte Pool von Virgin Cocoa ist nur ein Beispiel für das öko- logische Bewusstsein der Extra Divers.

An der Bar am zentralen Süßwasserpool, der umweltfreundlich mittels Kupferionen gereinigt wird, strahlen auch Trish und Eric Allison um die Wette, wenn auch nicht nur wegen des Sternenhimmels: »Du glaubst gar nicht, wie lange wir nach einem Resort in Asien gesucht haben, das bestmögliches Tauchen, aber auch liebevolle Betreuung für unsere Kleine bietet, wenn wir auf dem Meer sind«, berichtet die Kalifornierin.

»Dieser Ort befreit uns so sehr vom Alltag, dass wir am liebsten verlängern würden!« Nicht weiter verwunderlich, dass professionelle Yogastunden zum Nulltarif den zweitbeliebtesten Zeitvertreib darstellen. Im Gegensatz zu anderen Luxusresorts bleibt Tauchen aber Aktivität Nummer eins.

Obwohl Virgin Cocoa ohne eine Tauchbasis im öffentlichen Sinne auskommt. »Das ist schon wahr. Alles passiert hinter den Kulissen«, bestätigt Managerin Yvonne Blatter lachend. »Die Basis am Steg ist nur der Treffpunkt für unsere Gäste, denen wir ihre Anzüge bereitlegen, während ihre Ausrüstung schon auf dem Boot vorbereitet wartet und anschließend auseinandergebaut und gewaschen wird.«

Stil und Luxus vereint in Virgin Cocoa.

Fünf Sterne bedeutet für sie eben auch, so weit wie möglich auf individuelle Wünsche einzugehen. »Wenn einige Gäste im Flachwasser träumen und andere mitten in die Strömung wollen, werden wir beide Gruppen mit verschiedenen Guides an verschiedenen Plätzen absetzen und das Ganze anhand von Luftverbrauch und Tauchprofil so planen, dass alle pünktlich vom Boot abgeholt werden.«

Beim Weg zum Restaurant, wo ein Apéro in guter schweizerischer Tradition das allwöchentliche Saté-Barbecue einläutet, beschreibt Yvonne die Vorzüge des vier Kilometer langen Hausriffs, das alle Lebensräume eines tropischen Außenriffs und Bedürfnisse von Schaukelfisch bis Hammerhai abdeckt und speziell vor Virgin Cocoa mit völlig intakten Korallengärten auch Schnorchler begeistert.

Sämtliche der rund 70 Tauchplätze von Maratua zu sehen, ist natürlich ein Ding der Unmöglichkeit. Doch ebenso wie auf den beiden anderen Extra Divers-Resortinseln im Atoll soll jeder Gast, der länger als eine Woche bleibt, Kakaban, »Big Fish Country«, das »Hausriff« und »Karang Muaras« erleben. Guter Punkt, übrigens: Morgen geht’s nach Süd-Maratua.

Da warst Du noch nicht, und da fahren die Kollegen im Norden auch nicht hin«, liefert Yvonne eine handfeste Überraschung. »An Plätzen wie Bantukan gibt es Wiesen von Weichkorallen mit vielen Makro-Motiven. Glaub mir, Deine Reise hat gerade erst begonnen!«

Mit den herrlich duftenden Lobster-Spießen kommt auch die Einsicht: Die Kalifornier haben Recht. Wenn man nur so einfach den Aufenthalt verlängern könnte.

REISEINFO:
Extra Divers / Nabucco & Virgin Cocoa / Maratua-Atoll / INDONESIEN

Das Maratua-Atoll liegt zirka 60 Kilometer östlich von Kalimantan. Die Anreise erfolgt per Langstreckenflug mit Singapore Airlines bis Singapur. Weiterflug nach Balikpapan und dann nach Berau. Ab Berau folgt ein knapp vierstündiger Bootstransfer zur Insel. Alternativ Anreise nach Jakarta, zum Beispiel mit Qatar Airways, und Direktflug von Jakarta nach Berau.

Nabucco Island Resort: Auf der zwei Hektar kleinen Insel verteilen sich 18 Zimmer in zwölf Bungalows: sieben Garden View Bungalows sowie neun Seafront Bungalows (ein Einzelbungalow) und zwei Suiten, die auf Stelzen gebaut direkten Meerzugang besitzen. Ausstattung: Dusche/WC, Klimaanlage, Ventilator, Kühlschrank, Moskitonetz, Terrasse, Sonnenliegen.

Virgin Cocoa Hideaway: Die 16 Villen sind etwa 70 Quadratmeter groß und verfügen über ein geräumiges Bad mit Hygieneartikeln und Fön, Klimaanlage, Ventilator, Minibar, Wasserkocher mit Tee/Kaffee und Mineralwasser. Gegenüber den neun Superior-Villen mit Lagunenblick sind die sieben Deluxe-Villas direkt am Strand mit Espressomaschine, großer Veranda mit Liegelounge und Hängematte ausgestattet.
Tauchen mit Extra Divers: Täglich werden zwei Bootstauchgänge vormittags und ein weiterer Bootstauchgang am Nachmittag angeboten, sofern keine Halbtages- oder Tagestour auf dem Programm steht.

Hausrifftauchen erfolgt nach Absprache mit Bootsunterstützung. Ebenso sind Early Morning Dives und Nachttauchgänge möglich. Nitrox steht gegen Aufpreis zur Verfügung, Sauerstoff für Notfälle ebenso (Erstversorgung im drei Stunden entfernten Berau). Aufgrund der Abgeschiedenheit der Inseln ist eine Reisekranken- und Tauchversicherung obligatorisch.

Preisbeispiel: Zwei Wochen im Bungalow mit Meerblick mit Halbpension (je sieben Nächte Nabucco und sechs Nächte Virgin Cocoa) inklusive Flüge ab Deutschland und Transfers ab 3639 Euro pro Person. Zehn Tauchgänge inklusive Flasche, Blei, Boot: auf Nabucco 470 Euro p.P., auf Virgin Cocoa 440 Euro p.P. (Hausriff). Visum bei Ankunft: 35 US-Dollar (11/2023).

Weitere Infos und Buchungskontakt:
www.rcf-tauchreisen.de
[email protected]
www.extradivers-wordwide.com