Tauchsafaris

Malediven: Tauchsafari durchs Paradies

Wie viel Tauchversessenheit braucht es, um mit dem Auto von Deutschland nach Ägypten ans Rote Meer zu fahren? Für Norbert Schmidt, Eigner der „Keana“ keine Frage, und in den 1970er-Jahren ist er nicht der Einzige, der sich diesen Tauchertraum erfüllt. Doch damit nicht genug: Im gleichen Jahr wird er Chefredakteur der Zeitschrift Submarin und von 1976 bis 1984 Chef des Tauchmagazins. Beide Publikationen enden mit der Übernahme von TAUCHEN. 


Die Sonnenuntergänge auf den Malediven sind unvergleichlich schön (Foto: N. Probst).

So fing es mit den Tauchsafaris auf den Malediven an!

Das Kapitel Tauchjournalismus schließt sich damit für Schmidt. Noch im selben Jahr öffnet seine erste Tauchbasis auf Velivaru im Süd-Male-Atoll. Vorher heiratet der smarte Blonde Miriam, eine hübsche Malediverin. Wohl ahnend, dass auf dem Inselstaat seine Zukunft liegt. Wenig später entsteht auf Bathala seine zweite Malediven-Tauchbasis, zugleich die erste Tauchbasis im Ari-Atoll. Unsere Wege kreuzen sich erstmals 1990 in Velidhu und später auf Bathala. 
Die Malediven werden touristischer. Als Folge setzt Schmidt ab 2004 auf gecharterte Tauchkreuzfahrtschiffe. 2015 läuft schließlich das eigene Boot vom Stapel. Mit von der Partie sind zwei seiner Söhne, die den Tauchvirus des Vaters und die dunkle Hautfarbe der Mutter in sich tragen. Lockenkopf Amir studierte Meeresbiologie und bringt in seiner auftragsfreien Zeit den Gästen der „Keana“ die Unterwasserwelt näher. Alex, dem Jüngeren, begegne ich zufällig auf der „Seven7Seas“ in Ägypten. Wie sich herausstellt managt der gewitzte Bursche das neue Schiff seines Vaters. 



 

Einfach prachtvoll: Ein Riffdurchbruch ist über und über mit Weichkorallen bewachsen (Foto: N. Probst).

Schwungvoller Tauchsafari-Auftakt


Kaum an Bord, trommelt Alex zum ersten Tauchgang. Merkwürdig, das Schiff liegt noch im Hafen und es war nicht mal Zeit, die UW-Kameras fertig zu machen. Eine Abkühlung ist aber in jedem Fall willkommen. Nach fünf Minuten stoppt das Dhoni und ab geht’s ins Nass. Das Riff macht erwartungsgemäß nicht viel her. Ein Eingewöhnungstauchgang eben. Doch dann kommt es ganz anders: Aus einem Loch in der Riffwand hängen fünf verschiedene Muränen, und zum ersten Mal bereue ich, keine Kamera zur Hand zu haben. Dann segeln ein, zwei, drei Stachelrochen dicht hintereinander über den jetzt abfallenden Sandgrund. Etwas tiefer, ich traue meinen Augen kaum, gleiten gleich 20 Stachelrochen aufgereiht wie Perlen auf einer Schnur vorüber. Beim Austauchen drängt sich ein riesiger Schwarm Wimpelfische in einer großen Wolke dicht zusammen. 


Die acht Gästekabinen auf der „Keana“ liegen auf dem Haupt- und Oberdeck verteilt (Foto: N. Probst).

Wieder an Bord kann ich meinen Unmut nicht ganz verbergen. So ein Tauchgang und dann keine Kamera! Alex grinst und meint: „Keine Panik, da gehen wir am Ende der Tour nochmal hin. Ich bin nur froh, dass wir die Gitarrenrochen nicht gesehen haben, sonst würdest du mich jetzt kielholen.“
 Die „Keana“ lichtet den Anker und es bleibt genug Zeit auszupacken und sich auf dem Schiff umzusehen. Wir setzen auf Gäste, die den Fokus auf erstklassiges Tauchen legen, meinte Norbert gleich bei der Begrüßung. Will meinen: Die „Keana“ ist kein Luxusdampfer. Trotz der eher bescheidenen Länge von 30 Metern überrascht das Schiff aber mit erstaunlich viel Platz und Komfort. Die oberhalb der Wasserlinie platzierten und individuell klimatisierbaren Kabinen gleichen eher Hotelzimmern mit breiten Doppel- oder Einzelbetten und geräumigen Bädern. Die großen, zu öffnenden Fenster ermöglichen ungehinderte Ausblicke auf die faszinierende Inselwelt der Malediven. Der übrige Gästebereich mit Restaurant, Lounge und Bar ist bewusst offen gehalten. Die Lounge entpuppt sich im Tagesablauf als Dreh- und Angelpunkt. Das Briefing vor dem Tauchen, die Bilder vom Tauchgang durchsehen, nach dem Essen einen Cappuccino genießen, zu chilliger Musik abhängen oder zur blauen Stunde ein gezapftes Bierchen schlürfen – es gibt immer einen Grund für einen Treff in der Lounge. Im Restaurant tischt der Koch einen Mix aus maledivischer und europäischer Kost auf, und ich bin bereits am ersten Tag den würzigen Currys verfallen. 


Zwei Graue Riffhaie verschaffen sich einen Überblick im Riff (Foto: N. Probst).

Graue Riffhaie lieben die Strömung

Die „Keana“ ist flott unterwegs. Wir haben das Süd-Male-Atoll erreicht. Kandooma Thila, liegt vor uns. Ein Kanal gleich zu Beginn der Safari? Das zeugt vom Sportsgeist des Schiffsbetreibers und macht deutlich, wo es hier lang geht. Das Thila gefällt von beiden Seiten. Heute geht’s ausnahmsweise mal vom Außenriff aus ins Innenatoll, und der Platz macht seinem Ruf erneut alle Ehre. Eine Schule Adlerrochen segelt über unseren Köpfen locker gegen die Strömung. Wo, bitte, ist hier Strömung scheinen sie zu fragen, während wir verzweifelt irgendwo Halt suchen. Draußen im Blau kreuzen 20, 30 Graue Riffhaie. Wenn die bloß nicht so flott unterwegs währen! Ich bin fast aus der Puste und komme trotzdem nicht mit der Kamera mit. Auch die sonst eher nachtaktiven Weißspitzen-Riffhaie sind unterwegs. Eine Schildkröte liegt verschlafen unter einer Tischkoralle. 



 

Buckelschnapper fühlen sich in großen Schulen am wohlsten (Foto: N. Probst).

Mitten in der Fischsuppe


Bitte nicht stören! Mit dem Schwarm Süßlippen und Halsbandfalterfischen geht das Fotografieren deutlich einfacher. Wieder an Bord sind sich alle einig: Hey, das war ein gelungener Einstieg in die Woche! So kann es gern weitergehen. In der Dämmerung haben wir ein Date mit den Ammenhaien und Stechrochen vor Alimata Faru. Die haben Taucher fast zum Fressen gern und lassen sich nach Belieben fotografieren. 


 

Bei Rangali Madivaru sausen gleich mehrere Mantas um die Taucher herum (Foto: N. Probst).

Mantas fliegen uns um die Ohren

Das Malhos Thila im Ari-Atoll präsentiert gewaltige Überhänge in zwei Etagen übereinander. Wände und Decken sind tapeziert mit leuchtend hellblauen Weichkorallen. Ein großer Durchbruch in der Decke gibt den Blick nach oben frei. Am Boden stehen prachtvolle Gorgonien, um die sich Schwärme von Blaustreifenschnappern winden. Ich genieße das Bad im Fisch, das am nächsten Tag am Kudarah Thila noch eine Steigerung erfährt. 
Das kleine, oft heftig umströmte Thila verschwindet völlig unter einem dichten Teppich aus Fischen. Dicht über dem Grund wabert eine enorme Fischmasse. Oder bewegt sich der Grund? Das Gehirn kann die optische Wahrnehmung nur unzureichend verarbeiten. Das Ergebnis ist ein irritiert arbeitender Gleichgewichtssinn. 


Bei Rangali Madivaru fliegen uns die Mantas um die Ohren, obwohl das Riff mit Tauchern gespickt ist. Eine Gruppe junger Adlerrochen zieht dicht unter der Wasseroberfläche durch die Blasenvorhänge. Bei Golden Wall geht’s ruhiger zu: Die überhängende Steilwand hat sich mit einem dichten Behang aus zitronengelben Weichkorallen geschmückt. Diese Pracht der Riffe kommt für mich etwas überraschend, denn bei der Korallenbleiche vor zwei Jahren blieben auch die Malediven nicht verschont. Vor allem die Riffdächer mit den Steinkorallen wurden in Mitleidenschaft gezogen.

Der Walhai hatte es wohl eilig – er ließ sich nur kurz blicken (Foto: N. Probst).

Auf zur „Walhai-Autobahn“

Die Tauchplätze auf dem Tourplan der „Keana“ lassen dennoch keine Wünsche offen. 
Auf der Walhaiautobahn im Süd-Ari-Atoll halten Alex und Amir Ausschau nach den gefleckten Riesen und haben wenig Glück. Der Skipper vom Tauchdhoni löst sie nach einer Weile ab. Er hat kaum den Platz am Bug eingenommen, als er aufgeregt nach vorne deutet. Das Boot dreht bei und alle springen von Bord. Himmel, da ist er schon! Es bleibt nicht einmal Zeit, die Kamera richtig einzustellen. Ich drücke einfach ab. Was bleibt, ist ein einziger Schuss. Dann ist er weg. Meine Universal-Schnappschuss-Einstellung (ISO 200, f9, 1/125s) hat sich wieder einmal bewährt!


Die unbewohnte Insel in Herzform liegt im Ari-Atoll (Foto: N. Probst).

Robinson-Crusoe-Feeling pur!

Am Nachmittag setzen wir auf eine unbewohnte Insel über. Die Crew baut das Barbecue auf, während die Gäste den blütenweisen Sandstrand und die azurblaue Lagune genießen. Der Grill wird angeheizt und bei Einbruch der Dunkelheit duftet es nach frischem Fisch und Fleisch. Über uns wölbt sich die Milchstraße und außer den Kerzen auf dem Tisch schmälert kein künstliches Licht diesen unvergleichlichen Eindruck. Ein Platz für Romantiker. 


Auf der „Keana“ bittet Lisa fast allabendlich zum Yoga auf dem Sonnendeck. Eigentlich erfülle ich mein tägliches Sportprogramm schon mit dem Tauchen, aber wo kann man schon kostenlos und unter ebenso kompetenter wie charmanter Anleitung Yoga ausprobieren? Ganz nebenbei lerne ich ein paar Muskeln und Bänder kennen, von deren Existenz ich bisher keine Ahnung hatte.

Danach hält Amir einen Kurzvortrag über Walhaie. Wussten Sie zum Beispiel, dass die Riesen vivipar, also lebendgebärend, sind und bis zu 100 Jahre alt werden? Dann schaltet Alex am Heck einen LED-Flutlichtstrahler ein. Wenig später bildet sich unter der Wasseroberfläche eine große, pulsierende Wolke aus Plankton. Ein vom Licht ebenfalls angelockter Manta braucht keine Einladung für das Festmahl und dreht unablässig Loopings, um die Wolke zu dezimieren. 
Bleibt nachzutragen, dass Alex die Anfang der Safari verpassten Gitarrenrochen beim letzten Tauchgang nachgeliefert hat. Versprochen ist halt versprochen!


Fazit: Die „Keana“-Tauchsafari erfüllt die Erwartungen der aus Korea, Portugal, Italien, der Schweiz und Deutschland angereisten Teilnehmer bei Weitem. Die Atmosphäre auf dem Schiff ist zu jeder Zeit locker und entspannt. Die Crew agiert geräuschlos und unauffällig, macht aber auf allen Ebenen einen guten Job. Der Tauchbetrieb läuft reibungslos, und mehr oder bessere Unterwassererlebnisse sind kaum vorstellbar. Norbert Schmidt und seine Jungens haben alles richtig gemacht.

Topspots auf der Tour

  • Kandoma Thila: Ein je nach aus- oder einlaufender Strömung zu betauchendes Thila im Kanal. Ein Platz mit richtig vielen Grauhaien.

  • Malhos Thila: fast endlose Überhänge mit blauen Weichkorallen und Schnapperschwärmen. Spektakuläre Unterwasserlandschaft.

  • Golden Wall: Steilwand mit Überhängen und Durchbrüchen tapeziert mit gelben Weichkorallen, roten Schwämmen. Einfach traumhaft!

Reise-Facts

Anreise


Direktflug von vielen deutschen Flughäfen nach Male (Flugzeit circa zehn Stunden). Die „Keana“ liegt im Hafen vor dem Flughafen. Transferzeit mit dem Dhoni rund zehn Minuten. 


Preisbeispiel


Sieben Tage an Bord der „Keana“ kosten inklusive Vollpension und Tauchen ab 1359 US-Dollar. Info: www.keana.mv

Das Schiff


Auf dem Sonnendeck ist großzügig Platz (Foto: N. Probst).

Mit 30 Metern Länge, acht Metern Breite und vier Decks ist die „Keana“ ein geräumiges und komfortables Safarischiff. Das große Sonnendeck ist zu etwa einem Drittel beschattet. Wer möchte, kann hier unter dem Sternenhimmel schlafen. Die Kabinen verfügen alle über Meerblick mit Fenster zum Öffnen, individuell regelbarer Klimaanlage sowie nebeneinander stehende Doppel- oder Einzelbetten. Vier Kabinen sind auf dem Hauptdeck, vier auf dem Oberdeck. Die windgeschützte Lounge hat eine kleine Bar und Sessel und bietet Bier vom Fass. Bootsmanager und Tauchguide ist sein Sohn Alexander. An Bord kann ausschließlich in bar gezahlt werden.
 Im Restaurant werden drei Mahlzeiten täglich in Buffetform abgeboten. Trinkwasser, Obst, Kekse, Tees und Kaffee stehen ständig kostenlos bereit. Einmal pro Woche gibt es ein „Beach Dinner“.



Tauchen


Mindestqualifikation ist ein Advanced-Open-Diver-Brevet (oder äquivalent). Die „Keana“ operiert nahezu in allen Atollen. Es gibt Zwölf- und 15-Liter-Tanks mit DIN-/INT-Ventilen und Nitrox auf Wunsch. Wie auf den Malediven üblich findet das Tauchen (dreimal täglich, ein Nachttauchgang pro Woche) von einem separaten Tauchdhoni aus statt. Das Dhoni ist zwölf Meter lang und vier Meter breit, hat 20 Sitzplätze mit dort befestigten Tanks, verfügt über eine Toilette und transportiert das gesamte Tauchequipment. Das Dach ist begehbar und dient zum Sonnenbaden. Eine begrenzte Anzahl Leihequipment steht zur Verfügung.



Veranstalter 


Aqua Active Agency, www.aquaactive.de; Beluga Reisen, www.belugareisen.de; Omneia, www.omneia.de; Tourmare, www.tourmare.de

 

Alle Infos und Texte von Norbert Probst